Selbstbeschäftigung statt Problemlösung

SPÖ-Chaos: Verwirrung um angeblichen Kaiser-Wunsch nach roter Doppelspitze

Politik
Rendi-Wagner: Kontrast.at, Flickr; Doskozil: SPÖ Presse und Kommunikation, Wikimedia Commons (beide CC BY-SA 2.0); Komposition: Der Status

Nach dem fatalen Wahlergebnis in Niederösterreich - die SPÖ verlor und musste den zweiten Platz an die FPÖ abgeben - herrscht weiter Panik bei den Genossen. Und am Stuhl der Parteivorsitzenden wird von allen Seiten fleißig gesägt. Denn am 5. März steht die Landtagswahl in Kärnten an. Und der rote Landeshauptmann Peter Kaiser hat offenbar Sorgen um das Ergebnis. Nun preschte er mit dem Vorschlag vor, die SPÖ solle eine Doppelspitze aus Rendi-Wagner und Doskozil bilden.

Wirklich fest sitzt Pamela Rendi-Wagner als Vorsitzende der SPÖ nicht mehr im Sattel. Auch wenn man in der Sozialdemokratischen Partei offiziell keine Obmann/frau-Debatte führen will, irgendwie macht man es doch. Schon kurz nach der desaströsen Wahl wurden erste Stimmen laut, die auch der Bundes-SPÖ und deren Vorsitzenden eine Mitschuld daran gaben, dass man in Krisenzeiten mit ureigensten SPÖ-Themen nicht reüssieren konnte. Auch Rücktrittsforderungen wurden laut. Nun folgte sogar ein Doppelschlag gegen die derzeitig noch Amtierende.

Doppelspitze gefordert?

Niemand anderes als der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser preschte nun mit einem Vorschlag vor. Seiner Meinung nach sollten sich die Genossen eine Doppelspitze aus Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil überlegen. Und das wenige Wochen vor der Kärntner Landtagswahl. "Ich fände das gut. Und nicht nur die beiden, sondern ich glaube, wir haben einen sehr breiten Bereich guter Leute. Ich träume von einem Team, wo die besten Köpfe männlich, weiblich aus allen Regionen und Bundesländern nach fachlichen Kriterien in die nächste Nationalratswahl gehen (…) und dass wir mit diesem besten Team, das bereits früher als Schattenregierung der jetzigen Regierung fungieren kann, auch personelle Alternativen haben", so Kaiser auf die Frage ob er sich eine solche Doppelspitze vorstellen könne, gegenüber Puls4 und ATV.

Zurückrudern und Führungsdebatte beenden

"Das wäre, glaube ich, ein ganz wichtiger Schritt. Und der würde wahrscheinlich auch viel von dieser Einzelpersonen-Abhängigkeit, die in einer Demokratie aus meiner Sicht sowieso immer bedenklich ist, zerstreuen", erklärte Kaiser. Danach stellte er jedoch gegenüber Medien klar, dass er nicht von einer Doppelspitze sondern lediglich von einem Team der besten Köpfe, also einem "Schattenkabinett" gesprochen habe.

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch rückte aus und erklärte: "Von einer Doppelspitze war und ist keine Rede. Peter Kaiser hat davon gesprochen, dass es selbstverständlich ein breites Team und Teamplaying benötigt, um bei der Nationalratswahl erfolgreich zu sein." Kurz vor seiner Landtagswahl kann Kaiser eine Führungsdebatte ohnehin nicht gebrauchen.

Zumal die SPÖ wohl auch ein Minus einfahren könnte. Kam sie bei der letzten Wahl 2018 auf 47,9 Prozent, erreichte sie laut letzter Umfrage - allerdings aus dem August 2022 - noch 42 Prozent. Und seitdem ist es vermutlich nicht besser geworden. Zumindest, wenn man dem Bundestrend folgt: Denn damals standen die Roten in allen Umfragen auf Platz eins. Seitdem verwandelte sich im Bund allerdings ein 8-Prozent-Vorsprung auf die Freiheitlichen in einen 6-Prozent-Rückstand. 

Massive Teuerungen bei der Kelag

Der Absturz in der Wählergunst ist kein Zufall Denn obwohl die SPÖ immer von Entlastungen redet, greift sie dort, wo sie es in der Hand hat, den Bürgern tief in die Tasche, sei es Wien oder eben auch Kärnten. Dort erhöhte die Kelag, die sich mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand befindet, im vergangenen Jahr massiv die Preise für Kunden - teilweise über 500 Prozent. Und obwohl die Freiheitlichen zuvor von SP-Landeshauptmann Peter Kaiser ein Eingreifen forderten, um die Preisexplosion für die Kunden zu verhindern, immerhin produziert die Kelag günstigen Strom aus Wasserkraft, blieb er untätig.

Möglich gemacht hatte diese Erhöhungen für Bestandskunden übrigens ein kurzfristiger Abänderungsantrag zum „Erneuerbaren Ausbau Gesetzes“ (EAG) durch die SPÖ im Nationalrat. Und obwohl der Verein für Konsumenteninformation (VIK) damals schon die Änderung als "massive Schlechterstellung" für Kunden kritisiert hatte, rückte der Energiesprecher der SPÖ Alois Schroll aus und sprach allen Ernstes in einer Aussendung sogar noch von einem "guten Gesamtpaket für Konsument*innen." Die Realität überholte seine Beschwichtigungen längst - die Energiepreise explodierten überall im Land sowohl bei Bestands- als auch bei Neukunden, viele Bürger können die Rechnung nicht zahlen.

Rendi-Wagner ist "verdorben"

Aber auch das Zurückrudern Kaisers bringt nicht die gewünschte Ruhe in die Partei. Denn auch SPÖ-Urgestein Kurt Flecker - ehemals langjähriger Soziallandesrat der Steiermark und ehemaliger Landtagspräsident -  kritisierte die Vorsitzende. Seiner Meinung nach sei sie zwar eine "gescheite Frau"  aber zu wenig authentisch. "Sie hat leider nicht gelernt, so zu sprechen, dass es empathisch wirkt. Sie ist verdorben worden durch diverse Rednerausbildungen", so Flecker. Man habe "immer den Eindruck, als wäre man im Burgtheater" und daher gelinge es kaum etwas zu sagen, was "den Menschen im Kopf bleibt". Aber auch von Doskozil als Vorsitzenden hält Flecker wenig: "Wenn einer sich dadurch profiliert, dass er die Vorsitzende attackiert und permanent aus dem Hinterhalt schießt, ist er charakterlich kein Kandidat für die erste Reihe."

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