Insider legen Skandal offen

Der Status deckt auf: Drama in der Ärztekammer nach dicken Corona-Profiten

Gesundheit
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Dieser Bericht entstand in Zusammenarbeit mit Ärztekammer-Insidern. Der außenstehende Beobachter konnte dieser Tage den Eindruck bekommen, dass die Ärztekammer nur mehr mit sich selbst beschäftigt ist. Ein Skandal jagt den nächsten und die Verquickungen ins große Corona-Geschäft drohen die Kammer nachhaltig zu beschäftigen. Mit dramatischen Entwicklungen für alle Österreicher: Beim Kollaps des Gesundheitswesens scheint die Ärztekammer einfach zuzuschauen. Der Status deckt auf.

Die Disziplinarverfahren sind verfassungswidrig

Zunächst einmal stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Disziplinarverfahren der Ärztekammer verfassungswidrig und somit faktisch illegal- sind. Ein Desaster: Da versprachen die Ärztekammerpräsidenten Szekeres und Steinhart dem Gesundheitsminister im September 2021 die disziplinarrechtliche Verfolgung von kritischen Ärzten – und dann ist das alles nicht rechtens.

Die Ärztekammer ist ein sogenannter Selbstverwaltungskörper. Aus dem Erkenntnis geht hervor, dass der Kern der Selbstverwaltung ist, dass ausschließlich Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers als Organe fungieren können: also nur Ärzte der Ärztekammer. Ebenso ist Kern der Selbstverwaltung, dass bei der Bestellung dieser Organe nur der Selbstverwaltungskörper in demokratischer Willensbildung etwas zu sagen hat, also nur die Ärztekammer und nicht etwa ein Minister. Beides ist derzeit nicht gegeben, denn derzeit fungieren vom Gesundheitsminister bestellte bzw. genehmigte Juristen, also Nicht-Mitglieder der Ärztekammer, als Disziplinarrichter und Disziplinaranwälte. Der Status berichtete exklusiv über die von der Ärztekammer diktierte Impfempfehlung, die erst wesentlich später durch das potemkinsche Expertengremium öffentlich kommuniziert wurde.

Die Ärztekammer im Visier der Staatsanwaltschaft

Dazu kommen die umfangreichen Medienberichte über Hausdurchsuchungen, Beschlagnahme von Computern und Akten durch die Staatsanwaltschaft und Misstrauensanträge in der Ärztekammer. Es geht richtig rund in der Weihburggasse in Wien.

Die Malversationen um die Equip4Ordi GmbH der Wiener Ärztekammer, von denen in den Medien ausführlich berichtet wurde, offenbaren ein schreckliches Sittenbild. Postenschacher, Vetternwirtschaft, Verhaberung und möglicherweise institutionalisierte Korruption scheinen allgegenwärtig. Es gilt die Unschuldsvermutung. Dennoch wird unter Strafrechtsexperten mittlerweile diskutiert, ob die Vorgänge in der Ärztekammer unter den Tatbestand der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ fallen könnten.

Das Netzwerk um den jetzigen Präsidenten Steinhart und den ehemaligen VP-Nationalratsabgeordneten Rasinger steht zunehmend im Brennpunkt. Man sollte aber auch nicht vergessen: zum Zeitpunkt der offengelegten Malversationen hieß der Präsident der Ärztekammer Szekeres – und war damit für alles in der Ärztekammer, natürlich auch deren Tochtergesellschaften, letztverantwortlich.

Corona-Gewinne der Ärztekammer-Töchter

Dabei entsteht der Eindruck, die Diskussion um die Tochtergesellschaft Equip4Ordi sei lediglich ein Ablenkungsmanöver: In einer anderen Tochtergesellschaft der Ärztekammer ist in 2021 bei einem Umsatz von 73 Millionen Euro ein beträchtlicher Gewinn von ca. 17 Millionen Euro angefallen, aus den Test- und Impfboxen, welche im Auftrag der Stadt Wien betrieben wurden. Laut Insidern herrscht völlige Unklarheit darüber, was mit diesem Gewinn passiert ist, wer über diesen „Gewinn“ entscheidet, ob er überhaupt noch vorhanden ist oder ob die Gelder längst in dubiose „Provisionszahlungen“, „Prämien“ und „Kreditzinsen“ verschoben wurden. Die oppositionellen Mandatare der Wiener Ärztekammer, u.a. die Ärztegruppe der MFG, berichten, dass sie auch nach mehrfacher Nachfrage dazu keinerlei Informationen bekommen. Umsatz und Gewinn sind im öffentlich zugänglichen Firmenbuch der Tochtergesellschaft "Ärztefunkdienst-Dienstleistungs GmbH" ersichtlich.

Ob der Gewinn überhaupt rechtmäßig zustande gekommen ist, bei einem Vertrag mit der öffentlichen Hand, ist zu hinterfragen. Nicht umsonst ist beispielsweise beim Ärztefunkdienst eine gemeinnützige GmbH ohne Gewinnabsicht vorgegeben. Sollte der Gewinn aber wider Erwarten rechtmäßig und noch vorhanden sein, dann stellt sich auch die Frage, ob er nicht auf die ca. 5.000 niedergelassenen Wiener niedergelassenen Ärzte aufgeteilt werden müsste, was z.B. eine Rückzahlung der Kammerumlage in Höhe von ca. 3.000 Euro bedeuten könnte. 

Lagebericht 2021 der Firma Ärztefunkdienst-Dienstleistungs GmbH:



Quelle: Firmenbuch: Lagebericht 2021 ÄFD-DL GmbH FN539827p

Chaos und Misstrauensanträge

Die Chaostage in der Wiener Ärzteschaft setzen sich fort, Vergleiche mit der SPÖ sind vermutlich noch untertrieben. Vor wenigen Tagen spitzte sich der Macht- und Überlebenskampf in der Ärztekammer dramatisch zu. Dr. Erik Randall Huber, der aktuelle Kurienobmann und „Aufdecker“ der Malversationen, sollte abgesetzt werden. Das ist insofern brisant, als dass Dr. Randall Huber die Affäre an die Öffentlichkeit gebracht hat. Die mutmaßlichen Malversationen fallen in die Zeit, als der aktuelle Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, Johannes Steinhart, noch Obmann der Kurie und damit Vorgänger von Randall Huber war. Ihm wird von den drei Beschuldigten in der Causa vorgeworfen, dass sie auf Weisung sowie mit Genehmigung Steinharts gehandelt hätten. Steinhart wies die Vorwürfe vollinhaltlich zurück. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte zuletzt ihren Verdacht von "Untreue und Begünstigung" auf "schweren Betrug" ausgeweitet. Möglicherweise geht es deshalb darum, den Aufdecker der Malversationen, Dr. Randall Huber, zu entfernen.

Die Aktionen der „Vereinigung Österreichischer Ärzte“, der Präsident Steinhart vorsteht, scheinen, nach internen Informationen, ein weiteres Aufdecken verhindern und das Treiben fortsetzen zu wollen. Die Vereinigungsmitglieder beantragten die Wiedereinsetzung des wegen Untreueverdachts bereits entlassenen ehemaligen Geschäftsführers der Equip4Ordi (es gilt die Unschuldsvermutung). In der selben Sitzung sollte der Kurienobmann mittels eines Misstrauensantrages entfernt werden.

Damit stellt sich die Frage nach der persönlichen Haftung (wenn ein rechtswidriger Beschluss gefasst werden sollte) der einzelnen Mandatare der ÖVP-nahen Vereinigung, der Grünen Ärztinnen, dem SP-nahen Team Szekeres und der ebenfalls eher SP-nahen Wahlgemeinschaft Mittelbau, ebenso wie von den Wahlärzten und der neu in der Kammer vertretenen Liste "Integrative Medizin". Doch überraschenderweise schlug dieser Versuch in einer stundenlangen Marathonsitzung bis in die Morgenstunden letzte Woche fehl, der Antrag erreichte nicht die nötige Zweidrittelmehrheit. Pikant ist, dass der Misstrauensantrag just auf Betreiben von Funktionären der ÖVP-nahen "Vereinigung Österreichischer Ärzte", der auch Steinhart und Randall Huber angehören, eingebracht wurde.

Freund - Feind - Parteifreund

Es regiert also das nackte „Hauen und Stechen“. Die Steigerung von „Freund“ ist ja hinlänglich bekannt: Freund - Feind - Parteifreund. Der Ruf der Ärztekammer ist ruiniert. Der Zug rollt, und die Dinge brechen auf. Der Rechnungshof hat zu prüfen begonnen, die Staatsanwaltschaft ermittelt, und die Aufsichtsbehörde der Ärztekammer, die MA40 als Vertreterin der Landesregierung, wurde bereits aufgefordert, aktiv zu werden. Das Disziplinarrecht muss geändert werden. Organe der Ärztekammer sollen wegen Vernachlässigung der Dienstpflichten und wegen de facto Handlungsunfähigkeit ihrer Ämter enthoben werden. Fakt ist, dass das Ansehen der Ärztekammer nachhaltig zerstört ist. Immer mehr Ärzte fragen sich, wozu sie mit ihren teuren Zwangsmitgliedsbeiträgen diesen „Sauhaufen“ weiter finanzieren sollen, heißt es aus Ärztekreisen. Weiters stellt sich die Frage, ob eventuell Gelder von Zwangsmitgliedsbeiträgen aus anderen Bundesländern in die Malversationen involviert sind. Die Patienten reiben sich ungläubig die Augen und verlieren weiter das Vertrauen in die Ärzteschaft. Die Politik lacht sich ins Fäustchen und ignoriert die in der politischen Bedeutungslosigkeit versinkende Ärztekammer nicht einmal mehr. Und das alles in einer Zeit, in der wir erste Reihe fußfrei den Zusammenbruch des Gesundheitssystems miterleben müssen.

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