Haltung statt Neutralitätspflicht?

Das kann man nicht erfinden: Prozess in Leipzig platzt wegen Israel-Fahne

Politik
Bild: דג קטן,CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

Deutschland schafft sich nicht nur ab, wie Thilo Sarazzin vor Jahren warnte und dafür aus der SPD geworfen wurde, sondern wird immer mehr zum "Failed State", in dem eigentlich nichts mehr funktioniert. Neben maroder Infrastruktur, klaffenden Finanzlücken, einer schrumpfenden Wirtschaft und einer selbstgemachten Energiekrise, scheitert der Staat auch zunehmend selbst an seiner moralisierenden Haltung.

Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. Dies zeigte sich jetzt in Leipzig. Denn das inzwischen nahezu inflationär gehandhabte Ritual der Betroffenheit "Je suis Charlie", "We stand with Ukraine" und nun "We stand with Israel" sowie das zeigen der entsprechenden Landesfarben in sozialen Netzwerken oder die Beflaggung oder Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden oder Wahrzeichen in Regenbogen- oder in den jeweiligen Landesfarbenfarben gehört inzwischen zum guten Ton. Allerdings kann es dabei auch passieren, dass man die Rechnung ohne den Amtsschimmel bzw. einen findigen Rechtsanwalt macht.

Antrag auf Befangenheit des Richters

So sollte etwa dieser Tage ein einfacher und unspektakulärer Prozess wegen Beleidung vor dem Amtsgericht in Leipzig stattfinden. Allein, im Foyer des Amtsgebäudes war auf einem Monitor eine israelische Flagge zu sehen. So weit nichts ungewöhnliches dieser Tage. Doch bei dem Beklagten handelte es sich um einen Busfahrer mit marokkanischem Migrationshintergrund.

Damit war für den Anwalt des Beklagten klar: "Mein Mandant ist gläubiger Muslim und hatte aufgrund der Fahne die Befürchtung, in seinem Prozess nicht fair behandelt zu werden", wie ihn die "Bild" zitiert. Daher verfasste der gewiefte Anwalt noch vor Beginn des Verhandlung einen Antrag auf Befangenheit gegen die zuständige Richterin und bekam Recht, der Prozess wurde erst einmal ausgesetzt.

Es fehlte der Befehl...

"Ich habe völliges Verständnis für Solidaritätsbekundungen für Israel. Aber ein Gericht ist zwingend zu absoluter Neutralität verpflichtet", so der Anwalt gegenüber der "Bild". Und auch das Justizministerium sieht die Sachlage ähnlich. Denn wie in Deutschland üblich, ist alles irgendwo in Verordnungen und Gesetzen geregelt. So erklärt auch ein Sprecher des Justizministeriums, welches eigentlich für die Anordnung einer Beflaggung bei ihm unterstehenden Institutionen zuständig ist: "Das durften wir gar nicht. Bei Ereignissen dieser Tragweite kann nur die Staatskanzlei entscheiden."

Und die sächsische Staatskanzlei hatte es in einer Mitteilung den Ministerien selbst überlassen, "in eigener Zuständigkeit ebenfalls die Flagge Israels vor ihren Dienstgebäuden" zu hissen.

Gerichtspräsident will Haltung zeigen

Doch eine Anordnung des Ministeriums blieb offenbar aus. Der Präsident des Amtsgerichts erklärte, dass er es beschlossen habe, die israelische Flagge im Gebäude zu zeigen. "Es ist meine Entscheidung. Ich will ein Zeichen der Solidarität und für Menschlichkeit setzen", erklärte er dem Boulevardmedium. Dabei hätte er als Beamter und Jurist eigentlich wissen müssen, dass es auch in solchen Fällen Regeln und Vorschriften zu beachten gilt. Und eben auch, dass ein Gerichtspräsident offenbar nicht einfach beschließen kann, welche Flaggen "sein" Gebäude zieren.

Ob seiner dargebotenen Haltung werden sich wohl die Konsequenzen für den Präsidenten in Grenzen halten. Allerdings ist ein Prozess vorerst geplatzt, der den Steuerzahler vermutlich dennoch etwas kostet. Und was ist vielleicht in anderen Fällen, wenn es um mehr geht als eine bloße Beleidung und es aufgrund des Egos eines Beamten wieder zu Kalamitäten oder geplatzten Prozessen kommt?

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