Willkommen im totalen Krieg...

Moralisch am Ende: Wenn ukrainische Kriegsverbrechen verteidigt werden

Politik
Hintergrund: manhhai, CC BY 2.0, Flickr; Videoausschnitt: Screenshot Twitter

Im Internet sorgt derzeit ein Video für Diskussionen, welches eindeutig ukrainische Kriegsverbrechen dokumentiert. Darin wird offenbar ein verwundeter russischer Soldat, der sich eindeutig ergeben will, weiter beschossen. Ein klarer Verstoß gegen die Genfer Konvention. Doch damit noch nicht genug, bei Kritik wird das Handeln sogar noch verteidigt

Es sind erschütternde Bilder und nichts für schwache Nerven. Die Twitter/X-Seite aerobomber_ua, die um Spenden für Drohnen für die Ukraine bettelt, hat am 21. September 2023 ein Video veröffentlicht, welches ein eindeutiges Kriegsverbrechen dokumentiert. In dem Video wird ein russischer Soldat von einer Drohne aus mit Sprengsätzen beworfen. Und obwohl er nach dem ersten Angriff offenbar verwundet ist und sich ergeben will, wird der Beschuss fortgesetzt.

Entmenschlichung des Gegners

Das Video wurde auch von anderen pro-ukrainischen Seiten aufgegriffen. Darunter auch von Nutzer Cloooud, der noch weitere Informationen - die nicht überprüfbar sind - dazu liefert. Er scheibt: "Die 30. Mechanisierte Brigade setzt die Vernichtung von Orks in der Nähe von Bakhmut in der Region Donezk fort ... Dieser Ork kam mit Waffen in die Ukraine, um zu töten und unsere Städte zu zerstören. ... Nachdem er die Drohne abgeworfen hatte, bat er um "Gnade" für ihn, aber er wollte lieber zu Hause bleiben."

Dabei ist es nicht nur die fortgesetzte Entmenschlichung des Gegners - hier die Bezeichung Orks für russische Soldaten - die eher an vergangene schreckliche Zeiten erinnert und einer Gesellschaft, die sich Moral, Anstand, Zivilisation und der angeblichen Verteidung dieser Werte verschrieben hat, mehr als unwürdig ist, sondern auch der Versuch, begangene Kriegsverbrechen noch zu rechtfertigen.

Rechtfertigung von Kriegsverbrechen

Denn von einem Nutzer darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei dem Video um die Dokumentation eines Kriegsverbrechens handelt...

... wird sogar noch der Versuch unternommen, dieses zu rechtfertigen. "Benjamin, du hast nicht Recht und benimmst dich wie ein kleines Kind. Kriegsverbrechen ist es, in ein unabhängiges Land einzudringen und Frauen und Kinder zu töten. Wenn man in ein unabhängiges Land mit Waffen eindringt, sollte man bereit sein, zerstört zu werden. Es ist kein Kriegsverbrechen, das erfüllt nicht die Kriterien einer Kapitulation."

Auch als ein anderer Nutzer darauf aufmerksam machte, dass das weglegen der Waffe und deutliches Zeichengeben durchaus die Kriterien einer "Kapitulation" erfüllen - der Russe hob die Arme sogar zwei Mal...

...wurde der nächste Grund hervorgekramt. Und der lautete: "Der russische Soldat befindet sich auf dem von Russland kontrollierten Gebiet, wovon reden Sie? Wie können ukrainische Soldaten ihn unter aktiven Kampfbedingungen gefangen nehmen?

Offener Verstoß gegen Genfer Konvention?

Allerdings ist die Erklärung mehr als dürftig. Denn die Genfer Konvention und ihre Zusatzprotokolle haben eigentlich auch dafür eine Lösung. So heißt es in Artikel 41 über den "Schutz eines ausser Gefecht befindlichen Gegners":

Wer als ausser Gefecht befindlich erkannt wird oder unter den gegebenen Umständen als solcher erkannt werden sollte, darf nicht angegriffen werden.
2.  Ausser Gefecht befindlich ist,
a) wer sich in der Gewalt einer gegnerischen Partei befindet,
b) wer unmissverständlich seine Absicht bekundet, sich zu ergeben, oder
c) wer bewusstlos oder anderweitig durch Verwundung oder Krankheit kampfunfähig und daher nicht in der Lage ist, sich zu verteidigen,
sofern er in allen diesen Fällen jede feindselige Handlung unterlässt und nicht zu entkommen versucht.

Unbewaffnet, verwundet und durch sein Winken seine Aufgabe klarmachend, ist der feindliche Soldat in dem Video damit eigentlich eindeutig als "Hors de combat" anzusehen. Die Tatsache, dass er nicht von ukrainischen Truppen geborgen oder abtransportiert werden kann, ändert daran nichts.

Ungewöhnliche Kampfbedingungen

Zumal die Genfer Konvention auch dafür Verhaltensmaßregeln hat. So heißt es im 3. Absatz des besagten Artikels 41:

Sind Personen, die Anspruch auf Schutz als Kriegsgefangene haben, unter ungewöhnlichen Kampfbedingungen, die ihre Wegschaffung nach Teil III Abschnitt I des III. Abkommens nicht zulassen, in die Gewalt einer gegnerischen Partei geraten, so werden sie freigelassen, und es werden alle praktisch möglichen Vorkehrungen für ihre Sicherheit getroffen.

Dies ist beispielsweise auch in der Zentralen Dienstvorschrift "Humanitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflikten" des deutschen Bundesministeriums für Verteidigung auf Seite 102 unter Punkt 818 eindeutig geregelt: "Können Kriegsgefangene unter ungewöhnlichen Kampfbedingungen nicht weggeschafft
werden, sind sie freizulassen; auch dann sind alle praktisch möglichen Vorkehrungen für ihre Sicherheit zu treffen (5 41 Abs. 3)." Mit dieser Regelung wird zwar auf Situationen bei Kommandounternehmen und Fernaufklärungseinsätzen abgestellt - damals war Krieg mit Drohnen noch eher Science Fiction - könnte aber analog auf diese Form der Kriegführung angewandt werden.

Unbedingte Vernichtung

Noch Anfang des Jahres war in Medien groß über ein offizielles Programm der Ukraine berichtet worden, dass mit Drohnen russischen Soldaten bei der Kapitulation unterstützen soll. Doch inzwischen gehört es offenbar eher zum guten Ton, verwundete und aufgabewillige russische Soldaten mittels Drohnen wie Kanninchen über ein Feld zu jagen. Die unbedingte und bedingungslose Vernichtung des Gegners scheint mit dem langsamen Vorankommen und ausbleibenden durchschlagenden Erfolgen der Offensive mittlerweise das oberste Ziel zu sein. Ein Ansatz, der schon im 20. Jahrhundert für unsägliches Leid sorgte und dessen Wiederkehr den angeblichen "Verteidigern westlicher Werke" nicht gut zu Gesicht steht. Dürfte es den Konflikt doch noch erbamungsloser machen und auf beiden Seiten die Hemmungen weiter fallen lassen.

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