Migrationskrise

Von wegen sinkende Asyl-Zahlen: Regierung beweihräuchert sich mit Fake-News

Politik
Banner: Rasande Tyskar, CC BY-NC 2.0, Flickr; Statistik: Freepik; Komposition: Der Status

Derzeit geht das schwarze Innenministerium damit hausieren, dass die Zahl der Asylanträge in Österreich rückläufig sei. Was sich auf den ersten Blick so anhört, als wären Maßnahmen der Regierung erfolgreich, ist nichts weiter als Blendwerk. Denn tatsächlich sind die Zahlen im Jänner-Vergleich weiter auf einem Rekordniveau.

Es klingt nach der typischen Beruhigungspille für die Bürger, wenn mehrere Medien berichten: "Die Zahl der Asylanträge in Österreich ist auch heuer weiterhin rückläufig. Im Jänner wurden laut Innenministerium knapp 4.300 Asylanträge gestellt, das sind rund 40 Prozent weniger als im Vormonat Dezember 2022 mit etwa 7.000 Anträgen." Denn die Behauptung, diese wären weiterhin rückläufig, ist schon per se eine Verdrehung der Tatsachen, nachdem 2022 ein Asylrekordjahr war, das alles vorher, auch die Jahre 2015/16 bei Weitem in den Schatten stellte.

Rekordhoch im Jänner

So sind auch die Zahlen für diesen Jänner alles andere als beruhigend. Denn offiziell weist die Statistik des Innenministeriums 4.288 Asylanträge aus. Im Vergleich mit dem Dezember 2022 ist das zwar tatsächlich ein Rückgang. Besieht man sich aber die Daten für die Vorjahresmonate, zeigt sich gleich ein ganz anderes Bild. Denn im Jänner 2022 wurden "nur" 3.349 Asylanträge gestellt, also für den ersten Monat 2023 immer noch ein sattes Plus von 28 Prozent zum relevanten Vergleichsmonat.

Und das ist noch nichts zu den Jahren davor. 2021 waren es 1.587 Asylanträge, 2020 nur 1.538. 2019, während Herbert Kickl Innenminister war, zählte man im Jänner nur 1.048 Anträge. 2018 und 2017 waren es jeweils 1.509 bzw. 2.258. Der Jänner-Rekord stammt zwar weiter aus dem Jahr 2016 mit 5.916 Asylanträgen, doch damals wurde noch ein riesiger Rückstau von 2015 aufgearbeitet. 2015 wurden im ersten Jahresmonat 4.128 Asylanträge gestellt.

Februar weiter rückläufig

Wenn es dann weiter heißt, dass das Innenministerium für den Februar mit einem weiteren Rückgang der Antragszahlen rechnet, ist dies nicht einmal Kaffeesudleserei, sondern eigentlich ein Erfahrungswert. Denn bis auf das Jahr 2021 waren im Februar die Asylzahlen immer noch einmal etwas geringer als im Jänner. Ob sich allerdings die Prophezeiung des Innenministeriums bewahrheitet, dass die Zahlen nochmals um gut 40 Prozent sinken, bleibt abzuwarten. Dies begründet man zwar mit den "intensiven Kontrollen der österreichischen Polizei auch auf ungarischem Staatsgebiet im Rahmen der Operation Fox" und dem Ende der Visa-Freiheit für Tunesier und Inder in Serbien, aber auch die vom damaligen ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz vollmundig verkündete Schließung der Balkanroute erwies sich im Nachgang für wenig nachhaltig.

Sonst alles wie immer

Wenig verändert hat sich allerdings bei den restlichen Zahlen. 82,6 Prozent der Asylwerber waren Männer, 17,4 Prozent Frauen - und dem BMI war es zudem wichtig festzustellen, dass  "0 Asylanträge ohne geschlechterspezifische Angabe" registriert wurden. Außerdem waren 95 Prozent Erstantragsteller, wobei die stärksten Herkunftsländer wieder Marokko, Syrien, Afghanistan und Indien waren. Für den Generalsekretär der Volkspartei, Christian Stocker, allerdings ein Grund, zu Jubelmeldungen auszureiten.

Dabei versucht er den schwarzen Peter ausgerechnet einem zuzuschieben, der im Innenressort in der Asylfrage offenkundig bessere Arbeit leistete: "Während Kickl durchs Land fährt und radikale Parolen schreit, arbeitet die Volkspartei daran, die Asylzahlen tatsächlich zu reduzieren", versucht der ÖVPler in einer Aussendung die gewöhnlich witterungsbedingten Rückgänge der Asylzahlen seinem Bundeskanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner als Verdienst anzuheften.

Denn diese hätten - so das schwarze Narrativ - nicht nur Druck auf die EU ausgeübt, sondern auch Kooperationen mit anderen Ländern gegen illegale Migration auf den Weg gebracht. Bleibt für die Österreicher zu hoffen, dass dieser Erfolg nicht dahinschmilzt wie der Schnee in der Frühlingssonne. Denn erfahrungsgemäß steigen mit den wärmeren Temperaturen auch wieder die Flüchtlingsboote und -karawanen, die sich auf den Weg machen. 

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