Erobert oder nicht erobert...

Bachmut: Monatelang heiß umkämpft und nun plötzlich wieder unwichtig

Welt
Bild: Dpsu.gov.ua, CC BY 4.0

Von den Russen erobert oder noch immer von der Ukraine gehalten? Derzeit herrscht einige Unklarheit über die Situation in der im Osten der Ukraine gelegen Stadt. Russland zumindest verkündete die vollständige Eroberung der Stadt, die nach den harten Kämpfen nur mehr einer Trümmerwüste gleicht. Von ukrainischer Seite dementierte man die russische Meldung. Zugleich betonte man einmal mehr, dass die Stadt gar nicht so wichtig sei.

Bachmut galt für die Ukraine immer wieder als Stellung, welche unbedingt mit allen Mitteln verteidigt und auch gehalten werden müsste. Selbst, als sich bereits im Westen und auch innerhalb der ukrainischen Armee Skeptiker zu Wort meldeten, dass der Fleischwolf, durch den bei den Kämpfen sowohl die russische als auch die ukrainische Armee gedreht würde, nicht mehr in irgendeinem Verhältnis zum Nutzen stehe. Aber der ukrainische Machthaber Wolodymyr Selenski beharrte darauf, jeden Quadratmeter der Stadt zu verteidigen - koste es, was es wolle. Vom sicheren Bunker oder von Auslandsreisen aus ist es ja immer einfach, Durchhalteparolen in die Welt zu setzen.

Bachmut ungemein wichtig

Noch Ende März warnte dabei Selenski vor den möglichen Folgen, sollte Bachmut endgültig fallen. Im Falle einer Niederlage oder eines Verlusts von Bachmut würde sich schnell Druck aufbauen, sowohl von der internationalen Gemeinschaft und in seinem eigenen Land, erklärte Selenski damals. "Unsere Gesellschaft wird sich müde fühlen. Unsere Gesellschaft wird mich drängen, einen Kompromiss mit ihnen zu machen", so der Durchhalte-Präsident.  Zugleich wurde jedoch immer wieder, nicht nur von Selenski, sondern auch von westlichen Medien, in geradezu sich widersprechender Art darauf hingewiesen, dass Bachmut eigentlich ganz unwichtig sei.

Keine strategische Relevanz

So erklärte etwa der "Focus" - stellvertretend für viele andere - seinen geneigten Lesern im Dezember des vergangenen Jahres, dass sich Putin und Russland an einer "unwichtigen Kleinstadt" abarbeiten würden, die keine "strategische Relevanz" besäße. Ein gewaltiger Fehler des Kreml, den die Ukraine nützen würde, um die Russen in der Schlacht zu verschleißen.

Denn nicht nur, dass den Russen seit Monaten die Raketen ausgehen würden, mit der sie die Ukraine beschießen, auch müssten russische Soldaten in Bachmut mit dem Spaten angreifen, angeblich weil es an Munition fehle. Deshalb würden sie auch hunderte Soldaten pro Tag verlieren. Man sah das Riesenreich schon förmlich zusammenbrechen, denn irgendwann würden den Russen auch die Spaten ausgehen und sie würden nur mit Stöcken ins Feuer getrieben...

Widersprechende West-Propaganda

Fast gleichzeitig mit den Russen, denen ständig das Material zum Schießen ausgeht und die sich wie die Tölpel auf ein unwichtiges Städtchen stürzen, wurde aber auch berichtet, wieso denn Bachmut so wichtig sei. Da war weniger die Rede davon, dass es ein Symbol sei. Selenski höchstselbst warnte in einem CNN-Interview Anfang März, dass die russische Armee vor „freier Bahn“ für weitere Eroberungen Russlands in der Ostukraine stünde, würde Bachmut fallen. "Uns ist klar, dass sie nach Bachmut noch weiter gehen könnten", die russischen Truppen hätten dann "freie Bahn in andere ukrainische Städte, in Richtung Donezk", so der ukrainische Präsident gegenüber dem US-Sender. Auch auf Twitter fielen derartige widersprechende Aussagen den Nutzern auf.

Unklare Aussagen Selenskis

Nun, nachdem die Russen die Einnahme Bachmuts verkündeten, herrscht beim wortgewaltigen ukrainischen Führer betretenes Schweigen. Auf dem G7-Gipfel, auf dem er verweilte, kamen von ihm uneindeutige Aussagen. Selenski meinte, er "denke nicht", dass Bachmut komplett gefallen sei. Zugleich erklärte er jedoch: "Ich kann ehrlich sagen, dass mich die Fotos des zerstörten Hiroshima an Bachmut und andere solche Städte erinnern. Es gibt absolut nichts Lebendiges, alle Gebäude sind zerstört. Man weiß nicht einmal mehr, wo die einzelnen Straßen und Gebäude sind. Das ist die totale Zerstörung. Es gibt nichts mehr, es gibt keine Menschen mehr." In Bachmut gebe es kaum noch Gebäude aber jede Menge toter Russen und "es ist eine Tragödie, aber Bachmut sei "nur in unseren Herzen".

Ukrainische Gegenstöße ins Nirgendwo

Zugleich vermeldete man von ukrainische Seite Vorstöße um Bachmut - oder auf russisch Artjomowsk - und Geländegewinne in Hügeln in der Umgebung der Stadt. Zudem habe man bereits einen Halbkreis um die Stadt gebildet. Für ein kleines unbedeutendes Nest im ukrainischen Nirgendwo ein ziemlicher Aufwand. Stattdessen könnte man sich doch in sicher vorbereitete und hervorragend ausgebaute Stellungen zurückziehen und die Russen in dem so unwichtigen Trümmerhaufen sitzen lassen, um ihnen zu zeigen, dass sie versagt haben, so wie man es immer wieder verbreitete.

Oder ist dies gar die vielerwartete ukrainische Gegenoffensive? Also der Versuch, nach dem Verlust der Stadt einen russischen Durchbruch zu verhindern, der aufgrund der strategisch wichtigen Lage in die Tiefe Richtung Kramatorsk oder Konstantinowka vorgetragen werden könnte, um somit die Kontrolle über die Region Donezk zu erhalten?

Folgt uns auch auf Telegram unter t.me/DerStatus!

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten