Wieder alternativlose Politik

Bruchlinien: Wie der Widerstand auf Israel-Palästina hineinfällt

Politik
Bild: Michael Rose, CC BY-NC-ND 2.0, Flickr

Beim Nahost-Konflikt zeigt sich jetzt – wenig überraschend: Auch viele Rechte sind so autoritär wie die Linkies. Burgfrieden 3.0. – diesmal noch weit stabiler als bei Corona oder Ukraine. Eine humanitäre Katastrophe im Gazastreifen? Alternativlos! Wieder War on Terror – egal wie schlecht der letzte ausgegangen ist? Alternativlos! Demoverbote? Alternativlos!

Ein Kommentar von Thomas Oysmüller

Selbsternannte dissidente Konservative oder libertäre Covid-Kritiker reihen sich hinter dem Staatsstandpunkt ein – den man zuvor 3 Jahre so heftig kritisiert hatte – und stellen sich neben antideutsche selbsternannte Linksradikale, die dort schon lange stehen. Umso vehementer schwenken sie jetzt die Israelflagge, auch weil ihre Blase den neuen staatsmännischen Kurs nicht recht verstehen will. Grautöne gibt es keine. Ursula und Annalena haben jetzt recht. Blau-Gelb war nichts, aber Blau-Weiß unbedingt. Auf in die Schlacht.

Die Antideutschen wiederum scheinen wirklich die verlässliche Konstante der wilden letzten Jahre zu sein – die besten Staatsdiener schon bei Covid und Ukraine, jetzt erleben sie sowieso ihre große Stunde. Aber für das restliche progressive Lager, das bei Covid vorbildlich den Burgfrieden befolgt hat, bei der Ukraine zumindest schon in Hinterzimmern abgewichen ist, und ihr Unbehagen schon deutlich spürbar wurde, könnte der Nahost-Konflikt (endlich) eine Konfrontation mit dem progressiven Neoliberalismus und mit der Tatsache, dass „links“ und „rechts“ schon lange entleert worden sind, bedeuten.

Die Lager mischen sich neu


„Links“ war seit den 70er und später immer „Pro-Palästina“, während das konservative Empire „Pro-Israel“ war. Das hat sich in den letzten Jahren gedreht, wurde aber nicht schlagend. Jetzt schon. Jetzt wollen sie wieder, dass man Farbe bekennt. Entweder du bist mit uns, oder du bist gegen uns.
Für Antifa-Kids und Grün-Jugend könnte das der Weg in eine Identitätskrise sein. Denn wenn sie dem US-Kurs von BLM oder dem Kurs des Politsternchens AOC folgen, sind sie hier Antisemiten. Alternative? Akzeptieren, dass sie jetzt auf einer Linie mit AfD, der FPÖ und Viktor Orban stehen.

Es dürfte der dritte Akt des politisch-gesellschaftlichen Polsprungs sein, der alte diskursordnende Begriffe völlig auf den Kopf gestellt hat und noch nicht damit fertig ist – Jene Lager, die sich gegen und hinter die herrschende Politik stellen, mischen sich dabei immer neu.

Die Sprünge raus aus den aufgebauten Blasen sind unterhaltsam zu verfolgen. Die Masse der Beobachter – so scheint es auch beim Nahost-Konflikt – hat ohnehin mehr kapiert als hysterische progressive oder konservative Influencer. Dort scheint man weiter skeptisch zu bleiben, macht das Spiel der Emotionen nicht mit und ist sich der massiven Manipulation, der man ausgesetzt ist, bewusst.

Addendum – Sprung in die Wirklichkeit


Mal aus der Blase und dem emotionalisierten Westen ausgetreten, zeigt sich eigentlich, dass sich der Westen in der aktuellen Frage noch weiter isoliert. War etwa die Repräsentanten der UNO und ihrer Sonderorganisationen in der Ukraine-Frage noch sehr Linie des Westens ist das jetzt nicht mehr so.

Die WHO warnt laut vor der drohenden Katastrophe im Gazastreifen. Zehntausende würden wohl ihr Leben verlieren. Davon wohl hauptsächlich Jugendliche und Kinder. Aber in der EU, wo man bei Covid immer mit der WHO argumentiert hat, will man jetzt nichts davon wissen. Der globale Süden steht ohnehin nicht mehr an der Seite der USA. Das tut nur noch die EU.

Zum Autor: Thomas Oysmüller ist freier Journalist und publiziert in erster Linie bei tkp.at - Der Blog für Science und Politik

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