ORF-Sommergespräch

Volkskanzler Kickl: Politik fürs Volk, statt für System & Eliten

Politik
Bild: (C) FPÖ

Am Montag fand das mit Spannung erwartete ORF-Sommergespräch mit FPÖ-Chef Herbert Kickl statt. Mit einem souveränen Auftritt, der auch seine Kritiker beeindruckte, zeigte der charismatische Parteichef, wieso seine Partei in allen Umfragen haushoch führt. Gegen jeden Versuch von ORF-Moderatorin Susanne Schnabl, ihn aufs Glatteis zu führen, fand er den passenden Konter. Zu den Angriffen des Systems, das seine Kanzlerschaft verhindern will, erklärt er, er werde ein Kanzler "aus dem Volk für das Volk" sein, nicht einer "aus dem System für das System" sein.

ORF-Setting wie bei Stasi-Verhör

Von der ersten Minute an hatte Kickl die Lacher wohl auf seiner Seite, als er dem bieder-bedrohlichen Setting des Sommergespräche den "herben Charme eines Stasi-Verhörzimmers" attestierte. Tatsächlich wirkt die Szenerie eines schlicht holzvertäfelten Sprechkammerls im Parlament wenig einladend. Gerade im Vergleich mit den Sprechorten der Vergangenheit: Dort zog der ORF nämlich Museums-Dächer oder malerischen Seeblick vor. Ab da war klar: Auch der ORF, dessen Finanzierung per Zwangssteuer er kritisierte, würde sein Fett abbekommen. Also schaltete Schnabl einen Gang hoch und versuchte Kickl beim Arbeitskräftemangel auf dem falschen Fuß zu erwischen.

Zwischen Sozialpatriot & Staatsmann

Doch das klappte nicht: Denn gegen die gezielte Anwerbung von "Fachkräften" aus aller Herren Länder sprach sich Kickl deutlich aus. Er erinnerte daran, dass man mit diesem Argument schon die EU-Freizügigkeit schmackhaft gemacht habe. Er plädierte für eine Ausbildungsoffensive - und was nicht abgedeckt wird, soll durch Gastarbeiter auf Zeit gefüllt werden, die nach Ende des Bedarfs wieder heimgehen. Die mangelnde Attraktivität Österreichs für EU-Bürger nutzte er, um mit Beispielen fundiert auf die absurd hohe Abgabenlast der Arbeitnehmer hinzuweisen; die prekäre Lage in Pflegeberufen, um für eine Attraktivierung der Angehörigenpflege, etwa durch Anrechnungszeiten, zu werben. 

Mit der staatsmännischen Ader in diesem Abschnitt des Gesprächs überraschte er sogar den ORF-Hauspolitologen Peter Filzmaier in der ZiB2-Analyse, der geradezu beeindruckt war, mit welcher Leichtigkeit Kickl zwischen dem "Vorschlaghammer" und dem "feinen Florett" wechseln könne. Mit dem Vorschlaghammer versuchte es zusehends Schnabl: Sie bediente die übliche Kontaktschuld-Konstruktion: Die FPÖ werbe für "Remigration" wie die bösen Identitären. Und der "Volkskanzler" sei angeblich "historisch problematisch". Wusste er letzteren Angriff durch Hinweis etwa auf Leopold Figl zu entkräften, lief er beim anderen Vorwurf überhaupt zur Höchstform auf.

Kontaktschuld- & "Rechtsextremismus-Keule wirkungslos

Er fragte zurück: "Ich mache ihnen den Vorschlag: Wenn Sie so sehr an den Identitären und ihrer Programmatik interessiert sind, laden Sie doch einmal einen dieser Leute ein." Er selbst halte die Vorstöße der "NGO von rechts", wenn sie sich mit der FPÖ-Thematik überschneiden, für unterstützenswert, er sehe keinen Unterschied zu Greenpeace oder Global 2000. Er hinterfragte die Absurdität, dass Zeichen einer legalen Bewegung verboten seien - sowie die aktuelle Rolle des Verfassungsschutzes, dessen Auftrag es nicht sei, eine "linke Pseudomoral" oder die ÖVP zu schützen. Kickl erinnerte daran, dass der eigentliche Zweck des Verfassungsschutzes der Schutz der österreichischen Verfassung und ihrer Grundrechte sei. Dessen Chef sei zudem politisch so "schwarz wie ein Kübel Ruß". Schnabl wurde nervös, begann immer häufiger zu unterbrechen.

"Wird der Bürger unbequem, punziere ihn als rechtsextrem"

Sie verfestigte sich in der Behauptung, die Gruppierung sei "rechtsextrem". Hier konterte Kickl: "Das ist so ein beliebtes Spiel. Nach dem Motto: 'Wird dir der Bürger unbequem, punziere ihn doch als rechtsextrem.' Das kennen wir von Corona, das haben die Leute am eigenen Leib erlebt. Wenn man etwas tut, das der Regierung nicht passt, ist man schon in der 'rechtsextremen' Ecke. Das zieht nicht mehr." Auf ihre Behauptung, die Forderung nach Remigration bedeute "Ausländer raus", erklärte er den Begriff sachlich: Es gehe hier nicht um wohlintegrierte Mitglieder der Gesellschaft, sondern jene, die glauben, unter dem Asyl-Deckmantel in unser Sozialsystem einwandern. 

Lob für diese klaren Ansagen gab es prompt auch vom langjährigen Identitären-Chef Martin Sellner, der Kickl "metapolitische Meisterklasse" attestierte: 

Automatische Volksabstimmungen und Mindestlohn

Und egal, welches Thema zur Sprache kam, Kickl war immer einen Schritt voraus. Während die SPÖ aktuell mit Bobo-Modellen zur Vier-Tage-Woche beschäftigt ist, forderte er etwa einen Mindestlohn für die Arbeiter im Land. Die Politikergehälter wolle er ab einer bestimmten Höhe zudem in Bund UND Ländern einfrieren; wenn etwa die ÖVP bei seinem Antrag im Parlament nicht mitgehe, entlarve sie sich als treibende Kraft hinter dem innerparteilichen Gehälterstreit mit Salzburg & Oberösterreich. Auch das Klima-Panik-Narrativ watschte er ab: Selbst der Weltklimarat als "Glaubenskongregation der Klimadebatte" könne keine fundierten Aussagen über Wetterentwicklungen geben. 

Er halte jedenfalls nichts von einer "Komplettumstellung des Systems in ein paar Jahren, die unsere Wirtschaft zerstört und nur die Chinesen fördert." Dies zu tun, um Österreichs Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß von 0,8 auf 0,4 zu reduzieren habe wenig mit "Hausverstand und Verhältnismäßigkeit" zu tun. Ihn stört auch, dass - wie schon bei Corona - immer mit "der Wissenschaft" und einer angeblichen "Alternativlosigkeit" argumentiert wird. Geht es nach Kickl, soll der Souverän in einer Volksabstimmung darüber abstimmen, ob er radikale Klima-Maßnahmen mittragen will. Generell sollten auch ab einer bestimmten Unterschriftenzahl Volksbegehren automatisch zu Volksabstimmungen führen. 

Der Status-Redakteurin Bernadette Conrads fiel der ungute Ton des auf Klima-Alarmismus gleichgeschalteten ORF auf: 

Kanzler für das Volk, nicht fürs System

An dieser Stelle brachte er auch immer wieder seine Kritik an selbsternannten Eliten ins Spiel, die den Menschen "von oben herab" ihre Vorstellungen vom Gang der Welt aufzwingen wollen. Hier reiht sich auch die Ansicht des grünen Bundespräsidenten ein, ihm selbst bei einem Wahlsieg keinen Auftrag zur Regierungsbildung geben zu wollen. Das hält Kickl für antidemokratisch. Es werde so vermittelt, dass freiheitliche Stimmen weniger wert seien als andere. Wenn Mehrheiten nicht respektiert werden, drohe eine Staatskrise. Er selbst werde ein "Kanzler aus dem Volk für das Volk" sein, und nicht einer "aus dem System für das System".

Entsprechend reagierte er auch auf die Aufforderung, auf einen leeren Buchdeckel einen Titel zu schreiben, der seinen politischen Stil charakterisiere: "Bring es auf den Punkt! Hin zum Volk, Abkehr von den selbsternannten Eliten." Mit dieser Positionierung seiner Person und Partei als Kämpfer auf der Seite des Volkes beschreitet er ein Feld, auf dem ihm keiner das Wasser reichen kann. Dieser Ansicht ist auch der Journalist Thomas Oysmüller (TKP-Blog), der auf Twitter feststellte: Kickl kritisiere den Schiefstand der herrschenden Politik auf allen vier zentralen Ebenen: Der politischen, der sozialen, der medialen und der psychologischen.

Sorgenfalten bei rotem Strategen

Der unerschrockene Auftritt Kickls beeindruckte aber eben nicht nur Systemkritiker aller Couleur, sondern auch Personen aus einem definitiv anderen politischen Lager. So erklärte etwa der SPÖ-nahe PR-Berater Rudi Fußi: "Jetzt versteht man die peinliche 'Herbert, das ist nicht normal'-Kampagne der ÖVP. Kickl wird Nehammer in den TV-Duellen nicht nur schlagen, sondern regelrecht zertrümmern. Auch für Babler wird das sicher nicht das angekündigte Frühstück. Kickl ist so gut wie gefährlich. Sehr gut. Sehr gefährlich." Zudem bediene er die "Sehnsucht nach der guten, alten Zeit, wo ein Verdienst fürs Leben reichte, alles übersichtlicher war." Seine Aussagen kämen beim Volk an. 

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