Protest von Bürgermeister & Gemeinderat

Pfälzer Dorf rebelliert: Kein Geld für Kindergarten, nur für Migranten & Energiewende?

Politik
Bild: P170, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

Es kann so nicht mehr weitergehen, darin sind sich der Bürgermeister und der Gemeinderat von Freisbach in der Südpfalz einig. Während in der Gemeindekasse kein Geld für die Sanierung der Turnhalle oder des Ausbaus des Kindergartens bleibt, zieht der Landkreis den Großteil des Geldes ab. Dieses wird für Flüchtlinge und kommunale Wärmeplanung benötigt.

Kein Geld für Reparaturen

Die Ausgaben der Kommunen in Deutschland steigen, während die Einnahmen sinken. Im 1.100-Einwohner-Ort Freisbach in der Südpfalz ziehen die Verantwortlichen nun ihre Konsequenzen. Die gesamte Gemeinderegierung einschließlich Bürgermeister und Gemeinderat wollen zurücktreten, denn sie können die Gemeindepolitik nicht mehr verantworten.

"Wir können weder die maroden Duschen in der Sporthalle renovieren, noch Möbel für den neuen Kita-Container bestellen oder Schlaglöcher reparieren. Wir können nichts mehr für unser Dorf tun. Das ist ein Hilferuf, stellvertretend für viele andere Kommunen. Wir werden ausgeblutet. So kann es nicht weitergehen im Land",, erklärt der parteilose Noch-Bürgermeister Peter Gauweiler gegenüber der "Bild" die Gründe für den Schritt.

Schulden und laufende Kosten

Am Abend soll der Rücktritt erfolgen. Denn einen brauchbaren Finanzhaushalt kann die Gemeinde nicht auf die Beine stellen. Zwar müsste sie nach der Neuregelung des Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, aber das geht sich vorn und hinten nicht aus. Neben der sanierungsbedürftigen Turnhalle, die ein Anlaufpunkt vieler Vereine im Ort ist, reicht auch der Platz im Kindergarten für fast 70 Kinder nicht mehr aus.

"Wir haben schon eine Machbarkeitsstudie für einen Neubau von 5,5 Millionen Euro, den wir gemäß Kita-Gesetz auch brauchen. Doch momentan müssen wir schon froh sein, dass noch in letzter Minute ein zusätzlicher Container genehmigt wurde", so der Bürgermeister.

Zusperren und trotzdem Schulden

Aber an den Neubau oder die Sanierung ist derzeit gar nicht zu denken. "Wir haben 1,2 Millionen Euro Einnahmen, rund eine Million geht als Umlage an den Kreis. Aber alleine der Kindergarten kostet uns im Jahr 380.000 Euro. Wie wollen wir da einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen?", zeigt sich Gauweiler ratlos, "Selbst wenn wir alles zusperren würden und kein Licht mehr anknipsen, würden wir noch Schulden machen." Denn neben der Kita gibt es eben noch die Kosten für Turnhalle, 124.000 Euro für Instandhaltung, Heizung und Strom und auch die Kosten für Bauhof, Friedhof und Rathaus - rund 640.000 Euro Minus im Jahr.

Geld für Migranten aber höhere Steuern

Grund ist die Umlage von einer Million Euro an die Verbandsgemeinde Lingenfeld und den Kreis Germersheim. Dort wird das Geld auch benötigt, immerhin muss man Migranten versorgen und auch die kommunale Wärmeplanung für die Heizungsschikanen der Ampelregierung finanzieren. Dabei ist die Gemeinde seit Jahren verschuldet und plante für dieses und auch das kommende Jahr einen Haushalt mit 1,2 Millionen Euro Minus. Doch das genehmigt nun die Kommunalaufsicht nicht, die nach der Neuregelung auf einen ausgeglichenen Haushalt besteht.

Geld würde wieder an Landkreis gehen

Zudem empfiehlt sie der Gemeinde, die Steuern zu erhöhen. Doch das will der Gemeindevorstand nicht und will deshalb aus Protest zurücktreten. "Wie soll ich den Bürgern erklären, dass sie doppelt oder dreimal so viel zahlen sollen, aber nichts dafür bekommen? Nicht mit uns!", so Gauweiler, der sich gegen die geforderte Erhöhung von Grund-, Hunde- und Gewerbesteuer stemmt. Denn diese würde nur die Bürger mehr belasten aber nicht den Haushalt ausgleichen. Zumal der größte Teil der Mehreinnahmen eben wieder an die Verbandsgemeinde und den Landkreis fließen würde.

Beispiel könnte Schule machen

Der Rücktritt eines Bürgermeisters und des gesamten Gemeinderates wären ein Novum in Rheinland-Pfalz, aber ein Beispiel, das bald Schule machen könnte. Denn der Städte- und Gemeindebund (GStB) Rheinland-Pfalz warnt, dass immer mehr Gemeinden und Städte zunehmend finanzielle Probleme bekommen und finanzielle Unterstützung benötigen würden. 

"Bereits jetzt haben wir die Rückmeldung von immer mehr Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeistern, dass sie aufgrund dieser Umstände nicht mehr bereit sind, bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr für das Amt zur Verfügung zu stehen", heißt es von Seiten des GStB. Denn derzeit werden rund  2.260 Ortsgemeinden von ehrenamtlichen Bürgermeistern geleitet.

Es gärt in den Kommunen

Der Rücktritt ist aber nur eine weiterer Schritt, der die Unzufriedenheit der Kommunen mit der aktuellen Politik zeigt. Bisher waren es eher Briefe, die von Landkreise und Gemeinden nach Berlin gesandt wurden, jedoch in der Regel vermutlich unbeantwortet bleiben. Im rheinland-pfälzischen Innenministerium hofft man hingegen, dass Bürgermeister und Gemeinderäte die Ankündigung noch einmal überdenken.

Zudem kündigte man an, dass man voraussichtlich eine Million Euro der Schulden im Rahmen einer Partnerschaft zur Entschuldung von Kommunen übernehmen werde. Sollte der Rücktritt aber dennoch erfolgen, würden jene, die zur letzten Kommunalwahl angetreten waren aber nicht in den Gemeinderat einzogen, automatisch nachrücken. Wollen sie nicht, oder sind es nicht genug, muss innerhalb von drei Monaten neu gewählt werden. Für den Bürgermeister muss zudem ein Vertreter benannt werden.

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