EU gegen Vielfalt und Biodiversität

EU-Lobbyismus: Politik für Agrar-Konzerne und gegen die Freiheit der Bauern

Politik
Bild: Arn, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

Das sich in Brüssel aber auch in anderen Behörden und Institutionen häufig Lobbyisten die Klinke in die Hand geben, ist nicht neu. Und wenn sie nicht kommen, reisen Politiker halt oftmals zu illustren Globalistentreffen nach Davos, Alpbach oder zu sonstigen Tagungen, wo man ungestört mauscheln kann. Ergebnisse davon bekommt man nun wieder im EU-Parlament zu sehen. Mit einer neuen Saatgutverordnung sollen Bauern endgültig Knechte von Konzernen werden.

Schon morgen soll das EU-Parlament über die neue EU-"Verordnung über die Produktion und das Inverkehrbringen von Saatgut und sonstigem Pflanzenvermehrungsmaterial" abstimmen. Und was da, für die meisten Bürger unbemerkt in den Brüsseler und Straßburger Büros des Bürokratenmolochs zusammengebraut wurde, ist einmal mehr ein Kniefall vor globalen und allmächtigen Konzernen und eine neuerliche Kampfansage an die Vielfalt und auch an eine nachhaltige und ökologische Landwirtschaft. Denn in letzter Minute will die Agrarlobby offenbar noch deutliche Schlechterstellungen für Bauern in der Verordnung verankern lassen.

Alle Macht den Konzernen

"Die Agrar-Lobby Euroseeds versucht in letzter Minute das neue Saatgutrecht zu verschlechtern. Für Bäuer:innen und Gärtner:innen könnte es in Zukunft praktisch keine Alternative zum Großkonzern-Saatgut mehr geben", so Saatgutrechtsexpertin Magdalena Prieler vom Verein Arche Noah, der sich dem Erhalt und Sammlung alter Sorten und des dazugehörigen Saatguts verschrieben hat. Dabei, so der Verein, würden schon heute nur mehr vier Konzerne 51 Prozent des globalen Saatgutmarkts kontrollieren und auch 62 Prozent der Agro-Chemikalien weltweit verkaufen.

Und würden die Wünsche der Agarkonzern-Lobby erfüllt, dürften etwa Bauern oder auch Gärtner kein Vermehrungsmaterial  wie z.B. Knollen, Knoblauch oder Beerensträucher untereinander zu tauschen oder auf Saatgut von alten Sorten aus Sammlungen und Datenbanken zurückgreifen und dieses für den Anbau nutzen. Selbst für Haus-Gärtner wäre damit die Einfuhr von alten Sorten oder Saatgut etwa aus der Schweiz und Großbritannien verboten.

Vermischung von Vorschriften und Bürokratie

"Der Industrie-Angriff auf die Vielfalt ist haarsträubend. Laut Euroseeds müssten sogar Bäuer:innen, die Saatgut in Kleinstmengen mit ihren Nachbar:innen tauschen, dieselben bürokratischen Vorschriften erfüllen wie globale Konzerne", erklärt Prieler, die zudem darauf hinweist, dass dabei von den Konzernlobbyisten mit dem Thema der Pflanzengesundheit argumentiert wird, wobei diese eigenständig in der Pflanzengesundheits-Verordnung geregelt und somit unabhängig von der Saatgutverordnung ohnehin zu beachten ist.

Was die Konzerne bezwecken, ist dabei ohnehin klar. Immerhin machen sie mit Verkäufen von sortenfestem oder Hybridsaatgut, welches nicht ohne weiteres vermehrungsfähig ist, jedes Jahr aufs neue blendende Geschäfte. Und da stören gegenüber den Industriesaatgut-Monokulturen natürlich alte Saatgutsorten, die nicht patentrechtlich von den Konzernen geschützt sind und die sich im Zweifel auch auf natürlichen Wege vermehren lassen.

Auch scharfe Kritik von Freiheitlichen

Aber nicht nur Saatgut-Vereine und Initiativen erkennen die Gefahr der neuen EU-Verordnung. Auch die Freiheitlichen im EU-Parlament sprechen sich vehement gegen die EU-Pläne. "Die neuen EU-Saatgutverordnungen sind eine Bedrohung für die Biodiversität und unsere Bauern", kritisiert etwa EU-Abgeordneter Roman Haider die Kommissionsentwürfe über die Erzeugung und das Inverkehrbringen von Pflanzenvermehrungsmaterial einerseits und zum forstlichen Vermehrungsgut andererseits. So würde vor allem die Registrierungs- und Zertifizierungspflicht für zu verkaufendes Saatgut für viele neue bürokratischen Hürden bedeuten.

Das sei gerade bei dem von Bauern und kleinen Züchtern gezüchteten Saatgut besonders schwierig, da sich dieses im Gegensatz zu industriellem Saatgut durch eine sehr große Heterogenität auszeichne, so Haider. Und für ihn sei klar: Mit den geplanten Vorschriften macht sich die EU-Kommission "zum Handlanger der internationalen Agrarlobby, während heimische Bauern und Züchter das Nachsehen hätten und noch mehr auf die riesigen Agrarmonopolisten angewiesen" seien.

Kleine Erfolge, große Gefahr

Daher kämpft die Arche Noah, neben vielen anderen Vereinen und Initiativen und Saatgut-Organisationen aus ganz Europa schon seit langem für ein Saatgut-Recht, das die biologische Vielfalt fördert, das die Nutzung und legale Weitergabe lokal angepasster Kulturpflanzen und deren Saatgut ermöglicht und somit auch die Rechte der Bauern und Gärtner nicht einschränkt. Und obwohl von den Fraktionen im EU-Parlament für die Abstimmung mehr als 40 Abänderungsanträge eingebracht wurden, wovon rund die Hälfte die Wünsche der Lobbyisten berücksichtigen, hat man zumindest erste Teilerfolge erzielt.

So sicherte etwa der Landwirtschafts-Ausschusses in seinem Bericht die Arbeit von Genbanken für altes Saatgut weiterhin ab, und ermöglicht damit Bauern weiterhin Zugang zu alten Sorten. Zudem schützt es auch Vereine und Betriebe, die Saatgut nur für Haus-Gärtner produzieren, vorerst vor neuer Bürokratie. Allerdings, so warnen Saatgutvereine, besteht die Gefahr, dass diese Empfehlungen des Ausschusses mit Änderungsanträgen noch ausgehebelt werden.

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