Mit Menschen reden

Wer ist Schuld: Flüchtlinge oder Fluchtverursacher?

Soziales
Sandor Csudai, flickr, CC-BY SA 2.0

Ob man Menschen, die nach Europa einreisen bzw. fliehen als Belastung oder Bereicherung wahrnimmt, hängt von der jeweiligen politischen Heimat ab. Die Anzahl der Menschen, die letztere Haltung einnehmen, ist aber 2022 spürbar gesunken. Die Aufnahmefähigkeit in Österreich scheint vielen - insbesondere aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Entwicklung - endgültig erreicht. Trotzdem kommen die Menschen nach Österreich.

Ein Gastbeitrag von Andrea Drescher

Zunehmende Kriminalität - ein wahrnehmbares Problem

Durch die Zuwanderung bzw. den Anstieg an Asylwerbern entsteht ein höheres Maß an Ausländerkriminalität, insbesondere in den Ballungsräumen. In Städten wie Linz oder Wien, ist das nicht zu übersehen. Selbst der größte Idealist kann das nicht ignorieren.

Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten - insbesondere jüngere Männer - die nicht arbeiten dürfen oder können, denen das eigene familiäre Umfeld fehlt, denen aber auch finanzielle Möglichkeiten fehlen, sorgen für Unruhe, dort, wo sie sich aufhalten müssen. Lebensumstände und Lebensbedingungen führen zu Aggression. Eskalationen, Messerstechereien, Vergewaltigungen nehmen zu, damit sich bei manchen die aufgestaute Aggression entladen kann. Das soll keine Entschuldigung für Fehlverhalten jedweder Art sein - im Gegenteil. Es ist zunächst einmal einfach nur die Erklärung dessen, was aktuell bei uns passiert.

Diese wahrnehmbare Kriminalität hinterlässt aber berechtigte Spuren in der Bevölkerung. Eine junge Freundin von mir, die in Aschach an der Donau lebt, erzählte mir, dass eine Begegnung mit zwei jungen Männern beim Gassigehen an der Donau seltsame Überlegungen ausgelöst hat. "Muss ich mich jetzt abends beim Gassigehen fürchten?", schoss es ihr durch den Kopf. Sie hatte bis dato keinerlei negative Erfahrungen machen müssen, sie ist alles, nur nicht ausländerfeindlich - sonst wären wir nicht befreundet. Doch sie merkte, dass sie nicht frei von Vorurteilen war, war sich dessen aber auch sofort bewusst. Aber es kommt noch besser. Sie und ihre Eltern wohnen fünf Minuten zu Fuß von einem Asylwerberheim. Als ich erzählte, dass ich beabsichtige, das Haus in Aschach zu besuchen, um einmal mehr mit statt über Flüchtlinge zu reden, kam von den Eltern sofort die Reaktion: "Ach, wir haben Flüchtlinge in Aschach? Davon haben wir noch gar nichts mitbekommen ..." Das zeigt, dass es in Aschach bis dato wohl keinerlei Probleme gegeben hat, trotz des Unbehagens, das nicht zuletzt auch dank medialer Beschallung bei ihr entstanden ist.

Angst hat man meist vor dem, was man nicht kennt. Die Reaktionen von meinen Freunden aber auch aus vielen anderen Gesprächen zeigen mir deutlich, dass viel zu wenig über die Situation der Flüchtlinge bekannt ist. Das ist und war ein Grund, dass ich mit einem kurdischen Freund das Aschacher Flüchtlingsheim besuchen wollte.

Ich möchte Brücken bauen zwischen den Menschen, die in Österreich leben und Menschen, die geflohen sind - aus welchen Gründen auch immer. Und in der angespannten Lage scheint es mir dringend notwendig, das zu tun. Wenn die Zeiten rauer werden, darf es nicht sein, dass Menschen aufeinander losgehen.

Mit Menschen reden

26 Flüchtlinge aus Syrien wohnen im Asylwerberheim in Aschach an der Donau. Das Haus ist einfach, aber sehr sauber. Klar musste ich einen Blick darauf werfen. Mit der Verantwortlichen des Hauses war abgesprochen, dass ich dieses Gespräch zusammen mit Azad führe. Als ich in den Raum komme, warten ca. 12 Männer auf mich. Wie es sich herausstellt, sind die meisten zwischen 25 und 35, der Jüngste gerade mal 21, der Älteste 45 Jahre alt. Die Mehrheit sind arabische Syrer, ein Drittel sind Kurden. Diese ethnische Trennung ist deshalb notwendig, weil Unterdrückung und Verfolgung der Kurden - neben dem Krieg - noch eine weitere Rolle für Flucht spielen.

Auf meine Frage, wer in 2022 direkt aus Syrien gekommen ist, meldeten sich drei. Der Jüngste war gerade mal 1,5 Monate in Österreich. Die beiden anderen hatten es bereits 2022 geschafft. Die Mehrheit war zwischen 2013 und 2015 in die Türkei geflohen, einer war bis zu seinem Marsch nach Europa im Libanon, ein Kurde hatte sich bis dahin im Kurdengebiet des Nord-Iraks aufgehalten.

Für viele hier in Österreich ist es unverständlich, dass die Menschen immer noch Syrien verlassen bzw. nicht dorthin zurückkehren wollen. Der Krieg ist ja - angeblich - vorbei. Was die Medien aber in der Regel nicht verraten, ist der wiederholte Beschuss der von Präsident Assad kontrollierten Gebiete durch Israel, der Krieg der im kurdischen Gebiet durch die Türkei aufrecht erhalten wird, die Besetzung verschiedener Gebiete durch die USA und den Islamischen Staat - die Verbündeten des Werte-Westens gegen die syrische Regierung. Hier von friedlichen Gebieten zu sprechen, ist eine Illusion. Hinzu kommt, dass die drastischen Wirtschaftssanktionen, mit denen der Westen versucht, die syrische Regierung in die Knie zu zwingen, das Land in eine Katastrophe führt. Wichtige Medikamente, z.B. für die Kinderonkologie, fallen unter die Sanktionspolitik, finanzielle Unterstützung der Erdbebenopfer ist dank der Bankenregulierung nicht möglich.

Ledige Männer ohne Fluchtgrund

Kriegs- und Krisengebiete sind kein Ort, an dem man mit Familie leben möchte. Denn im Gegensatz zu der gängigen Behauptung, dass nur ledige, junge Männer zu uns flüchten, sind nur zwei der Befragten ledig, alle anderen sind verheiratet. Von den verheirateten Männern hat nur einer noch keinen eigenen Nachwuchs - mit 21 vielleicht auch nicht so überraschend - und einer ist bereits Opa. Dass alle ihre Familien nachholen wollen, überrascht mich nicht. In Anbetracht der Anzahl an Flüchtlingen und der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklungen ist es aber ebenfalls nachvollziehbar, dass das in den Aufnahmeländern nicht auf große Begeisterung stößt.

Im "Erstaufnahmeland" Türkei hat sich für die meisten die Situation in den letzten Jahren massiv verändert. Während sich die Bevölkerung anfangs sehr offen gegenüber der Flüchtlinge verhielt, verschlechterte sich das in den Jahren 2019 bis 2022 erheblich. Der Druck sei massiv durch die Zeitungen verursacht worden, in denen man gegen die Flüchtlinge gehetzt habe. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in der Türkei in den letzten Jahren hat vermutlich ebenfalls dazu beigetragen, dass viele den - mühsamen und gefährlichen - Weg Richtung Europa eingeschlagen haben.

Die Rückkehr ins syrische Gebiet kam für meine Gesprächspartner aus verschiedenen Gründen nicht in Betracht. Mehrere der jüngeren Männer hatten - einfach ausgedrückt - "keinen Bock auf Militärdienst", der in Syrien in etwa so freiwillig ist, wie aktuell in der Ukraine. Man wird von zuhause mit Gewalt abgeholt, Verweigerung ist nicht möglich. Die anwesenden Kurden verwiesen auf den Beschuss durch die Türkei bzw. die türkische Besetzung. Ein weiterer nannte die Tatsache, dass bereits die ganze Familie Syrien verlassen habe. Ein junger Mann erzählte, dass er Familienangehörige im Irak, in Jordanien, im Libanon und in Marokko habe. Insbesondere kurdische Familien sind oft auf halb Europa verteilt. Für Menschen kurdischer Herkunft ist Migration seit Jahrzehnten bereits die einzige Möglichkeit, frei von Verfolgung leben zu können. Zwei der Anwesenden outeten sich als Gegner der Assad-Regierung, das Haus von einem der beiden in Damaskus war aufgrund seiner politischen Überzeugung beschlagnahmt worden, eine Rückkehr nach Syrien ist undenkbar.

Ob und wann sich die Situation im Land normalisieren wird, ist nicht absehbar, wobei alle Anwesenden deutlich sagten, dass sie ohne den Bürgerkrieg und den anschließenden Krieg das Land nicht verlassen hätten. Dass der sogenannte arabische Frühling, der zu Großdemonstrationen und Bürgerkrieg in Syrien geführt hat, ganz von allein, d.h. ohne finanzielle Unterstützung der westlichen Demokratien, "erblühte", glaubt wohl nur jemand, der ausschließlich „Qualitätsmedien“ konsumiert. Der weiß dann vermutlich auch nicht, dass es sich bei der "syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte", um eine Einmann-Organisation in London handelt. Der heute immer noch herrschende Krieg in Syrien ist - wie einer sagte - kompliziert. Syrien, Türkei, Israel, Iran, Russland, USA, Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Kurden sind involviert. Vermutlich auch Teile der Nato. Ich hoffe, ich habe keinen der Verantwortlichen vergessen. Der Weg zur Normalität ist weit.

Auch wenn mir die Antwort klar war, stellte ich die Frage, warum sich nur Männer allein auf den Weg gemacht hatten. 2015 waren ja deutlich mehr Familien unterwegs, seitdem wurde in vielen Transitländern die Grenzsicherung erheblich verstärkt. Die Reaktionen waren entsprechend meiner Erwartungen. Die Härte der Reise wollten die Männer ihren Familien nicht zumuten. Die Reise hatte die meisten über mehrere Grenzen, von der Türkei über Griechenland, Serbien, Ungarn nach Österreich gebracht. Dabei musste die Grenzüberquerung zu Fuß erfolgen, was zwischen 10 Tagen und 1,5 Monaten in Anspruch genommen hatte. Das bedeutete Übernachtung im Wald oder in den Bergen, das bedeutete gewalttätige Auseinandersetzung mit den Grenzpolizisten, das bedeutete Grenzzäune zu übersteigen. Mit Frauen und Kindern derart gesicherte Grenzen zu überqueren, war den meisten einfach zu gefährlich bzw. nicht möglich. Durch Grenzflüsse zu schwimmen, mit Kindern, die nicht schwimmen können, ist unrealistisch. Die für 10 Reisende ausgelegten Kleinbusse der Schlepper sind teilweise mit 30 Menschen besetzt. Schleppen ist ein Geschäft, an dem auch Westeuropäer gut verdienen. Mit dem Geld, das ein Flüchtling beim Schlepper zahlen muss, lassen sich mehrere Großfamilien aus der Türkei einfliegen.

Warum Österreich?

Die Antworten auf meine Frage nach Österreich als Zielland waren zunächst ebenfalls nicht unerwartet. Viele hatten über Flüchtlinge der früheren Jahre erfahren, dass in Österreich ein gutes, friedliches Leben möglich ist, dass es ein schönes Land ist, das Flüchtlingen eine Chance gibt, die bereit sind zu arbeiten. Einige hatten bereits Familien in Österreich oder Deutschland, zu denen sie wollten. Einem der Männer hatte ein Flüchtling in Serbien gesagt, dass die Menschen in Österreich weniger fremdenfeindlich wären als in Deutschland, dass man schneller zu einem Interview und zu Papieren käme. Ein Kurde, erzählte, dass sein Bruder bereits seit 8 Jahren in Österreich leben würde. Laut dessen Beschreibung lebe es sich als Kurde in Österreich deutlich besser als in der Türkei oder in Syrien. Dass sich diese Situation inzwischen teilweise geändert hat, haben einige bereits schmerzlich erfahren.

Die eigentlich überraschende Antwort war, dass von den Anwesenden eigentlich nur 10 überhaupt nach Österreich wollten, die meisten hatten sich Deutschland als Ziel gesetzt und waren an der Grenze zwangsweise in die österreichische Flüchtlingsmaschinerie geraten.

Während man 2015 die Flüchtlinge teilweise noch per Zug Richtung deutscher Grenze verbracht hatte, war das 2022 nicht mehr der Fall. Jeder, der nach der ungarischen Grenze erwischt wurde, musste seinen Fingerabdruck abgeben und war damit gezwungen in Österreich zu verbleiben. Wer sich weigerte, sich bei uns zu registrieren, dem wurde mit der Rückführung nach Ungarn gedroht. Das erste Land in der EU muss die Menschen aufnehmen, das wurde 2022 strikt eingehalten. Man erzählte mir, dass viele Flüchtlinge ihre Reise aus diesem Grund über Tschechien umgeleitet haben, um ja nicht in Österreich zu stranden.

Wien ist anders

Worüber sich einige meiner Gesprächspartner ein wenig wundern - eigentlich ärgern - ist die Unterschiedlichkeit seitens der österreichischen Behörden. Natürlich tauschen sich die Menschen untereinander aus. Wer gemeinsam die "Tour" nach Europa geschafft hat, bleibt in Kontakt - auch wenn einige in Wien, andere eben in Aschach untergebracht werden.

Ein junger Mann erzählt, dass vier Kollegen von ihm in Wien nicht nur ihr Interview hinter sich hätten, sondern auch schon den Bescheid und eine Zuteilung zu einem offiziellen Deutschkurs bekommen hätten. Er selbst sei bereits 10 Monate in Oberösterreich und warte jetzt - vier Monate nach dem Interview - immer noch auf den Bescheid. Ein anderer hatte nach 11 Monaten Aufenthalt noch nicht mal einen Interview-Termin. Dass eine derartige Vorgehensweise zu Unmut führt, ist nachvollziehbar. Die Situation wird als ungerecht empfunden.

Was sich ebenfalls rumgesprochen hat, ist die Tatsache, dass es in Wien bessere Förderungen für die Asylwerber gibt als in Oberösterreich - insbesondere was die Familienbeihilfe angeht. Aber nicht nur die finanziellen Vorteile machen die Stadt reizvoll. Viele haben Freunde und Bekannte dort und glauben dort bessere Chancen zu haben, Arbeit zu finden. Die meisten der Männer wollen daher nach Wien bzw. wenigstens nach Linz, sobald sie ihren Aufenthaltsbescheid in der Tasche haben.

Dass eine Häufung im städtischen Umfeld - in eigenen Gruppen - nicht besonders zur Integration beiträgt, ist offensichtlich. Der Druck, die Sprache zu lernen, sich ins lokale Leben zu integrieren, sich mit Ansässigen und deren Mentalität auseinanderzusetzen, ist deutlich geringer.

Es kann aber nicht im Sinne Österreichs - bzw. keines Aufnahmelandes sein, dass sich derartige Communitys und damit eigene Welten bilden. Aber es macht den Eindruck, dass man das in Wien will. Anders kann ich mir die finanziellen Vorteile und die schnellere Abwicklung der Verfahren nicht erklären.

Sprachbarrieren abbauen

Ich frage nach der Aufenthaltsdauer der Männer in Österreich bzw. Aschach und stelle fest, sie ist sehr unterschiedlich. Die Zeitdauer in Österreich liegt zwischen 4 und 15 Monaten, in Aschach ist einer gerade erst vor ein paar Tagen angekommen, ein anderer wartet schon seit einem Jahr darauf, sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen zu dürfen.

Kontakt mit Österreichern im Dorf hat keiner - zumindest keinen, der über die ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung hinaus geht. Die freiwilligen Helfer tun ihr Mögliches, unterstützen durch Deutschunterricht und bei der Jobsuche. Einige gehen bereits in Eferding in den Deutschkurs bzw. ins dortige Sprach-Café. Insgesamt ist die Sprachkompetenz aber in meinen Augen erschreckend gering. Und das sage ich auch in aller Deutlichkeit, was mir bei einigen der Anwesenden keine Sympathie bringt. Nachdem ich mir in jedem Land, in dem ich bisher Urlaub gemacht habe, zumindest 100 Worte angeeignet habe, ist das passive Verhalten was den Spracherwerb angeht, für mich nicht nachvollziehbar. Ein Mann sagt ganz offen, dass er nun seit über einem Jahr auf den Bescheid warte und überhaupt nicht motiviert sei, die Sprache zu lernen. Was bringt ihm die Sprache, wenn er ausgewiesen würde?

Die Mehrheit nickt aber zustimmend und etwas betroffen, als ich ziemlich deutlich darauf hinwies, dass ohne Sprache, kaum jemand Arbeit finden und nur sehr schwer ein selbstständiges Leben führen wird. Das bestätigt sich durch die Realität: von den Anwesenden haben nur zwei bis jetzt Arbeit gefunden. Der "Opa" hat - mithilfe seines Bruders - in einer Tischlerei einen Job bekommen. Da er ein erfahrener Tischler ist, hat er Glück: Facharbeiter im Handwerk werden überall händeringend gesucht. Ein junger Mann, hat bereits einen Vertrag bei einem Gastronomie-Betrieb in meinem Dorf. Bei der Suche hat ihn eine der freiwilligen Helferinnen unterstützt. Laut eigenen Aussagen wollen alle arbeiten, scheitern aber ... Überraschung ... an der mangelnden Sprachkompetenz. Von den Asylwerbern ein höheres Maß an Eigenverantwortung abzufordern, wäre in meinen Augen eine wichtige Maßnahme seitens der politisch Verantwortlichen.

Trotz meines etwas scharfen Hinweises auf die mangelnde Eigeninitiative bleibt die Atmosphäre den ganzen Abend sehr entspannt. Wir trinken Chai, andere trinken Kaffee - arabische Gastfreundschaft im Rahmen des Möglichen. Gastfreundschaft, die ich von meinen Reisen kenne, Reisen, bei denen ich der Ausländer bin.

Aber Touristen sind etwas anderes als Flüchtlinge bzw. Migranten. Und die Migration von Süden nach Norden scheint kein Ende zu finden, auch wenn die Lebenssituation in Europa - konkret Deutschland und Österreich - bei weitem nicht mehr dem entspricht, wie Asylwerber sie noch 2015 vorfanden.

Anstieg der Migration - Zufall oder ... ?

Bereits im September 2015 konnte man sehen, dass die - von westlichen Mächten verursachten - Flüchtlingsströme gezielt nach Deutschland und Österreich geleitet wurden. 6,4% aller Tweets mit #RefugeesWelcome + Germany aus Deutschland stammten aus Deutschland. Fast die Hälfte von ihnen stammte aus Großbritannien, den USA und Australien. Der Verdacht lag und liegt nahe, dass das kein Zufall ist. Und genauso sind die heutigen Entwicklungen - die Zahl der Flüchtlinge in Österreich lag 2022 sogar noch höher als 2015 - in meinen Augen kein Zufall.

Dass viele Menschen zu uns kommen, weil die wirtschaftliche Situation aufgrund von Kriegen und Ausbeutung durch Machteliten - insbesondere des Werte-Westens - in den eigenen Ländern unerträglich gemacht wurde, ist für mich mehr als verständlich. Es wird aber ebenfalls kolportiert, dass viele aber auch zu uns nach Österreich kommen, weil sie sich in unserem Sozialsystem ausruhen wollen, weil ihnen enorm viel Geld "nachgeworfen" wird, während "die unsrigen" ständig nur Kürzungen hinnehmen müssen. Die Klimabonus-Debatte für Menschen in beheizten Asylwerberheimen scheint mir geradezu optimal geeignet, den "Sozialneid" auf Flüchtlinge weiter zu schüren. Entspricht das aber wirklich der Realität? So rosig ist das Leben der meisten Ausländer in Österreich wirklich nicht.

Und - die Frage muss erlaubt sein - sind die Flüchtlinge verantwortlich zu machen, dass seitens der Politik derart abstruse Entscheidungen getroffen werden?

Dass mehrfach straffällige, gewalttätige Flüchtlinge sehr schnell auf freien Fuß kommen und nicht abgeschoben werden, ist für viele in Österreich ansässige Menschen nicht nachvollziehbar - auch Migranten, die schon länger hier sind, schütteln darüber häufig den Kopf. Aber auch in Deutschland gibt es ähnlich eigenartige Entwicklungen. So konnte man am 20.2.23 bei Reitschuster.de lesen: Die Ampelkoalition zeigt nur wenig Interesse an der Abschiebung selbst schwerstkrimineller Straftäter und verhindert diese nicht selten sogar durch proaktives Handeln. Auch dort kämpft man mit der Migration, alles Entwicklungen, die ich in ihrem Ausmaß nicht für einen Zufall halte.

Ebenso ist es aber in meinen Augen kein Zufall, dass die Verbrechen der Flüchtlinge sehr viel intensiver medial verbreitet werden, als vergleichbare Verbrechen österreichischer Straftäter. Obwohl die Frauenhäuser seit Jahren überfüllt sind, wurde meiner Wahrnehmung nach nur selten über Vergewaltigungen durch Inländer berichtet. In manchen der verbreiteten Statistiken über Ausländerkriminalität werden auch Straftaten wie Schwarzfahren oder Rangeleien im Flüchtlingsheim gleichermaßen gezählt wie schwere Verbrechen.

Je höher die Zahlen, desto größer die Angst.

Die Angst ist auch dort angekommen, wo sie bis jetzt nicht berechtigt ist. In Aschach bei meiner Freundin, die nicht mitbekommen hat, dass seit über einem Jahr Flüchtlinge um die Ecke leben.

Wenn das alles kein Zufall ist, wenn Menschen gegeneinander ausgespielt werden sollen, ist das Wichtigste, was wir tun können, genau dieses Spiel nicht mit zu spielen.

Mein Eindruck, den ich aber schon vorher hatte und der sich in dem Gespräch wieder bestätigt hat: unter den Flüchtlingen findet man die gleichen Typen wie in jeder anderen Gruppe Menschen. Es gibt (pardon) A...l..er, ganz normale Menschen, sehr Engagierte und Bemühte. Es gibt darunter Menschen, die offen für neue Impulse und Gedanken sind und man findet Menschen, die nur in den ihnen vertrauten Schienen denken. In all diesen Aspekten unterscheiden sich Flüchtlinge bzw. Migranten und Ortsansässige in meiner Wahrnehmung überhaupt nicht.

2010 erschien das Buch "Weapons of Mass Migration: Forced Displacement, Coercion, and Foreign Policy" der US-amerikanischen Politikwissenschaftlerin Kelly Greenhill. Bei Wikipedia erfährt man: Sie beschreibt darin den strategischen, grenzübergreifenden Einsatz von absichtlich erzeugten oder manipulierten Flüchtlingsbewegungen, um in dem betroffenen Staat ohne die Zuhilfenahme von konventionellen militärischen Mitteln politische, soziale und wirtschaftliche Veränderungen zugunsten des anwendenden Staates herbeizuführen. Der Buchtitel wurde als Analogie zu dem Begriff Weapons of Mass Destruction (Massenvernichtungswaffen) gewählt, um die katastrophalen Auswirkungen auf alle Beteiligten, insbesondere aber die betroffenen Migranten, zu verdeutlichen. 

Die Auswirkungen können katastrophal werden - für Migranten und ortsansässige Bevölkerung. Verantwortlich ist aber nicht die Waffe, sondern derjenige, der die Waffe nutzt. Verantwortlich sind die, die Kriege führen, die Länder ausbeuten, die Menschen manipulieren und ihnen eine Welt in Europa vorgaukeln, die es kaum mehr gibt.

Darum gilt es Brücken zu bauen, darum gilt es mit den Betroffenen zu reden - nur so lässt sich die vermeintliche Waffe entschärfen, bevor sie gegen uns gerichtet wird. Und sollte es nicht so sein, sollte es wirklich ein Zufall sein, so hat man als Mensch in der Menschheitsfamilie menschlich gehandelt. Das wäre ja auch nicht weiter tragisch, oder?

Zur Person

Andrea Drescher, Jahrgang 1961, lebt seit Jahren in Oberösterreich. Sie ist Unternehmensberaterin, Informatikerin, Selbstversorgerin, Friedensaktivistin, Schreiberling und Übersetzerin für alternative Medienprojekte sowie seit ihrer Jugend überzeugte Antifaschistin. Autorin von „Wir sind Frieden“, "Selbstversorgerbuch für die Küche von Oma & Co" und "Vor der 'Impfung' waren sie gesund".


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