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Zweck heiligt nicht die Mittel

Weil's 'die Richtigen' traf: Irrer Jubel über israelischen Staatsterror im Libanon

Meinung
Symbolbilder (2): Freepik; Pager: Thiemo Schuff, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0; Komposition: Der Status.

Fast 3.000 Libanesen liegen im Krankenhaus, nachdem mutmaßlich im Mossad-Auftrag manipulierte Pager explodierten. Was andernorts als Terrorakt gelten würde, wird im Westen mitunter als "Schlag gegen die Hisbollah" beklatscht. In Wahrheit heiligt aber auch im ominösen "globalen Kampf gegen den Terror" der Zweck nicht die Mittel, zumal die massive Migrationswelle, die eine weitere Eskalation in Nahost mit sich brächte, gerade Europa träfe.

Fakt: Es gibt keinen "guten Terror"

Eines vorweg: Mein Mitgefühl mit Terroristen aller Schattierungen ist enden wollend. Gerade für jene, die im Namen Allahs morden. Unabhängig davon, ob sie nun als "Flüchtlinge" getarnt ein Blutbad in europäischen Städten anrichten oder als Milizen im philippinischen Urwald christliche Statuen niederreißen. Oder ob sie wie im Fall des IS letztlich vom Westen oder im Fall der Hamas durch Fehleinschätzungen des offiziellen Israel durch selbiges hochgezogen wurden, ehe die Realität aus Goethes "Zauberlehrling" zuschlug. Die Hisbollah wiederum ist die gewählte Regierung ihres Landes, die aber seit 40 Jahren politische Gewalt und Terror als legitimes Mittel ansieht und einsetzt.

Aber nichts von alledem rechtfertigt die Bekämpfung von Feuer mit Feuer. Menschen in die Luft zu sprengen und dabei zivile Kollateralschäden in Kauf zu nehmen, wird nicht zum Gebot der Stunde, wenn es im Namen der "guten Sache" geschieht. Oder im Namen westlicher Staaten geschieht, auch wenn bestimmte Kriegstreiber weiter auch den "Nord Stream"-Anschlag bejubeln. Und gerade ein Land, das sich als "einzige Demokratie im Nahen Osten" betrachtet, sollte bei seinem "Selbstverteidigungsrecht" beachten, dass es stets der gelindesten tauglichen Mittel bedarf, um zivile Opfer so weit als möglich zu vermeiden.

NSA-Aufdecker Edward Snowden erinnert, dass die Vorgehensweise "von Terror nicht mehr zu unterscheiden" sei:

Der moralische Kompass ist verrutscht

Doch in einer Welt von "Gut und Böse" ist dieser Kompass längst verrutscht. So verteidigte sogar Alexander Schallenberg, der Außenminister des formell neutralen Österreich, brutale Vergeltungsschläge im Gazastreifen damit, dass Israel angeblich anrufe, bevor es eine Bombe abwirft. Im Libanon tat man nicht einmal das, man nutzte Pager für den konzertierten Anschlag. Laut dem "TKP Blog" erklären israelische Armeekreise, dass der Geheimdienst Mossad diese in Europa mit Sprengstoff präparieren ließ und dann die Batterien über eine Sicherheitslücke überhitzen ließ. Die Geräte explodierten, wo sich deren Träger gerade befanden - sei's im Auto oder mit ihren Kindern am Markt.

In der Vergangenheit schockierten solche Taten selbst, wenn westliche Mächte dafür verantwortlich zeigten. Zurecht waren wir entsetzt, als Assange aufdeckte, mit welcher Mordlust die USA in Afghanistan und im Irak vorgingen. Als für Albright hunderttausende tote irakische Kinder "den Preis wert" waren, mussten wir schlucken. Doch nun bejubeln sogar liberalkonservative Akteure die Tat: "Bumm Bumm statt Piep Piep Piep" titelt NiUS. Der dortige Chefredakteur Julian Reichelt reißt auf X geschmacklose Kalauer. Seine Kolumnistin Birgit Kelle meint: "Die Kreativität und Präzision, mit der Israel und der Mossad ihre Feinde bei der Hezbollah im Libanon bekämpfen, ist beeindruckend."

Negative Folgen treffen wieder Europa

Mit "Präzision" hatte das wenig zu tun, man hatte offenbar kein Problem damit, dass auch Unschuldige in Mitleidenschaft gezogen werden. Es ist letzten Endes staatlicher Terror, egal ob es "die Richtigen" trifft. Ausgeübt nicht von sogenannten "Schurkenstaaten" wie Russland, China, Nordkorea oder dem Iran, sondern von Israel. Und doch bleibt der große Aufschrei aus. Der sich breitmachende Jubel oder die Schadenfreude ist allerdings fehl am Platz. Denn die Zeche wird am Ende wieder einmal Europa zahlen. Etwa, wenn demnächst wieder einmal ein "Solidaritätsanschlag" durch einen radikalisierten Moslem in einer europäischen Stadt geschieht.

Oder wenn der nächste Schauplatz im Nahost-Konflikt so weit eskaliert, dass sich hunderttausende Migranten auf den Weg nach Europa machen. Man fragte sie nie nach dem "ISIS-Mitgliedsausweis" oder "Hamas-Vereinsausweis". Ebensowenig wird man prüfen, ob ein "Papiere-Verlierer", der sich nun als verfolgter libanesischer Christ ausgibt, in Wahrheit ein flüchtiger Hisbollah-Kämpfer ist, der hierzulande auf "Rache" sinnt. Weder Syrer, noch Afghanen noch Palästinenser werden in ernstzunehmender Größenordnung abgeschoben, sondern im Zweifel so lange geduldet, bis manche von ihnen in der deutschen Fußgängerzone das Messer zücken. Cui bono?

Der kritische Anwalt Markus Haintz kritisiert einen Kollegen und bekannten Medienanwalt für dessen Jubel:

Anschläge über Elektrogeräte als Dammbruch

Ein weiterer Aspekt sollte nachdenklich machen: Wenn man heute Pager, die mangels Internetverbindung als sicher gelten, präparieren kann, dann gilt dies auch für andere batteriebetriebene Elektrogeräte. Nahezu jeder trägt ein Smartphone in der Tasche. Was, wenn ein westlicher Geheimdienst auf die Idee kommt, zum "Schutz der Demokratie" die Handy-Akkus von Leuten überhitzen zu lassen, die eine "falsche" Meinung äußerten? Könnte man E-Autos, die zumindest in den USA bald extern jederzeit abschaltbar sein müssen, wegen falschen Fahrverhaltens abbrennen lassen? Das "Smart Home" von Dissidenten manipulieren und es wie einen Wohnungsbrand aussehen lassen?

Der Pager-Anschlag führt vor Augen, dass jede Sicherheitslücke im Zweifelsfall dazu taugt, um mittels alltäglicher Gegenstände zu terrorisieren und destabilisieren. Ob nun durch "Feindstaaten", durch vermeintliche "Verbündete", durch kriminelle Einzeltäter oder ungewählte Eliten befohlen. Aktuell klingt eine Häufung solcher Methoden illusorisch. Aber der heiße Kampf zwischen Israel und Hisbollah ist der nächste Schritt in Richtung eines Werte-Westens in Richtung eines Krieges mit dem Iran. Dort lancierten die USA & Israel schon 2010 einen Cyberangriff auf Zentrifugen zur Urananreicherung. Der vierte Weltkrieg wird dann wohl mit Stöcken & Steinen ausgefochten.

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