Aus allen Blickwinkeln beleuchtet

'Der Bär ist los': Neue FREILICH-Ausgabe zeigt, wie Russland wirklich tickt

Medien
Foto: Privat

Im Westen wird viel über Russland und seinen Präsidenten gesprochen, allerdings selten mit der Absicht, zu informieren. Oft wird versucht, ein Feindbild aufzubauen - und bei allzu vielen Leuten verfängt dies, da das osteuropäische Land auch im Morgengrauen einer multipolaren Weltordnung wie eine fremde Welt erscheint. Die neue Ausgabe des "Freilich"-Magazins wirft als Schwerpunkt einen detaillierten Blick auf innen- & geopolitische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektiven des Landes und räumt mit Missverständnissen auf. Mit Bernadette Conrads und Julian Schernthaner sind auch zwei "Der Status"-Redakteure mit eigenen Artikeln im 100 Seiten starken Freilich-Heft No. 26 vertreten.

Immer wieder Putin: Das sind die Gründe

Russland ist ein Land, das in unseren Breitengraden - auch historisch bedingt - oft missverstanden wird. Dies gilt umso mehr in Zeiten, in denen westliche Akteure seinen seit 24 Jahren amtierenden Staatschef Wladimir Putin als "Diktator im Kreml" darstellen. Im Inland hingegen ist der Präsident ebenso alternativlos wie unangefochten. Bernadette Conrads ging daher in ihrer lesenswerte Analyse auf die Sicht der Russen auf ihren Präsidenten und das politische System ein. Denn auch wenn ihm westliche Medien ständig irgendwelche Gebrechen oder eine bevorstehende Entfernung aus dem Amt andichten: Putin ist pumperlgesund und sitzt fest im Sattel. 

Eine Sammlung russischer O-Töne von der Ex-Frontkämpferin in den Volksrepubliken im Donbass über Exilanten & Urlauber im Mittelmeerraum bis hin zur weißrussischen Politologin sollen einen umfangreichen Blick auf die russischen Sichtweisen auf Putin bieten. Bernadette Conrads analysierte zudem sowohl kremlnahe als auch kremlkritische Medienstimmen und wagte einen Ausblick auf die Präsidentschaftswahlen in wenigen Wochen. Alle Umfragen sagen einen weiteren klaren Sieg Putins voraus.

Politische & wirtschaftliche Unantastbarkeit

Die Gründe sind mannigfaltig - und reichen von Siegesgewissheit in der Ukraine bis zur konservativen Grundeinstellung der Russen. Conrads geht in ihrem Text dabei auch darauf ein, wer die Gegenkandidaten sind, was sie ausmacht, und wieso ihre Chancen nicht besonders groß sind. Im noch zu Lebzeiten des im Westen zum Freiheitskämpfer hochstilisierten, umstrittenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny verfassten Beitrag klärt sie zudem über die Überschätzung von dessen Rolle im Westen auf. Zudem verweist sie auf den Umstand, dass viele Russen ihr Land als Gewinner im von westlicher Seite betriebenen Wirtschaftskrieg sehen. 

Der renommierte Politologe  und Experte für Geopolitik, Seyed Alireza Mousavi, analysiert das Scheitern der unzähligen Sanktionspakete und der geopolitischen & geowirtschaftlichen Folgen der Entwicklungen. In welche Richtung sich Russland in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Hinsicht wohl hin entwickeln wird, erörtert der Wirtschaftswissenschaftler und AfD-Politiker Jurij Kofner. Er sieht auf der einen Seite optimistische Ansätze - etwa aufgrund des Ressourcen-Reichtums - aber auch mögliche soziale Risiken, vom demographischen Wandel bis hin zum Dauergezerre zwischen liberalen "Verwestlichern" und etatistischen Nostalgikern um die Hegemonie.

"Weder Europa noch Asien": Russen werfen Blick auf ihre Heimat

Der Russland-Schwerpunkt kann aber noch mit weiteren Spezialitäten aufwarten: Etwa der Beitrag des in Russland geborenen und nunmehr in Deutschland lebenden Journalisten Ilia Ryvkin. Dieser traf in Moskau unter anderem einen rechten Aktivisten und ehemaligen Donezk-Kämpfer. Es ist ein Blick auf das Land aus russisch-patriotischer Perspektive und bietet somit exklusive Einblicke in das Alltagsleben und die Gedankenwelt der Russen in Bezug auf ihre Kultur, ihre Rolle in der Welt, ihre Selbstidentifikation und Eigenständigkeit im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach patriotischer Selbstverständlichkeit und Völkerverständigung. 

In einem Interview erklärt die russische Politikwissenschaftlerin Irina Busygina, wieso ihr Heimatland zur Gänze "weder Europa noch Asien" sei. Sie spricht über die politischen Entwicklungen in Russland, seinen Präsidenten und das Verhältnis zu Europa und China. Beachtlich ist ihr Blick auch, weil sie jahrelang in führender Position in ihrer russischen Heimat forschte, um 2022 dann an die US-Elite-Uni Harvard berufen zu werden und somit die westliche UND die östliche Sichtweise kennt und versteht. Abgerundet wird der Schwerpunkt von der Debatte zwischen AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider (Pro) & Historiker Stefan Scheil (Contra) dazu, ob Russland unser Freund sei. 

Politische Umwälzungen beiderseits des Inns

Aber auch neben dem Schwerpunkt kann das neue Heft mit lesenswerten Analysen aufwarten. So ordnet Der Status-Redakteur Julian Schernthaner etwa ein, warum die SPÖ und das ganze linke Lager in Österreich trotz Aufbruchstimmung auf der Stelle tritt und der FPÖ in der Wählergunst nicht das Wasser reichen kann. Er attestierte dabei eine fehlende Glaubwürdigkeit bei sozialen und außenpolitischen Themen, eine mangelnde Geschlossenheit und drohende Konkurrenz innerhalb des linken Lagers als Grund, wieso die einstige Arbeiterpartei auf verlorenem Posten ist. Die letzte Chance der Babler-Partie sei wohl die Schützenhilfe aus dem polit-medialen Komplex. 

Doch nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland bewegt sich viel in der politischen Landschaft. Der Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser erklärt anhand eines Porträts eines bürgerlichen Hoffnungsträgers, warum der "falsche Konservatismus" im Umfeld der Union zum scheitern verdammt ist. Marvin Neumann zeichnet wiederum in seinem Artikel nach, wie desaströs die Bilanz der Ampel-Regierung zur Halbzeit tatsächlich ist. Marvin Mergard wirft indes einen Blick auf den "Rechtsruck" bei jungen Wählern in ganz Europa: Dass die Jugend am Liebsten "links" wählt, ist nämlich kein Naturgewächs - im Gegenteil. 

Spannender Blick auch auf Gegenkultur

Politik ist nicht alles: Weitere Beiträge beschäftigen sich vor allem mit (gegen-) kulturellen Themen, Phänomenen und Persönlichkeiten. So liefert Konrad Markward Weiß eine spannende Reportage aus Schnellroda, wo sich um den "Antaios"-Verlag, das "Institut für Staatspolitik" und die regelmäßigen Akademien und Sommerfesten für junge Patrioten ein Widerstandsnest gebildet hat. Dabei sprach er auch mit Götz Kubitschek und Ellen Kositza, den beiden maßgeblichen Akteuren vor Ort. Martin Lichtmesz kommentiert in seiner Kolumne auf der letzten Seite des Heftes diesmal den neuen "Napoleon"-Film.

Einen interessanten Blick in eine oft vernachlässigte, aber gerade in der Jugendkultur zentrale Rubrik wirft Bruno Wolters im Beitrag über "Woke Gaming". Er analysiert, wie die Videospielbranche in Richtung politische Korrektheit abdriftet und junge Menschen mit Systempropaganda konfrontiert werden - oft übrigens zulasten des Spielspaßes. Doch der Kulturkampf im digitalen Bereich sei in vollem Gange, zudem seien "woke" Spiele keine Kassenschlager. Als Gegenentwurf stellt er die patriotische Spieleschmiede "Kvltgames" vor, die aktuell mit dem antiglobalistischen Zweitlingswerk "The Great Rebellion", einem kurzweiligen und kniffligen Roguelike-Spiel, für Furore sorgt.

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