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Angst um Job und Flucht nach vorn?

Manifest für Meinungsvielfalt: Staatsfunk-Mitarbeiter kritisieren eigene Berichterstattung

Medien
Bild: Mysid, Public Domain

In Deutschland wird die Debatte über den ÖRR immer lauter. Nicht nur einzelne Bundesländer wollen die geplante Gebührenerhöhung nicht mittragen und verlangen Reformen, ein Ende der Privilegien und ein Sparprogramm. Nun melden sich in einem Manifest auch Mitarbeiter des Staatsfunks zu Wort. Sie kritisieren mangelnde Pressefreiheit und Ausgewogenheit des Programms. Es wirkt aber auch, mit der Forderung nach einem "neuen unabhängigen Staatsfunk", wie der erbärmliche Versuch einer Rechtfertigung, um den eigenen Job zu retten.

Staatsfunk-Insider haben Schnauze voll

Wie in Österreich, wo derzeit über die üppigen Gagen einiger ORF-Chefs und Redakteure diskutiert wird, kommt auch in Deutschland der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht aus den "Medien". Zuletzt ergab eine Umfrage, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen von 73 Prozent für eine grundlegende Reform und eine deutliche Verschlankung des Staatsfunkes wäre.

Ob dies den Ausschlag gab, seinen Arbeitsplatz nicht zu verlieren und sich eventuell abseits der geschützten Werkstätte am Markt beweisen zu müssen, oder ob es unabhängig von der immer deutlicher werdenden Kritik an den Staatssendern geschah -  ein Teil der Mitarbeiter ergreift nun scheinbar die Flucht nach vorn. In einem Manifest machen sie ihrem Ärger über die Arbeitsbedingungen Luft.

Harte Kritik an eigener Berichterstattung

In dem von rund 100 Erstunterzeichnern getragenen Manifest, zu denen unter anderem aktive und ehemalige Redakteure, Kameramänner und Regisseure gehören, kommt das zum Vorschein, was bereits seit langem an Kritik an dem Zwangsgebührenstadl immer wieder vorgebracht wird.

So heißt es unter anderem gleich zu Beginn überdeutlich: "Seit geraumer Zeit verzeichnen wir eine Eingrenzung des Debattenraums anstelle einer Erweiterung der Perspektive. Wir vermissen den Fokus auf unsere Kernaufgabe: Bürgern multiperspektivische Informationen anzubieten. Stattdessen verschwimmen Meinungsmache und Berichterstattung zusehends auf eine Art und Weise, die den Prinzipien eines seriösen Journalismus widerspricht."

Und auch sonst kritisiert man, dass kaum Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen stattfinden würden oder auch, dass ein medial behaupteter Konsens kaum hinterfragt würde. Stattdessen bediene man sich "man sich ... verschiedener 'Kampfbegriffe' wie 'Querdenker', 'Schwurbler', 'Klima-Leugner', 'Putin-Versteher', 'Gesinnungspazifist' und anderen, mit denen versucht wird, Minderheiten mit abweichender Meinung zu diffamieren und mundtot zu machen."

Unseriöse "Faktenchecker"

Aber auch mit den "Faktencheckern" aus den eigenen Reihen geht man hart ins Gericht. So schreibt man im Manifest: "Das sorgfältige Überprüfen zweifelhafter Meldungen ist wichtig. Allerdings suggerieren sogenannte Faktenchecks oft durch ihre Machart, Überschrift und Formulierungen eine vermeintlich absolute Wahrheit, die selten existiert. Der freie gesellschaftliche Diskurs wird dadurch schmerzhaft beschnitten."

Zudem attestiert man dem Staatsfunk weiter, dass die Arbeitsbedingungen dazu führen, dass die Mitarbeiter "journalistisch-ethischen Standards nicht mehr genügen können". Dazu gehören Zeitdruck, Sparmaßnahmen, "eine überwiegend an Einschaltquoten orientierte Programmgestaltung" sowie eine Vielzahl von Zeitverträgen ohne feste Anstellung, die zu Existenzängsten führen würden und einen "angepassten" Journalismus begünstigen würden.

Statements der Mitarbeiter

Dazu gibt es auch im Zuge des Manifestes Berichte von Mitarbeitern, die die vielen Punkte untermauern sollen und auch zeigen, dass die jahrelange Kritik an der Berichterstattung keineswegs aus der Luft gegriffen oder irgendwelchen angeblichen "Schwurblerhirnen" entsprungen ist.

So berichtet ein anonymer ARD-Mitarbeiter: "Meine Beobachtung: In unserer Redaktion wird bei Sitzungen nicht darüber geredet, wie wir die Menschen mit unserem Programm möglichst vielfältig informieren und verschiedene Ansichten präsentieren könnten. Nein, es wird darüber geredet, wie man ein Ereignis mithilfe von Experten einordnen kann. Am Ende sieht die Regierung dabei meist gut aus. Dazu werden dann in der Regel dieselben Experten von einschlägigen Stiftungen und Denkfabriken angerufen, die sich in der Vergangenheit als gute „Einordner“ bewährt haben. Das heißt, im Großen und Ganzen die Sicht der Regierung, der SPD oder der Grünen wiedergeben. Wenn jemand aus der Redaktion einen neuen Experten vorschlägt, wird erstmal recherchiert, ob der nicht irgendwelche verdächtigen Aussagen gemacht hat, vielleicht die Corona-Maßnahmen kritisiert oder im falschen Medium publiziert hat."

Und ein Mitarbeiter des ZDF erklärt unter anderem: "Doch die zurück­liegenden zwei Jahre habe ich dies­bezüglich als Tiefpunkt wahr­ge­nommen. Vielleicht war der öffentlich-rechtliche TV-Journalismus immer schon mehr „Story-Telling“ als Wahrheits­suche, und den einen Zeit­punkt, ab dem alles irgendwie schlechter wurde, gab es vielleicht nie. Doch die Corona-Zeit und ihre „Maßnahmen“, die ja tatsächlich wie kaum etwas anderes seit der Gründung der Bundes­republik in unser Leben und in unsere Grund­rechte ein­gegriffen haben, haben für mich ein be­unruhigend schwaches Zeugnis für die „Vierte Gewalt“ im Staat ausgestellt, wenn es denn darum geht, dass diese „Vierte Gewalt“ die anderen drei im Sinne der Wahrung der Grund­rechte kritisch hinter­fragen und kontrollieren soll. ... Gesendet wurde nach meiner Beobachtung überwiegend, was das Narrativ bestätigte und am Leben hielt. Mit Mainzel­männchen vor und nach den Haupt­nachrichten, die ebenfalls für staatliche Maßnahmen und An­ordnungen warben. Kritische Fragen mussten sich Politiker­Innen fast ausschließlich dahin­gehend gefallen lassen, ob ihre Maß­nahmen ausreichend seien für den Gesundheits­schutz. Fast nie, ob sie zu weit gehen oder ihrerseits Schäden anrichten."

Ein SWR-Mitarbeiter erklärt: "Für mich erschreckend, haben SWR-Kollegen, von denen ich annehmen musste, dass sie kritisch denkende Menschen und Journalisten seien, mir indirekt vorgeworfen, ein Spinner zu sein, weil ich die „falschen“ Fachleute zitiert habe. Erschreckend deswegen, weil sich das wie Zensur aus dem Inneren des Unternehmens heraus anfühlt."

Und selbst eine kritische Meinung eines Mitarbeiters des ORF findet sich, die auf die Impf- und Corona-Berichterstattung des österreichischen Staatsfunks Bezug nimmt.

Weitere Schritte und Forderungen

Allerdings wirkt all dies, wie etwas verspätete Selbstkritik, die nun erst einmal der Öffentlichkeit bekanntgegeben wird, nachdem die Rufe nach Reformen und Verschlankungen auch die Systemparteien der Ostdeutschen Bundesländer erreicht haben.

So fordern die Unterzeichner zwar in dem Manifest etwa  die Einbindung von Beitragszahlern in die Kontrollgremien der Sender, den Verzicht auf Werbeeinnahmen und die Offenlegung aller Finanzströme, die Abschaffung der Bewertung nach Einschaltquoten oder auch - die wohl Selbstverständlichkeit, dass dem Publikum doch gestattet wird, sich selbst eine Meinung bilden zu können, anstatt "eine 'eingeordnete' Sicht präsentiert zu bekommen". 

Aber an wirklichen Reformen scheint man nicht interessiert. "Das Prinzip der Rundfunkbeitragszahlung wird beibehalten. Es sichert die Unabhängigkeit [sic!] des neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das heißt: öffentlich-rechtliche Anstalten werden von der Bevölkerung finanziert, aber auch kontrolliert", heißt es etwa. Ob die Bevölkerung überhaupt Lust darauf hat, den ÖRR zu finanzieren oder ihn im 21. Jahrhundert nach all den kritisierten Ereignissen überhaupt noch für sinnvoll erachtet, scheint wiederum nicht zu interessieren.

Totalreform statt billiger Selbstkritik

Und wenn es heißt...

"Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk fungiert als Vierte Säule der Demokratie. Im Auftrag der Bevölkerung übernimmt er wichtige Kontrollaufgaben gegenüber den Gewalten Exekutive, Legislative und Judikative. Damit er diesen Auftrag erfüllen kann, ist seine Unabhängigkeit von Staat, Wirtschaft und Lobbygruppen garantiert."

... stellt sich doch die Frage, wieso ist der ÖRR bisher diesen Aufgaben nicht nachgekommen und wie soll, bei dem herrschenden Parteien- und Politfilz denn künftig diese "Unabhängigkeit", die ja bisher schon immer wie eine Monstranz vom ÖRR vor sich hergetragen wurde, "garantiert" werden?

Beginnt es mit einer großangelegten Entlassungswelle, weil 92 Prozent der ARD-Volontäre grün-rot-rot wählen würden und auch sonst vermutlich viele wichtige Posten politisch besetzt sind? Denn schon dadurch kann keine ausgewogenen Berichterstattung möglich sein. Es braucht wirklich tiefgreifende Reformen und keine kleinen Reförmchen und Manifeste, die zwar hehre Ziele mit schönen Worten beschreiben aber vermutlich genauso schnell verpuffen, wie die Wirkung der lobgepriesenen Corona-Impfung.

Startschuss für Veränderung?

Bis jetzt hatte man ja auch brav angepasst den Mund gehalten und berichtet, wie es erwartet und verlangt wurde - im Gegensatz zu Journalisten sogenannter "alternativer Medien", die für ihre offene Berichterstattung regelmäßig angegriffen und diffamiert werden. Was soll sich da also groß beim Staatsfunk ändern bzw. wozu braucht es ihn dann überhaupt noch? Der ÖRR hat in den vergangenen Jahren zur genüge bewiesen, dass er versagt, gerade, wenn es darauf ankommt.

Nach Corona kam die Ukraine und die Klimaberichterstattung usw. Das Manifest zeigt allerdings, dass einigen offenbar das Wasser schon bis zum Hals steht und man merkt, dass man nicht so weitermachen kann wie bisher. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, aber es ist zumindest einmal ein Anfang. 

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