"Get woke, go broke"

Nach Kanye-Rauswurf: Mega-Verlust für Adidas, Aktie stürzt ab

Wirtschaft
Adidas-Laden: Domust Jellifrea, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0; Kanye: Cosmopolitan UK, Wikimedia Commons, CC BY 3.0; Crash: Freepik; Komposition: Der Status

Es war eine langjährige Werbepartnerschaft, die beide Seiten beflügelte: Auch durch den Adidas-Vertrag wurde der US-Rapper Kanye West, der sich mittlerweile "Ye" nennt, zum Milliardär. Umgekehrt profitierte auch der Sportartikel-Konzern vom hohen Werbewert seines bekanntesten Gesichtes. Nach der öffentlichen Aufregung über einige Aussagen des Musikers gab das Unternehmen im Herbst den Rufen des wütenden Cancel-Culture-Mobs nach und trennte sich von seinem Werbeträger. Diese Entscheidung büßt Adidas nun mit einem riesigen Einbruch seines Markenwertes.

Vom Dissidenten zum Geächteten

Ob als Musiker, Produzent oder politischer Akteur: Kanye West ist nicht unbedingt bekannt dafür, sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Bei öffentlichen Auftritten hinterfragte er seit Jahren gängige Narrative. Vor etwa fünf Jahren wurde er dann für viele konservative Amerikaner zur Identifikationsfigur, als er scharfe Kritik an Hillary Clinton übte und sich hinter den späteren republikanischen Präsidenten Donald Trump stellte. Gerade, weil weite Teile des Kulturbetriebs eher den linksliberalen Demokraten das Wort reden und schwarze Bürger diese darüber hinaus mit großer Mehrheit wählen, empfanden es viele als mutig, dass ausgerechnet ein schwarzer Rapper aus dem Einheitsbrei ausscherte. 

West machte daraus nie einen Hehl, trat häufig mit einer roten "Make America Great Again"-Mütze in Erscheinung. Seine unbotmäßige Positionierung versetzte den "woken" polit-medialen Betrieb in Rage, was Anfang Oktober des Vorjahres einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Die Öffentlichkeit schäumte, als West und die ebenfalls schwarze, konservative Aktivistin Candace Owens bei der Pariser Modewoche mit einem T-Shirt auftraten, auf dem die Losung stand "White Lives Matter". Während der umgekehrte Slogan "Black Lives Matter" hochgejubelt wurde, unterstellte man ihm absurderweise, sich für "weiße Vorherrschaft" einzusetzen. Adidas bekundete erstmals, die Geschäftsbeziehung "prüfen" zu lassen. 

Nach Druck feuerte Adidas lukrativen Partner

Wohl um den wechselseitigen Nutzen des Vertrags wissend, zögerte der Sportartikel-Hersteller allerdings vorerst mit der Beendigung des Vertrages. Das änderte sich, nachdem die Jagdgesellschaft weitere umstrittene Aussagen des Rappers ausgrub. Zum Reibebaum wurden Äußerungen, in denen er eine angebliche große Macht von Menschen mosaischen Glaubens - insbesondere im Medienbereich - postulierte, welche ihm nach seiner Geltung trachten würden. Selbst im viel auf Meinungsfreiheit pochenden Amerika gilt der Antisemitismus-Vorwurf für öffentliche Personen quasi als "Todesurteil". Wer ihm zuvor noch die Stange gehalten hatte, wandte sich nun ab. 

Zuerst sperrten mehrere soziale Medien seine Konten, es folgte eine Kontokündigung bei der Bank "JPMorgan Chase". Mehrere Modelabels kündigten ihren Werbevertrag mit West auf. Letztlich gab auch Adidas nach und verkündete am 25. Oktober das sofortige Ende des Werbevertrages, der auch dem Sportartikel-Hersteller einen Milliardenumsatz beschert hatte. Begründet wurde dies damit, dass seine Ansagen "inakzeptabel, hasserfüllt und gefährlich" seien. Durch die Distanzierung wollte sich die Firma wohl ihren öffentlichen Ruf bewahren - machte diese Rechnung allerdings offenbar nicht aus einem wirtschaftlichen Standpunkt. 

Milliardenverlust und Aktien-Absturz

Denn gerade einmal dreieinhalb Monate später steht Adidas vor dem Scherbenhaufen - ein Phänomen, das die konservative Internet-Kultur gerne als "Get Woke, go broke" bezeichnet (Tu' auf "woke", werde bankrott). Wie die "Bild" berichtet, ließ die Trennung von Kanye West den Konzern tief in die roten Zahlen rutschen. Für das aktuelle Geschäftsjahr 2023 wird sogar mit einem rekordverdächtigen Verlust von bis zu 700 Mio. Euro kalkuliert. Selbst im besten Fall hält man nur eine "schwarze Null". Besonders der verhängte Verkauf-Stopp des West-Labels "Yeezy" macht Adidas schwer zu schaffen. Denn auf diese Produkte konnte man hohe Margen verlangen.

Wegen des Werbewerts des Rappers gingen sie trotzdem weg wie die warmen Semmeln. Die Kunden hatten kein Problem damit, für Schuhe und Bekleidung dieser Linie zwischen 200 und 700 Euro hinzublättern. Schon im Weihnachtsgeschäft kostete die Trennung von West den Konzern so eine Viertelmilliarde Euro, für dieses Jahr wird es wohl eine weitere halbe Milliarde sein. Macht also zwischen 1,2-1,45 Mrd. Euro an Umsatz, welche Adidas nun entgehen. Es ist nur die Spitze des Eisberges: Denn nun reagiert auch die Börse, im Späthandel stürzte die Adidas-Aktie nun um 9,5 Prozent auf nur mehr 140 Euro ab. Insgesamt ist sie an der Börse nun um fast 100 Euro weniger Wert als vor einem Jahr.

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