Irre Suche nach Sündenböcken

Fico-Attentat: ÖVP gibt Kickl die Schuld, Habeck der AfD, Medien dem Opfer...

Politik
Fico: Andrej Klizan/EU2016SK, Flickr, CC0; Spiegel-Artikel: Twitter (Bildzitat); Komposition: Der Status.

Auch am Tag nach dem Attentat, bei dem der globalismus- & westkritische slowakische Premier Robert Fico durch Schüsse lebensgefährlich verletzt wurde - er überlebte die Not-OP, sein Zustand ist aber weiter sehr ernst - ist der Schock über die unfassbare Tat europaweit groß. Doch, auch wenn der mutmaßliche Schütze gefasst wurde und seine Motive bekannt sind, versucht der polit-mediale Komplex eine Täter-Opfer-Umkehr und unterstellt dem Politiker eine Mitschuld am Anschlag aufs eigene Leben. Und auch das politische Kleingeld darf nicht fehlen: Denn, obwohl Fico politisch mehr Schnittmengen mit ihnen als mit dem Systemparteien-Kartell hat, framt man nun FPÖ & AfD als geistige Brandstifter...

Schütze zu Motiv: Staatsfunk-Umbau erzürnte ihn

Ob es sich um einen Einzeltäter handelt oder es zusätzlich noch unbekannte Hintermänner zur Tat gibt, ist völlig ungewiss. Allerdings kursiert ein Video des gefassten, mutmaßlichen Attentäters, indem dieser sich äußert. Dabei handelt es sich um den Schriftsteller Juraj Cintula (71). In sozialen Medien wurde gemutmaßt, dass dieser politisch ein Unterstützer der liberalen Opposition sei, diese Information ist allerdings nicht gesichert - fix ist nur die Erklärung seines Sohnes, sein Vater habe nicht für Fico gestimmt.

Cintula erklärte als Motiv, er sei mit der Regierungspolitik nicht einverstanden. Dabei erwähnte er offen auch den Umbau des Staatsfunks durch die Fico-Regierung als Grund. Der Premier hatte die einstige Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Senders RTVS zum Anlass für eine Neuaufstellung genommen. Wie Der Status berichtete, tobten die üblichen Verdächtigen, die noch kurz zuvor in Polen den Medien-Putsch der neuen Pro-Brüssel-Regierung abfeierten - bejubelten aber Demos gegen das Gesetz.

Habeck schiebt AfD schwarzen Peter zu

Damit bestätigt sich die Befürchtung, die auch Der Status bereits im ersten Artikel am Donnerstagnachmittag thematisierte: Ein politisches Motiv lag nahe, auch weil Fico in den letzten Monaten aus dem Einheitsbrei des Werte-Westens ausscherte. Er will die Aufrüstung der Ukraine stoppen, die bilateralen Beziehungen mit Russland wieder aufnehmen, fordert eine minutiöse Corona-Aufarbeitung und erklärte, dass seine Regierung den umstrittenen WHO-Pandemievertrag nicht unterzeichnet wird. Es sind Positionen, die im deutschsprachigen Raum unter den Parlamentsparteien lediglich im Umfeld von FPÖ & AfD spruchreif sind. 

Doch, was nicht sein darf, kann eben nicht sein - und so rückt das Polit-Establishment bereits aus, um beiden systemkritischen Parteien zum geistigen Brandstifter für die Tat zu stempeln. Den Ausgang machte der deutsche grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck. Er verquickte das fragwürdige Urteil, das die geheimdienstliche Beobachtung der AfD erlaubt, mit dem Attentat in der Slowakei: "Wir wissen, dass aus Worten Taten folgen - und dass diese Taten dann meistens eine geistige Vorbereitung haben." Daher sollten jene, die sich "dem demokratischen Spektrum" zugehörig fühlen, ihre Worte sorgsam wählen.

Beobachter interpretierten dies als billige Stimmungsmache gegen die AfD, der die Systemparteien ja vorwerfen, keine demokratische Partei zu sein: 

ÖVP-Lopatka macht FPÖ mitverantwortlich

Noch ungenierter äußerte sich in den Abendstunden dann ÖVP-EU-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka. Mit ähnlichen Argumenten wie Habeck unterstellte er seinem freiheitlichen Pendant Harald Vilimsky sowie FPÖ-Chef Herbert Kickl offen, der Wegbereiter für solche irren Taten zu sein: "Die Frage ist, warum kommt es zu dieser Eskalation - und das beginnt bei der Sprache: Das haben wir heute im österreichischen Parlament wieder miterlebt". Die FPÖ würde bewusst Grenzen überschreiten, so Lopatka. Er stellte klar, dass er damit die Kickl-Kritik an ÖVP-Ministerin Karoline Edtstadler meinte, weil er sie für ihre Ungeimpften-Hetze als "Ministerin für Verfassungsbruch" bezeichnete.

Auch, dass Vilimsky das EU-Parlament als "Irrenhaus" bezeichnete - eine Bezeichnung, die übrigens sicherlich den Geschmack von Brüssel-Kritiker Fico getroffen hätte - ordnet er in diese Kategorie ein: "Wenn alles diffamiert, schlecht gemacht wird, dann gibt es irregeleitete Menschen, die sich dadurch ermuntert sehen, hier zu solchen schrecklichen Schritten zu kommen. Es beginnt mit der Sprache, es endet mit Gewalttaten." Danach wetterte er noch über "extreme Kräfte" und plädierte für "null Toleranz den Intoleranten", bis hin zu strafrechtlichen Maßnahmen. Man müsse schon einschreiten, wenn "Menschen hier etwas Demokratiefeindliches äußern." 

Für "Spiegel" ist Fico quasi selber schuld...

An allem ist die böse Opposition schuld: Als wäre diese Argumentationslinie noch nicht unfassbar genug, verstiegen sich Teile der System-Journaille sogar dazu, Fico selbst eine Mitschuld am Attentat gegen seine Position zu geben. Der "Spiegel" veröffentlichte einen Artikel mit der Überschrift: "Wie Fico das Klima in seinem Land mit vergiftet hat". Nach harscher Kritik ruderte man zurück und änderte den Titel - erwähnt allerdings weiterhin in der Einleitung, dass "das Opfer selbst zur Polarisierung" beigetragen habe. Der Berliner "Tagesspiegel" stempelte ihn in einem Artikel gleich einmal zum "Populisten und Putinfreund". Als würde dies den Anschlag weniger bestialisch machen...

Sogar "False Flag"-Aktion wird behauptet...

Den Vogel in der deutschen Medienlandschaft schoss allerdings das Portal "T-Online" ab. Diese spann sich eine wüste Verschwörungstheorie, wonach das Attentat ein inszenierter "Inside Job" seines eigenen Apparats sein könnte: "Ein weiteres Szenario werde intensiv im Internet diskutiert, sei jedoch hochspekulativ. In den sozialen Netzwerken werde eine Version verbreitet, nachdem Ficos eigene Leute dahinter stecken könnten, um den Regierungschef zum Märtyrer zu erheben. Die Debatte im Internet habe bereits eine gefährliche Eigendynamik entwickelt", beruft man sich auf einen "Experten" aus dem Umfeld der FDP-nahen "Friedrich-Naumann-Stiftung".

Diese Darstellung ist besonders abenteuerlich - aber man ist damit nicht alleine. Denn die "Welt" aus dem transatlantischen Springer-Verlag behauptet nun, es gebe Indizien, wonach der Attentäter ja gar nicht aus dem linksliberalen Spektrum komme, sondern vor einiger Zeit einmal bei einer pro-russischen Gruppe aufgetreten sei. Man versucht es also ernsthaft mit dem Framing, dass die Handlanger des "bösen Mannes im Kreml" angeblich just denjenigen Politiker zu beseitigen versuchen, den dieselben Medien fortwährend als den vermeintlich größten Verbündeten Moskaus innerhalb der EU hinstellen - eine beachtliche Logik.

Täter-Opfer-Umkehr auch im ORF

Bei so viel Täter-Opfer-Umkehr dachte allerdings wohl auch der Zwangsgebühren-ORF, mithalten zu müssen. Nach einem überraschend informativen und neutralen Bericht, der sogar erwähnte, dass der Schütze den Staatsfunk-Umbau als Motiv nannte, interviewte man zur Einordnung einen slowakischen Journalisten. Auch der gab Fico eine Mitschuld an den Schüssen auf ihn: Die "Hetze" der Regierung gegen die Opposition komme nicht gut an, und so habe sich die Lage eben "zugespitzt". Zuletzt hätte der Premier selbst nicht mit verbalen Angriffen auf Journalisten gegeizt - und bekanntlich würde Gewalt ja in der Sprache beginnen.

Im Vorbeigehen behauptete er auch noch, der eigentlich über einen sozialdemokratischen Hintergrund verfügende linkspatriotische Fico habe sich zu einem "völkischen" Politiker "radikalisiert". Nach dem Prinzip: Wenn ein linker Politiker in seiner Eliten-Kritik dieselben Dinge kritisiert, auf die auch Systemkritiker rechts der Mitte verweisen, stempelt man ihn einfach ebenfalls zum "Rechten". Und die sind dann sowieso böse, und sollen angeblich auch für Attentate auf Politiker mit ähnlichen Standpunkten mitverantwortlich sein. Da diese die "falsche" Sichtweise haben, sollen sie dann auch noch quasi beim Mordversuch auf sich selbst "mitgeschossen" haben. 

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