Haben so viel gemeinsam

Nehammer bei Erdogan: US- & Israel-Kritik und EU-Beitritt

Politik
Bild: BKA/ Dragan Tatic

Wäre er mal besser zuhause geblieben: Der Besuch Nehammers beim türkischen Premier Erdogan war an Peinlichkeiten kaum zu überbieten. Während Erdogan trotz NATO-Mitgliedschaft scharfe Kritik an Israel und den USA übte und einen Palästinenserstaat forderte, fiel dem Kanzler des neutralen Österreichs nichts besseres als die üblichen Floskeln ein, dass man den Terror verurteile und bedingungslos hinter Israel stehe. Ach ja, türkische E-Autos findet Nehammer auch ganz super...

McKanzler wieder auf Reisen

Nach unzähligen Kuschelrunden mit den Klitschkos und Selenski und seinem Treffen mit Putin 2022, für welches sich ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer medial feiern ließ, hätte er dem Kreml-Despoten doch in einem Männergespräch "direkt und hart" so richtig die Meinung gegeigt, war er nun, kurz nachdem der Nahost-Konflikt wieder richtig eskalierte, in der Türkei bei Erdogan zu besuch.

Auch dort will Nehammer klare und deutliche Worte gefunden haben. Man fahre "keinen Kuschelkurs" mit der Türkei wurde vorab bezüglich der Delegationsreise, bei der neben dem Kanzler auch Innenminister Gerhard Karner, Wirtschaftsminister Martin Kocher (beide ebenfalls ÖVP) und eine Wirtschaftsdelegation mit von der Partie waren, verkündet.

US-Flugzeugträger für Massaker an Palästinensern?

Doch Nehammer scheint bei der Reise alles andere als eine gut Figur gemacht zu haben. Während der türkische Präsident Erdogan bei der gemeinsamen Pressekonferenz seine Agenda fährt, steht der österreichische Kanzler eher benommen daneben.

Denn für den türkischen Machthaber ist klar, als Staatschef eines islamischen Landes, welches auch eine Führungsrolle unter den islamischen Staaten beansprucht, muss er seine Klientel bedienen. Und dies tut er auch. So fragt Erdogan, wieso die USA einen Flugzeugträger in die Region entsenden würden? Und gibt die Antwort selbst: Mit deren Hilfe würden womöglich Massaker an den Palästinensern verübt werden.

Auch zuvor hatte der türkische Premier seine Solidarität mit dem palästinensischen Schwestern und Brüdern zum Ausdruck gebracht: "Die palästinensische Frage ist die Wurzel aller Probleme in unserer Region. Solange diese Frage nicht auf gerechte Weise gelöst wird, wird es in unserer Region keinen Frieden geben."

Der Kanzler, abgekanzelt wie ein Schulbub

Er forderte daher auch auf der Pressekonferenz mit Nehammer eine diplomatische Lösung. Seiner Meinung sei ein palästinensischer Staat mit der Hauptstadt Ostjerusalem eine der Bedingungen, ohne die es einen "fairen Frieden" nicht geben würde. Sonst sei die Gefahr groß, dass sich der Konflikt weiterausweite. "Wir rufen alle Seiten auf, hierbei Verantwortung zu übernehmen", erklärte Erdogan weiter, der betonte, dass er gegen ein Ende der Hilfsgelder für Gaza sei. Und auch an Kritik an Israel sparte er nicht. So prangerte Erdogan Menschrechtsverletzungen durch Israel an.

Konkret kritisierte er, dass das Land die Krisenregion nicht mehr mit Wasser und Energie versorgt. "Wo sind die Menschenrechte?", fragte er. Zudem erklärte Erdogan dem österreichischen Kanzler, dem nichts weiter einfiel, außer zu entgegnen, dass Österreich den Terroranschlag der Hamas verurteile und wie ein abgekanzelter Schulbub wirkte, dass man auch historische Zusammenhänge erkennen müsse und sparte nicht mit weiterer Kritik an den USA. Außenpolitische Schwergewichte, die "keinen Kuschelkurs" fahren, wirken definitiv anders, als der österreichische Kanzlerdarsteller, auch wenn heimische Medien stolz verkünden: "Nehammer widerspricht Erdogan auf offener Bühne".

EU-Beitritt und Nehammers Freude über E-Autos

Aber auch beim Thema EU machte Nehammer keine besonders gute Figur. Während Erdogan lang und breit erklärte, wieso es ein vereintes Europa nur mit der Türkei geben könne, war Nehammers Erwiderung, dass er dies nicht für eine "geeignete Zukunftsvariante der Türkei" halte. Stattdessen redete er einer engeren Zusammenarbeit und mehr Flexibilität der EU bei gemeinsamen Projekten und auch bei Finanzierungen das Wort. Und auch die Wirtschaftsbeziehungen sollten weiter vertieft werden.

Das Potenzial sei hier "beeindruckend", so Nehammer, für den die Türkei für Fortschritt und Innovation steht. "Ich war sehr überrascht von der Kreativität der Industrie in der Türkei und wie weit sie in der Forschung gekommen ist. Elektroautos werden jetzt produziert, es ist eine wirklich innovative, zukunftsweisende Technologie, und das verbindet uns", sang der Kanzler sogar das grüne Klima-Hohelied.

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