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Kinderporno-Skandal: Typische Kulturschickeria-Ausflüchte im Fall Teichtmeister

Kultur
Bild: Manfred Werner - Tsui, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Bereits seit September 2021 waren die Anschuldigungen gegen einen - damals nicht näher genannten - Burgschauspieler wegen des Besitzes von kinderpornographischen Materials bekannt. Doch maßgebliche Institutionen reagierten "typisch österreichisch". Man tat erstmal nichts, denn es werde schon nicht so schlimm sein. Von Transparenz oder Aufarbeitung keine Spur. Auch jetzt übt man sich in den üblichen Betroffenheitsfloskeln, eine Änderung des Systems steht nach wie vor aus.

Florian Teichtmeister war ein gehätschelter Vertreter der österreichischen Kulturszene. Zweimaliger Nestroypreis-Gewinner und auch regelmäßig im ORF zu sehen. Nur zu gern glaubte man ihm daher am Burgtheater in diesem Septembertagen, dass die Anschuldigungen nur eine Intrige seiner Lebensgefährtin seien. Dass zu diesem Zeitpunkt die Polizei bereits eine Hausdurchsuchung durchgeführt hatte  - Teichtmeister kooperierte - und 58.000 kinderpornographische Dateien sowie 100 Gramm Suchtgift sichergestellt hatte, verschweigt der Schauspieler. Vermutlich spielt er, an die Wand gespielt, die Rolle seines Lebens.

Burgtheater wusste von nichts

Und so ging es für ihn im Rampenlicht des Burgtheaters und des ORF vorerst weiter, als wäre nichts gewesen, von Therapiesitzungen einmal abgesehen. Als heuer am 13. Jänner bekannt wurde, dass der Schauspieler wegen des Besitzes pornographischer Darstellungen von Minderjährigen angeklagt wird, es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Von Seiten des Burgtheaters weist man darauf hin, von allem nichts gewusst zu haben.

Burgtheater-Chef Martin Kusej erklärte später in einem Interview im "Standard", Teichtmeister hätte beteuert, dass er der Polizei Computer, Datenträger und Handy freiwillig ausgefolgt hätte. Dies, so die abstruse Logik des Theater-Leiters, würde man nicht tun, wenn man nicht unschuldig sei. Indizien hätte man keine gehabt und aufgrund von unbestätigten Gerüchten als Arbeitgeber auch nicht tätig werden können. Dies sei auch bei Beratungen mit einer Medienanwältin und durch den Rechtsbeistand der Bundestheater - die Bundestheaterholding sei informiert worden - so abgestimmt gewesen.

Arbeitsrecht-Expertin sieht Versäumnisse

Dem widerspricht allerdings die Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Burgtheater erst viel zu spät reagiert hat. Auch für das Argument, dass es keine Indizien gab und die Unschuldsvermutung gilt, hat sie wenig übrig. "Eine Unschuldsvermutung gibt es im Strafrecht, hat aber nichts damit zu tun, wenn ich mich als Arbeitgeber mit einem möglichen Entlassungsgrund auseinandersetze", erklärte sie im Ö1-Mittagsjournal.

Denn das Burgtheater hätte eine Interessensabwägung treffen müssen zwischen der Reputation des Hauses und der Fürsorgepflicht gegenüber der Belegschaft und zudem die Möglichkeiten eines arbeitsrechtlichen Verfahrens wegen einer Entlassung oder Suspendierung prüfen müssen. Für die Arbeitsrechtsexpertin ist klar, was hätte passieren müssen. Denn eine Hausdurchsuchung sei sehr wohl ein Indiz dafür, dass es einen dringenden Tatverdacht gäbe. "Und sobald ich das aus einer Zeitung weiß", so Körber-Risak, "muss ich als Arbeitgeber aktiv werden."

Es geht um viel Geld

Aktiv werden hätte auch der ORF müssen. Doch auch hier waren offenbar andere Gründe maßgebend. Wie "eXXpress" berichtete, rettete das Wegsehen im Teichtmeister-Skandal 5,5 Millionen Euro. Denn die Produktion des Sisi-Films "Corsage", in dem Teichtmeister Kaiser Franz Josef spielt, kostete besagte 5,5 Millionen Euro. Davon kamen 1,457 Millionen Euro vom österreichischen Filminstitut - also Steuergeld. Auch der ORF soll 645.752 Euro Förderung für den Film zugesagt haben. Ein Totalverlust, wären bereits vor dem Filmfestival in München am 23. Juni 2022 - wo Teichtmeister auf dem roten Teppich den Film bewarb - die Vorwürfe bekanntgeworden.

Dass der Film nun auf der Liste im Rennen um den Auslandsoscar steht, macht die Sache nicht besser. Regisseurin Marie Kreutzer erklärte auch, den Film nicht zurückziehen zu wollen. Würde dies doch bedeuten, dass die "schweren Verfehlungen eines Darstellers" die Leistung des gesamten Casts und der Crew zerstören würden. "Es ist für mich der gleiche Film, der es vorher war", so di Regisseurin. Einfacher beim Abputzen macht es sich da der ORF. Er strich kurzerhand alle Produktionen, wo Teichtmeister mitspielt, aus dem Programm streicht. Für den gelernten Beobachter wirkt es allerdings nur mehr wie eine billige Alibi-Aktion.

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Sisi-Film kein Glück beschieden

Doch die Skandale um den Film reißen nicht ab. Zuletzt wurde ein weiterer Fall bekannt, bei dem es um sexuelle Belästigung durch einen Schauspieler gehen soll. Dieser habe durch seine Anwältin ausrichten lassen, dass er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückweise und weiterhin darauf besteht, nicht in der Öffentlichkeit mit Namen genannt zu werden. In der Kultur-Szene würde aber ohnehin jeder die Fälle kennen. Nur offenbar weder handeln noch etwas unternehmen, wie man es erwarten könnte. Aufarbeitung sieht anders aus.

Hilflos wirkt auch die Regierung, die angesichts des Teichtmeister-Falles nach höheren Strafen für Kinderpornographie ruft. So steht die Bundestheater-Holding, zu welcher als Tochterunternehmen auch das Burgtheater gehört, im 100prozentigen Eigentum des Bundes. Dass nun die von den Grünen nominierte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer Prüfungen der Vorgänge einleiten will, kommt etwas spät. Und auch eine Mindeststrafe von fünf Jahren, wie sie nun die Regierung auf den Weg bringen will, ist pure Kosmetik, Versäumnisse werden dadurch - so wie bisher - nicht verhindert werden.

Katastrophale Optik, eher keine Lehren

Denn klar ist schon jetzt, der Umgang mit diesem Skandal zeigt ein derart katastrophales Bild, dass es mit einem Übergang zur Tagesordnung nach einer Aburteilung des geständigen Beschuldigten bei weitem nicht getan ist. Dass sich mit Michael Rami ein Verfassungsrichter für die Verteidigung des prominenten Mandanten hergibt und medial dabei von einem "rein digitalen Delikt" spricht, macht die Optik auch nicht gerade besser. Und vermutlich wird auch der nächste Skandal in "bester" Manier der österreichischen Kultur-Schickeria der Öffentlichkeit jahrelang vorenthalten werden.

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