Kurioser Amts- & Justizschimmel

Absurdes Urteil: Wenn nachts der Wolf kommt, haben Herdenschutzhunde Hausarrest

Politik
Bild: Don DeBold, CC BY 2.0, Flickr

Wenn die linke Hand nicht weiß, was sie rechte macht, kann es wirklich kurios werden. Und seit in Europa wieder der Wolf umgeht, zeigt sich die völlige Ahnungs- und Sinnlosigkeit vieler Maßnahmen. So wurden Landwirte angehalten, ihre Tiere auf der Weide mit Wolfzäunen und/oder auch Hunden zu schützen. Doch manchmal machen dann Nachbarn und Justiz einen Strich durch die Rechnung.

Herdenschutzhund gegen Wolfsrisse angeschafft

Eigentlich hatte eine nebenerwerbsmäßige Landwirtin im Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen alles richtig gemacht. Als Wölfe wieder begannen in der Gegend heimisch zu werden, traf sie Schutzmaßnahmen, damit es nicht zu Wolfrissen wie andernorts kommen sollte. Denn immerhin hält sie auf ihren rund 7 Hektar Land  46 Nutztiere, darunter Galloway-Rinder, Ponys, Esel, Ziegen und Schafe.

Zwar gibt es auch einen 1,2 Meter hohen Elektro-Zaun, aber aufgrund des bergigen und unübersichtlichen Geländes schien der Einsatz von Herdenschutzhunden sicherer. Die Anschaffung und Ausbildung geeigneter Tiere wird dabei, wie auch der Bau eines Wolfschutzzaunes, von staatlicher Seite her finanziell unterstützt.

Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben...

So wurden insgesamt 7 Herdenschutzhunde angeschafft, um auch sicher zu sein, falls nicht ein einzelner Wolf sondern ein ganzes Rudel auftauchen sollte. Zumal es auch schon in den Nachbardörfern zu Wolfsrissen gekommen war. So weit alles richtig gemacht, sollte man denken. Doch es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es den Nachbarn nicht gefällt.

Und diese störten sich an dem Gebell der Hunde, welches auch nachts ertönte, wenn sie ihrer eigentlichen Aufgabe nachkamen. Und so kam es zu Beschwerden bei der Gemeinde, die schließlich ein Wegsperren der Hunde in der Nacht anordnete. Ein anschließender Zug der Landwirtin durch die Instanzen brachte ein kurioses Urteil des Oberverwaltungsgerichts.

Ortsübliche Geräuschkulisse

So heißt es im Urteil: "In einem ausgewiesenen Wolfsgebiet kann im Einzelfall der Einsatz von Herdenschutzhunden im Freien beschränkt werden, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Nachbarschaft durch unzumutbares Hundegebell während der Nachtzeit und der Mittagsruhe an Sonn- und Feiertagen zu unterbinden. [...] Die Anordnung der Unterbringung der Herdenschutzhunde in einem geschlossenen Gebäude während der Ruhezeiten ist voraussichtlich rechtmäßig. Es spricht Überwiegendes dafür, dass das Gebell der Herdenschutzhunde die Nachbarn mehr als nur geringfügig belästigt und daher gegen das Landes-Immissionsschutzgesetz verstößt."

Und weiter: "Zwar gehört in einer dörflich geprägten Umgebung Hundegebell in gewissem Umfang zur ortsüblichen Geräuschkulisse. Auch ist der Herdenschutz als Zweck der Hundehaltung zu berücksichtigen. Ihr Gebell genießt jedoch auch in einem ausgewiesenen Wolfsgebiet keinen absoluten Vorrang vor dem berechtigten Interesse der Nachbarn, nicht mehr als nach den Einzelfallumständen zumutbar gestört zu werden."

Hausarrest für Hunde

Somit bleibt der Beschluss der Gemeinde, dass die Herdenschutzhunde in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr sowie sonn- und feiertags auch von 13 Uhr bis 15 Uhr in einem geschlossenen Gebäude unterzubringen sind, aufrecht. Zudem legt das Oberverwaltungsgericht der Landwirtin auch nahe, dass sie ja nicht nachgewiesen habe, während der "Ruhezeiten" der Hunde auf deren Einsatz angewiesen zu sein. Immerhin verfügt sie über einen Stall und auch über einen Elektrozaun.

Außerdem könne aufgrund der Größe des Grundstücks auch die Weidehaltung umgestellt und die Tiere in einem kleineren wolfssicheren Gatter untergebracht werden. In bestem Amtsdeutsch wird auch festgestellt: "Angaben zur notwendigen Anzahl von Herdenschutzhunden für die überschaubare Anzahl ihrer Nutztiere fehlen ebenso wie der Nachweis, dass ihre Hunde nach einem anerkannten Standard als Herdenschutzhunde zertifiziert sind."

Menschen haben verlernt mit Natur zu leben

Gegenüber der "Bild" erklärte der Rechtsanwalt, dass man nichts mehr machen könne, da der Gerichtsbeschluss unanfechtbar sei. Allerdings wolle man noch prüfen, ob man das Land in die Verantwortung nehmen könne. Zudem fordert er, dass für die Tierhaltung in Wolfsgebieten auch endlich rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Die Landwirtin versteht nach dem Urteil die Welt nicht mehr. "Ich kann die Hunde nicht ohne Weiteres einsperren, drinnen drehen die völlig durch. Sie sind es gewohnt, im Freien zu leben. Ich finde es schade, dass die Richter nicht einmal vorbeigekommen sind, um sich hier ein Bild von der Situation zu machen. Die Menschen haben leider verlernt, mit der Natur zu leben", erklärt sie.

Schäfer und andere Tierhalter hoffen nun, dass das Urteil nicht richtungsweisend wird. "Ich muss für den Schutz der Schafe diese Hunde einsetzen, und dass die anschlagen, gehört einfach dazu", erläutert ein Schafzüchter gegenüber Medien. "Wenn wir die Hunde nachts reinholen müssten, macht das gar keinen Sinn."

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