Sprengstoff in Pflanzenform: Staatsfunk blamiert sich mit Nordstream-Dementi

Dass der renommierte US-Aufdecker-Journalist Seymour Hersh einen detaillierten Bericht veröffentliche, in dem er starke Argumente dafür vorlegt, dass die USA mithilfe Norwegens die Nordstream-Pipelines gesprengt hätten, passt den Systemmedien gar nicht in den Kram. Beim Versuch, den Enthüllungsbericht abzukanzeln, unterlief dem ARD-"Faktenfinder" dabei eine Panne, die an Realsatire erinnerte. Denn man übersetzte eine Passage falsch, um dann gegen diese Fehlübersetzung zu argumentieren.
Faktenchecker faseln von pflanzenförmiger Bombe
Offenbar denkt man beim Staatsfunk schon dermaßen "grün", dass man jede Formulierung auf pflanzenbasierte Elemente reduzieren muss. Bei der Übersetzungspanne geht es konkret um eine Stelle, in welcher Hersh darlegte, dass die USA sogenannte "Hohlladungen" mit Betonverkleidungen platzieren ließen. Oder in der Originalsprache: "...and plant shaped charges on the four pipeplines with concrete covers". Der Faktenfinder übersetzte dies als "pflanzenförmigen Sprengstoff" und befragte in der Folge sogar einen Experten dazu, ohne diesem allerdings den vollen Kontext vorzulegen.
Mit der verwunderlichen, vermeintlichen Beschreibung konfrontiert, konnte dieser freilich gar nicht anders, als die Vorstellung von "pflanzenförmigem Sprengstoff" als "abenteuerlich" zu deklarieren und dies auch noch detailliert fachlich zu begründen und mit einem Kalauer zu garnieren. Der "Faktenfinder" übernahm diese Einschätzung unkritisch glaubte fortan, einer großen Sache auf der Spur zu sein. Genüsslich schlachtete man diese Info über drei Absätze hinweg aus und glaubte somit, Hersh der Falschinformation überführt zu haben.
Einer der kuriosesten #factcheckingfails ever: Beim Versuch Hershs #Nordstream-Story zu widerlegen, scheitert @Tagesschau an Übersetzung von "plant shaped charges" (Hohlladungen anbringen) und beschäftigt sich über drei Absätze mit einem ominösen "Sprengstoff in Pflanzenform". pic.twitter.com/avWLVXmvHe
— Fabian Goldmann (@goldi) February 23, 2023
Darüber hinaus nannte man noch den Umstand, dass nur drei von vier Pipelines gesprengt wurden als vermeintlichen Gegenbeleg - dabei hatte Hersh dies in seinem Text sogar mit einem Blindgänger glaubwürdig dargelegt.
Hier versucht der #Faktenfinder Widerspruch zu konstruieren, wo es keinen gibt. Hersh schrieb selbst, dass Sprengsätze nur drei von vier Pipelines zerstörten. Später im Interview mit TheWire erklärte er, dass es an technischen Problemen gelegen habe. pic.twitter.com/kESirY68hK
— Fabian Goldmann (@goldi) February 24, 2023
Befragter Experte entschuldigt sich für Fauxpas
Nachdem sich die peinliche Panne herauskristallisierte, änderte die Tagesschau ihren "Faktencheck" klammheimlich ab und informierte darüber am Ende des Textes in Form eines kurzen Bearbeitungshinweises. Der befragte Experte hingegen ging viel transparenter damit um. Er erklärte die Art und Weise, wie man ihn mit der durch die Falschübersetzung entstandenen Fehlinfo versorgte - und wie seine entsprechende Einschätzung zustande kam. Er entschuldigte sich vollumfänglich und gab denjenigen, die ihm in der Folge höchst verwunderte Mails schrieben, recht. Er räumte auch ein, dass ihm dies spätestens bei der Kombination der Originalwörter hätte klar werden müssen.
Der von @tagesschau zum vermeintlichen "Sprengstoff in Pflanzenform" interviewte Experte hat sich gemeldet. Anders als der #Faktenfinder zeigt er, wie man vernünftig mit Fehlern umgeht. #Hersh #Nordstream https://t.co/Z27ItirJ83 pic.twitter.com/XAJLd4vRYV
— Fabian Goldmann (@goldi) February 24, 2023
Verließ sich Staatsfunk auf Google-Übersetzung?
So weit, so gut: Aber wie konnte dieser Übersetzungsfehler überhaupt passieren? Denn bei Durchsicht des Originalkontextes hätte klar sein müssen, dass Hersh das Verb "to plant" (platzieren) sowie "shaped charges" (Hohlladungen) verwendete - und nicht etwa von "plant-shaped charges" (Sprengstoff in Pflanzenform) sprach. Jeder ordentliche Übersetzer, der seinen Beruf nicht völlig verfehlt hat, hätte den Fehler erkannt. Auch viele Bürger, die nur ein "angerostetes Schulenglisch" in ihrem Lebenslauf haben, hätten Verb und Substantiv voneinander trennen können.
Also schien klar: Hier wurde maschinell übersetzt. Doch selbst in diesem Fall stellt sich heraus: Mit der gängigen Übersetzungs-Software "DeepL", die übrigens auch in einer kostenlosen Variante verfügbar ist, wäre dies nicht passiert. Diese übersetzt die Stelle nämlich völlig korrekt:
Übrigens, der #KI-Übersetzer @DeepLcom hat kein Problem mit der Passage.
— Key Pousttchi 🇪🇺 (@keypousttchi) February 24, 2023
Und mit ein bißchen militärischem Grundwissen auch sonst niemand. Und ohne das sollte man nicht darüber schreiben - oder es jemandem zeigen, der welches hat. pic.twitter.com/WhhLZC3P1V
Ein Nutzer glaubt, des Rätsels Lösung gefunden zu haben: Die Google-Übersetzung führt anscheinend tatsächlich zu einem solchen Fehler. Offenbar verwenden verdienende Tagesschau-Redakteure "Google Translate" um damit eine veritable Journalisten-Legende irrtümlich anzupatzen.
Aus "...and plant shaped C4 charges" macht die Tagesschau "Sprengstoff in Pflanzenform".
— Fabi. 🫎 (@Samy_t42) February 23, 2023
Oh nein, sie haben mit Google Englisch-Deutsch übersetzt.
Stark @tagesschau Team, echt stark. https://t.co/igbniM41UX pic.twitter.com/Ew7Acb0YkV
Netz spottet über peinlichen Fehler
Entsprechend groß war der Spott der Twitter-Nutzer, welche sich vor allem auch zurecht fragen: Ist das der "qualitativ hochwertige" Journalismus, für dessen Wahrung es angeblich notwendig sei, ständig teurere Zwangsgebühren zu bezahlen?
@tagesschau Es ist schwer, Euch und die Rundfunkgebühren zu verteidigen, wenn ihr solchen Unsinn produziert.
— _PiepMatze (@PiepMatze) February 24, 2023
Bitte verwendet eine vernünftige Übersetzungssoftware, z.B. DeepL. Danke.
Fachkräftemangel. Überall.
— Ringo (@RingoBridge) February 24, 2023
Faktenchecker sind auch nur normale Pisa- und Bolognaopfer ohne Bildung
— donklein (@leitzolympia) February 24, 2023
Grüne Zukunftstechnologien: Veganer Sprengstoff. Unersetzlich für jede Warmsanierung.
— General v. Erdacht (@PedeStande01) February 24, 2023
Das ist so crazy 😂😂😂
— Victorius (@Victorius_DE) February 24, 2023
Liest dort keiner Korrektur oder sind die alle geistig beschränkt. Wahrscheinlich letzteres.
Ich stelle mir gerade die grüne Redaktionsleiterin vor, wie sie sich Sprengstoff in Pflanzenform vorstellt. Demnächst auch in ihrem Bioladen🤦♂️
Herr, lass‘ Hirn regnen.
— Blossom🐀🐀🐀 (@Frau_Al3X) February 24, 2023
Their english ist not the yellow from the egg.
— DerFuzzyAusDemBaumarkt (@AusFuzzy) February 24, 2023
My dear Mister Singing Club.
Ja, die @tagesschau ist "Qualitätsjournalismus" vom allerfeinsten! 😁
— 𝐙𝐮𝐤𝐮𝐧𝐟𝐭𝟑𝟕 - Bernd F. - F wie Freiheit! 🗽 (@zukunft37) February 24, 2023
Kann weg!#GEZabschaffen
Their english ist not the yellow from the egg.
— DerFuzzyAusDemBaumarkt (@AusFuzzy) February 24, 2023
My dear Mister Singing Club.
Es ist einer der schlimmsten Faktenverdreher, und Desinformierer des @ard, insbesondere bei Corona @PascalSigge
— Marco Schläpfer (@MarcoSchlaepfer) February 24, 2023
Genau solche Personen machen "Faktenchecks", Personen, denen ma auf keinen Fall glauben sollte, dass sie die Wahrheit gepachtet haben. pic.twitter.com/YSZ224ZYTu