Gipfel in München als Bindeglied

MSC 2014: Als der Westen den Maidan-Umsturz in der Ukraine vorbereitete

Welt
Foto: Marc Müller, Wikimedia Commons, CC BY 3.0 DE (zugeschnitten)

Eines der zentralen Themen der "Münchener Sicherheitskonferenz" (MSC) ist in diesem Jahr der Ukrainekrieg. Was wenige Wissen: Eine der Wurzeln des aktuellen Konflikts reicht bis ins Jahr 2014 zurück. Damals trafen sich hochrangige US-Politiker beim Gipfel in München nur wenige Wochen vor dem Maidan-Umsturz mit Akteuren, die sich nach dem "Regime-Wechsel" im Sinne des Westens plötzlich an der Spitze des ukrainischen Staates wiederfanden. Es gibt viele Indizien, dass die US-Spitze dabei kräftig "nachhalf".

MSC 2014: Treffen mit Maidan-Umstürzlern

Der eigentliche Kipppunkt der Protest auf dem Maidan-Platz in Kiew fand zwischen dem 18. und 21. Februar 2014 statt. Plötzlich fielen Schüsse, Demonstranten und Polizisten machten einander dafür verantwortlich. Obwohl sich später herausstellen sollte, dass dieselben Projektile in den Leichen beider Seiten gefunden wurden, war die Eskalation nun perfekt. Der für eine neutrale Ukraine eintretende, rechtmäßig gewählte Präsident Wiktor Janukowitsch musste außer Landes fliehen. Die Version, wonach die Regierung auf das eigene Volk geschossen habe, verbreitete im Westen damals zuerst der heutige Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko in der "Transatlantiker"-Bild. 

Nur wenige Tage später erzählte der estnische Außenminister Urmas Paet der hohen EU-Funktionärin Catherina Ashton: "„Wir kommen immer mehr zu der Erkenntnis, dass hinter den Scharfschützen auf dem Maidan nicht Wiktor Janukowitsch, sondern jemand aus der neuen Koalition steht." Die neue Koalition: Das war die Riege um den Folge-Präsidenten Petro Poroschenko, den Folge-Premier Arsenij Jazenjuk und den seither amtierenden Hauptstadt-Stadtchef Klitschko. Genau dieses Trio reiste nur drei Wochen vor der Eskalation auf dem Maidan zur Münchener Sicherheitskonferenz (MSC) und schüttelte dort die Hände des damaligen US-Außenministers John Kerry.

Maidan zwischen MSC, Soros und NATO

Das damalige Tauziehen um die Vorherrschaft in der Ukraine war eines der beherrschenden Themen des 50. MSC-Jubiläums vom 31. Jänner bis 2. Februar 2014 gewesen. Kerry hatte sich hinter die Aufständischen gestellt, während der russische Außenminister Lawrow dem Westen vorwarf, dadurch die Destabilisierung zu beschleunigen. Während Janukowitschs Außenminister Leonid Koschara darauf pochte, dass man die Ukraine nicht vor die Wahl "Europa oder Russland" stellen dürfe, beschwor der damalige NATO-Generalsekretär Andreas Fogh Rasmussen, dass Russland die "freie Bündniswahl der Ukraine" behindere. Auf einen grünen Zweig waren diese Positionen nicht zu bringen.

Drei Wochen später war das nicht mehr nötig, die normative Kraft des Faktischen hatte eine westfreundliche Koalition ins Amt gebracht. Kritische Beobachter merkten schon vor Jahren an, dass die ersten Schüsse aus einem Hotel kamen, in dem westliche Journalisten untergebracht waren. Die Ex-Sozialdemokratin und Ukraine-Kennerin Ina Kirsch meinte dazu: "Es muss jemand gewesen sein, der ein klares Interesse an einer Eskalation hatte. Also nicht Janukowitsch, der sich ja nicht selbst stürzen wollte." Sie brachte einen alten Bekannten ins Spiel: "Es gibt allerdings Leute wie den US-Milliardär George Soros, die Revolutionen finanzieren. Soros hat auch den Maidan unterstützt, hat dort Leute bezahlt."

CIA-Analyst: "Vom Westen gesponserter Putsch"

Die Frage nach den Verantwortlichen des Maidan-Massakers blieb ungeklärt. Im Jahr 2017 sorgte eine italienische Doku für Aufsehen: Dort behauptete ein georgischer General, dass Scharfschützen seines Landes angeheuert wurden, um durch Schüsse auf beide Seiten eine Eskalation herbeizuführen. Er gab zu Protokoll, dass auch ein US-Militär bei den Einsatz-Besprechungen anwesend war. Drahtzieher wäre der spätere Präsident Petro Poroschenko - Washingtons Mann für die Ukraine. Der wiederum besuchte wenige Monate später die USA und forderte militärische Unterstützung. Er räsonierte: "Es ist auch Amerikas Krieg."

Dass die USA bereits hinter dem "Regimewechsel" standen, wurde seitdem immer wieder ins Spiel gebracht. So kam der langjährige CIA-Analyst Ray McGovern zum Schluss: "Es war ein vom Westen gesponserter Putsch, es gibt kaum Zweifel daran." Auch die Rolle der für die US-Außenpolitik in Europa zuständige Staatssekretärin Victoria Nuland bot eine schiefe Optik. Im Dezember 2013 sprach sie von 5 Mrd. US-Dollar, welche die Obama-Biden-Regierung in die Ukraine investieren würde. Auch für einen Wechsel an der Spitze des Landes? Fakt ist jedenfalls: Schon in den Nullerjahren betrieben die USA erfolglos einen Versuch, die Ukraine in die NATO zu holen. Janukowitsch kehrte von diesem Kurs ab.

Nuland-Telefonat gab tiefe Einblicke

Zwischen dem Auftritt von Klitschko, Poroschenko & Jazenjuk auf der MSC 2014 und dem Umsturz passierte noch etwas: Ein Leak eines Telefongesprächs zwischen Nuland und dem damaligen US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, gelangte an die Öffentlichkeit. Darin berieten die beiden offen, welche Personen nach dem Regimewechsel in der neuen Regierung vertreten sein sollten. Während sie überein kamen, dass Jazenjuk eine wichtige Rolle spielen sollte, sagte Nuland über Klitschko, der als Vize-Premier im Gespräch war: "Ich glaube nicht, dass 'Klitsch' Teil der Regierung sein soll. Ich glaube das ist nicht nötig, ich halte das für keine gute Idee."

Tatsächlich kam es so: Klitschko wurde kein Teil der neuen Regierung, sondern Bürgermeister in Kiew. Unsicher waren sie auch über die Rolle von Oleg Tjagnibok, der Anführer der nationalistischen Partei "Swoboda", mit dem sich der US-Senator John McCain noch im Dezember 2013 zu Gesprächen getroffen hatte. Nuland meinte: "Ich glaube Jaz ist der Mann, der die wirtschaftliche und regierungstechnische Erfahrung mitbringt. Leute wie 'Klitsch' und Tjagnibok braucht er eher im äußeren Zirkel." Was die europäischen Partner von den US-Schachspielen in der Ukraine halten war Nuland übrigens ziemlich egal: "Fuck the EU."

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