Sinnlose Aufregung

Krah hat recht: Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher

Meinung
Symbolbilder (5): Freepik; Krah: Marcus Popillius, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0; Komposition: Der Status.

Das Sommerloch ist in Deutschland noch nicht vorbei. Der polit-mediale Komplex spinnt nun eine Kampagne gegen Maximilian Krah, den AfD-Spitzenkandidaten zur EU-Wahl. Dieser hatte es gewagt, den Kaiser als nackt zu benennen: "Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher. Wir haben allen Grund, stolz auf unser Land zu sein und auf die Menschen, die es aufgebaut haben. [...] Wenn auch du entdeckst, was deine Vorfahren alles getan haben, dann wirst auch du dich aufrichten und musst keine Angst mehr haben." Seitdem schäumt die vereinigte "Schuldkomplex-Mafia" regelrecht über.

Positives Identitätsbild als Tabubruch?

In 99 Prozent der Länder weltweit ist es völlig normal, einen positiven Bezug zur eigenen Identität und Geschichte zu haben. Den Deutschen will man dies nicht zugestehen. Goethe, Schiller, Kant, Nietzsche, Kopernikus, Gutenberg, Bismarck, Frundsberg, Barbarossa: Sie alle sollen verblassen vor der "ewigen Schande" der "dunklen zwölf Jahre", deren Überwindung zum Gründungsmythos der Bundesrepublik stilisiert wird. Der vereinigende, nicht ausgrenzende Charakter der 1. Strophe der Hymne wird zum "Hitlerlied" gestempelt, schon das Schwenken der schwarz-rot-goldenen Fahne gilt in manchen Kreisen als "rechtsextrem", ebenso wie kleine Mädchen mit blonden Zöpfen.

Die patriotische "Alternative für Deutschland" (AfD) hat kein Interesse am Hegen dieses Schuldkomplexes, wie Krah ausführt: "Deutsche Lieder, deutsche Wertarbeit, deutsche Gedichte, deutsche Gedanken: Das hat bis heute in der Welt einen wunderbaren Klang. Überall wird Deutschland mehr gemocht als von seinen eigenen Politikern." Offen will er junge Deutsche auch dazu animieren, mit den älteren Generationen ihrer Familie ins Gespräch zu treten: "Krieg mal heraus, was Oma, Opa, Uroma und Uropa gemacht haben. Wo sie herkamen, was sie gekämpft und gelitten haben. Überlege, was es für dich bedeutet. Und mach dir eines klar: Sie haben gelebt und wollen jetzt [...] stolz auf dich sein." 

Keine ewige Schuld: System ist empört

Eine kraftvolle positive Botschaft - doch für das System bereits "zu viel", seine Vertreter bekommen Schnappatmung. Sogar die NZZ wettert: "Krah wirbt für seinen Blick auf die deutsche Geschichte. Den Nationalsozialismus blendet er dabei aus." Ein "Spiegel"-Journalist behauptet gar, dass er "schamlos mit diesem Satz letztlich die NS-Verbrechen kleinredet". Sogar der liberal-konservative Politologe Martin Wagener, der in seinem vortrefflichen Buch "Kulturkampf um das Volk" eine politische Zerstörung des Volksbegriffs beklagte, stimmte in den Chor ein. Er ärgert sich, dass die "Verbrechen unendlichen Ausmaßes" und der "größte Zivilisationsbruch aller Zeiten" nicht thematisiert würden.

Offenbar ist der Konsens im bundesdeutschen Diskurs, dass Hitler der Anfang und das Ende der Geschichte zugleich ist, ohne den kein deutscher Gedanke auskommt. Dass man diesem damit auch 80 Jahre nach seinem Tod eine absurde Machtfülle über die eigene Identität gibt, ist ein Treppenwitz der Zeitgeschichte. Dabei ist das, was Krah andeutet, so logisch wie nachvollziehbar: Die deutsche Geschichte ist mehr als ihre Irrwege mit zwei totalitären Diktaturen im 20. Jahrhundert. Und selbst während dieser Zeiten gab es Menschen unterschiedlichster Lebenswege, die Dinge taten, auf die man als Enkel oder Urenkel stolz sein kann, anstatt sie pauschal zu verteufeln. 

Mutige Männer kommen in aller Couleur

Ich weiß ja nicht, welche dunkle Flecken die Fingerzeiger ihrer eigenen Familiengeschichte haben. Ich für meinen Teil weiß aber, dass meine Urgroßeltern - teils auf dem heutigen Territorium der Bundesrepublik, teils in Österreich - keine Verbrecher waren.

Ein Uropa hatte keine Freude mit den neuen Machthabern, kam sogar wegen Karikaturen & Schmähgedichten über Offiziere & das Soldaten-Leben mit der NS-Gesinnungsjustiz in Konflikt. Auf der Zugfahrt zum Rapport freundete er sich mit dem Jungoffizier an, der gegen ihn aussagen sollte. Der ließ die provokantesten Zeichnungen und Texte dann heimlich verschwinden, präsentierte in Berlin harmlose Bildchen und konnte einen unerklärlichen Irrtum glaubhaft machen. Sie blieben lebenslange Freunde.

Ein anderer hasste den Dienst in der Armee-Schreibstube und freute sich, wenn er als Nachrichter mit dem Motorrad auf eisigen Strecken die Botschaften entlang der Front bringen durfte. In seiner Feldpost sehnt er sich nach der Heimat und seiner Familie. An Verbrechen beteiligte er sich als Soldat nie, dennoch geriet er in Gefangenschaft. Aus der kam er ausgemergelt zurück. In der lokalen Bank, wo er arbeitete, wurde er - weil einst einfaches und unwichtiges NS-Parteimitglied, eine "Karteileiche" wie viele - zum Schalter-Beamten degradiert. Er kämpfte sich seinen Weg auf der Arbeit erneut nach oben und sparte jeden Pfennig, um seinen beiden Töchtern ein Studium zu ermöglichen. 

Kampf zwischen Küche und Lazarett

Seine Frau, meine Uroma, war in der Zeit seiner Gefangenschaft mit zwei Schulmädchen auf sich alleine gestellt. Als Gastwirtstochter sprach sich ihre gute Kochkunst herum, sodass amerikanische Besatzungssoldaten sie auf die nahegelegene Basis kommandierten. Ihre Häkelhefte aus der Frauenschaft wurden einkassiert, dafür musste sie nun den GIs ihre Speisen kredenzen. Ihr Selbstbewusstsein litt darunter nicht: Einem jungen Besatzungsoffizier brachte sie partout kein Omelett aus sieben Eiern, weil das ungesund sei und er sich sicherlich nicht trauen würde, dies von seiner Mutter zu verlangen. Den unausweichlichen Rapport nahm sie mit einem schelmischen Lächeln hin. 

Ein weiterer Uropa wurde gar nicht erst zum Kriegsdienst eingezogen, er wurde nur in die Reserve aufgenommen. Der Grund: Als einzig fähiger Landarzt im Umkreis von 30 Kilometern galt er als unabkömmlich. Die ganzen Kriegsjahre kümmerte er sich um das Wohl der Landbevölkerung. Die Bauern zahlten die Behandlung oft in Naturalien. Einmal brach er in einem schlimmen Sturm auf, fuhr in schwankender Materialseilbahn auf einen Bergbauernhof. Dort hatte ein Nutztier einem Knecht eine Woche vor dessen Hochzeit ins Gesicht getreten, ein Hautfetzen hing weg. Ohne dafür Geld zu verlangen, flickte er ihn so geschickt zusammen, dass er ohne Scham vor den Altar treten konnte. 

Kraftvolle Wurzeln sind ihnen zuwider

Es sind vier spannende - höchst unterschiedliche - Lebenswege, vier mutige Menschen, die selbst in den Wirren der damaligen Zeit ein beispielhaftes Verhalten an den Tag legten. Vom einen Uropa nehme ich meine Kreativität, meine scharfe Zunge und den Widerstandsgeist. Den anderen würde ich gerne aufgrund der Unerschrockenheit und der Arbeitsmoral selbst nach Rückschlägen stolz machen. Vom dritten nehme ich die soziale Ader, meinen Mitmenschen kraft meiner Fähigkeiten zu helfen, ohne dabei sofort einen Gegendienst zu erwarten. Von der Uroma bleibt das Beispiel, dass man die Chancen im Leben so ergreifen muss, wie sie kommen - und sich doch selbst treu bleiben. 

Ihre Geschichten können mir nur deshalb zum Beispiel gereichen, weil ich ihre Kinder - sprich meine Großeltern - danach gefragt habe. Ich weiß von ihrem Kampf und ihrem Leid als einfache Menschen. Ich bin nicht nur mit meinen Wurzeln im Reinen, sondern kann sie auch als Inspiration nehmen. Aber vielleicht ist ja genau das, was die Eliten im Lande wollen: Ein Volk, dass sich seiner Wurzeln schämt, lässt sich leichter kontrollieren, da es keine positive Kraft aus den Taten seiner Vorfahren schöpfen kann. Genau deshalb prügeln sie wegen der harmlosen, positiven Aussage auf Krah ein: Sie wollen keine selbstbewussten Bürger, die ihre Rechte, ihre Freiheit und ihre Souveränität einfordern. 

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