Klerus in teuflischer Willkür

'Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott' – außer, man wählt die AfD?!

Kultur
Symbolbild: Freepik

Der Versuch der weiteren Ausgrenzung der AfD greift nun auch auf den Protestantismus über. Nach den katholischen Bischöfen haben mittlerweile ebenfalls Vertreter der evangelischen Seite das Wählen, Sympathisieren oder Engagieren für die Alternative für Deutschland nicht mit dem christlichen Glauben als vereinbar eingestuft. Denn man sei zu der Überzeugung gekommen, dass die Inhalte, Programmatik und Werte der Partei nicht mit den biblischen Grundsätzen in Einklang zu bringen seien, sie sogar mit Füßen treten würden.

Gastkommentar von Dennis Riehle

Missbrauch der christlichen Botschaft

Ein großes Manko von Religionen, aber andererseits auch ein Freifahrtschein zur beliebigen Interpretation, ist die generelle Auslegungskraft von Schriftstücken, aber auch das Herausgreifen von einzelnen Zitaten oder die Umdeutung ihrer Botschaft durch den Klerus, welches schon in der Geschichte dazu getaugt hat, Mitbürger zu diffamieren, denunzieren und bloßzustellen. Dieses menschliche Verhalten kann man bereits in den Erzählungen über die geifernden Menge vor Pontius Pilatus nachlesen, als sich die Herdentiere nicht nur für die Brandmarkung von Jesus, sondern gar für seinen Tod einsetzten.

Das pöbelnde Geschrei gleicht dem der vielen Demonstranten für die Demokratie, welche in diesen Tagen wohl tatsächlich meinen, sie würden für einen hehren Zweck auf die Straße gehen - und am Brandenburger Tor als Marionetten des Establishments legitimiert die Etikettierung, Abstempelung und Isolation von Freunden, Kollegen und Familienmitgliedern bejubeln. Mit dem Gebot der Nächstenliebe hat dies nicht mehr viel gemein.

Doch das Bodenpersonal Gottes bewies auch früher schon immer wieder neu, dass es im Zweifel die eigene Dogmatik über Prinzipien des Gründungsvaters ihrer Gemeinschaft zu stellen bereit ist, um von der Kanzel herab mit dem erhobenen Zeigefinger moralisieren, disziplinieren und indoktrinieren zu können.

Ausgrenzung entgegen der Schrift

Und während man eigentlich davon ausging, dass das Christentum im Vergleich zu anderen monotheistischen Religionen nicht nur eine Reformation und Säkularisierung durchlebt hat, sondern bereits durch das Evangelium manch kaltherzige, gewaltsame und segregierende Aufforderung aus dem Ersten Testament zu relativieren in der Lage ist, wird man nun eines Besseren belehrt.

Denn es ist gerade die Mahnung 1. Mose 30,32, wie wir nicht miteinander umgehen sollten, die nun aber von den Kirchenführern wiederum als Ermutigung missbraucht wird: "Ich will heute durch alle deine Herden gehen und aussondern alle gefleckten und bunten Schafe und alle schwarzen Schafe und die bunten und gefleckten Ziegen. Was nun bunt und gefleckt sein wird, das soll mein Lohn sein" (LUT).

Wie auch in den meisten Fällen der politischen Kontaktscham fehlt es nun auch dem Priestertum an einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit den Forderungen der AfD. Denn hätte man sich tatsächlich mit deren Positionen und Standpunkten auseinandergesetzt, so würde man erkennen, dass sie mit ihrer Haltung vollkommen auf Linie mit der Heiligen Schrift ist.

Die Crux mit der Barmherzigkeit

Gerade im Alten Bund fordern uns die Gesetzesbücher deutlich auf, den Fremden bei uns aufzunehmen. Damit gemeint sind bei näherer Betrachtung des hebräischen Ursprungs aber zunächst einmal diejenigen, die aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt sind. Menschen aus anderen Völkern und Kontinenten werden dort nicht nur durch eine eigene Begrifflichkeit davon unterschieden, sondern besitzen in den Fluchtgeschichten oder auch im 1. Buch der Könige einen völlig selbstverständlichen Nachrangigkeitsstatus.

Damit ist keinesfalls eine Abwendung von der Barmherzigkeit verbunden, sondern lediglich das bloße Eingestehen, dass unsere Möglichkeiten endlich sind. Es ist also nicht eine Frage der prinzipiellen Weite unserer Herzen, sondern um finanzielle, soziale, materielle, personelle und infrastrukturelle Kapazitäten – so, wie sie die Mindestanforderung unseres Grundgesetzes versteht. Wir sollen sie bewahren für diejenigen, die tatsächlich verfolgt sind.

Der "Fremde" ist kein "Auswärtiger"

Eine undifferenzierte Einladung an alle hat mit der christlichen Überlieferung nichts zu tun, sie ist stattdessen ein Gebot der Unfairness. Schon der Tanach unterscheidet also tatsächlich zwischen dem „Fremden“ und dem „Auswärtigen“. Der Fremde ist jener aus unseren Reihen, der uns durch Isolation oder Bedürftigkeit fremd geworden ist. Der „Auswärtige“ ist der Unbekannte, der von außen in unsere Gemeinschaft hinzustoßen will. Bereits von Genesis bis Numeri formuliert das göttliche Wort einen Nachrangigkeitssatz, wonach es ausdrücklich eine Form von Gnade darstellt, zunächst dem Fremden zu helfen – ehe man sich dem Auswärtigen zuwendet.

Nicht zuletzt sollen wir uns selbst genauso lieben wie den Anderen. Wenn wir uns nicht eigener Bedürfnisse, Ressourcen und Rahmen bewusst werden, können wir sodann unserer Offenherzigkeit gegenüber tatsächlichen Elenden und Verarmten nicht mehr gerecht werden. Darüber hinaus fragt man sich auch, was mit dem Gedanken aus Römer 2,11 LUT geworden ist: "Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott". Die Aufnahme in die Gemeinschaft der Christenheit erfolgt eben nicht aufgrund einer politischen Gesinnung heraus, sondern durch die Taufe als bedingungslose Annahme eines jeden Ebenbildes durch den Vater im Himmel.

Protestanten-Klerus überholt sich selbst

Dass man sich nun in der Klerisei wiederum als Richter aufzuspielen vermag, das hat auch mit einer prinzipiellen Tendenz zur Anbiederung zu tun. Die evangelische Kirche hat sich zu einem Steigbügelhalter für den modernen Aktivismus gemacht. Sie hat sich von jeglicher Kernaufgabe entfernt und ihre Werte preisgegeben. Statt sich um Verkündigung, Liturgie, Glaubenslehre, Seelsorge und Diakonie zu kümmern, trägt sie den Klimafanatismus wie eine Monstranz vor sich her, erhebt Neubauer und Greta zu Götzen und entledigt sich gesellschaftlicher Konventionen wie der zur Abtreibung in einem Handstreich.

Mit dem Vertrauen in die Fügung der Welt, an die Natürlichkeit der Dinge und die Lenkung durch den Herrn hat dies nicht mehr viel gemein. Schlussendlich wollte auch der Protestantismus einst eine feste Burg sein, die in der Brandung, den Stürmen der Zeitgeistigkeit widersteht. Von diesen Epochen sind wir weit entfernt – und übrig geblieben ist nur noch ein Flickenteppich an Spiritualismen, der sich seiner eigenen Ethik und Normen entledigt hat.

Von falschen Hirten aus Herde aussortiert

Schlussendlich ist es nicht unbedingt etwas Neues, dass das Bodenpersonal des lieben Gottes nur selten das tut, was der himmlische Vater von ihm zu erwarten scheint. Mit der Dogmatik hat sich die Kirche ein Instrument der eigennützigen Interpretation und willkürlichen Deutung der Schrift zugelegt, das schon in der Vergangenheit dazu geeignet war, die Untertanen zu moralisieren und disziplinieren. Und so hat die Lehre der Institution, welche von den Kanzeln herab in die Köpfe der Herde getragen wird, oftmals nur sehr bedingt etwas mit dem zu tun, was die Bibel vorgibt.

Nicht anders ist es nun auch bei der unsäglichen und jegliche Werte von Jesus auf den Kopf stellenden Debatte über das Brandmarken von rechtsdenkenden Gläubigen, deren Überzeugung man in einer für Weltanschauungsgemeinschaften typischen Manier des Hochmuts und der Arroganz als unvereinbar mit dem Christsein erklären will. Dabei sollte es doch ein mahnendes Beispiel sein - wie die Einheit der Menschen gerade nicht gelingt -, was bereits in 1. Mose 30,32 (LUT) formuliert ist: "Ich werde heute aus deiner Herde alle schwarzen, schwarz gefleckten und schwarz gesprenkelten Schafe und alle weiß gescheckten und weiß gesprenkelten Ziegen entfernen".

Verstoßen wider das Evangelium

Ausgrenzung, Isolation und Etikettierung von Menschen ist nicht vereinbar mit der unteilbaren Agape des Evangeliums, welche in 1. Joh 4,7-8 (LUT) ihren Höhepunkt findet: "Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe". Es verbietet sich jegliche Aussonderung von denjenigen, die politisch anderer Gesinnung sind.

Denn völlig unabhängig der willkürlichen, unhaltbaren und denunzierenden Feststellung des Klerus hierzulande, wonach eine Zustimmung zu den Positionen der AfD oder allgemein eine dem linken Wokefetischismus nicht genehme Gesinnung mit Antisemitismus, Rassismus und Feindseligkeit einhergehe, betont bereits Röm 15,7 (LUT): "Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob".

Es sind sogar die ärgsten Gegner, die wir nicht verstoßen sollen, mahnt uns bereits die Bergpredigt in Mat 5,44-45 (LUT): "Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte".

Teufel an die Kirchenwand gemalt

Wer im Namen des Herrn zu Spaltung, Polarisierung und Segregation aufruft, der vergeht sich nicht nur an der Philosophie der eigenen Religion, sondern auch am Zusammenhalt der Ebenbilder, die sich als Nächste verstehen sollen - und nicht als Opponenten. Bereits in der Vergangenheit hat man den Fehler begangen, sich als Konfession auf eine bestimmte politische Seite zu schlagen - und sich nicht nur für unlautere Zwecke, sondern eine brandgefährliche und die Würde des Einzelnen verachtende Ideologie instrumentalisieren zu lassen.

Auch wenn sich allzu schnelle Vergleiche und Parallelen verbieten, so begibt man sich von Seiten der Katholiken und Protestanten erneut auf dünnes Eis, wenn man anhand einer jegliche Substanz, Konsistenz und Plausibilität entbehrenden Definition des Dämons, des Teufels und des Satans das voreilige Urteil über Mitmenschen fällt - ohne sich überhaupt die Mühe gemacht zu haben, das Gespräch zu suchen oder miteinander über diejenigen Passagen des Testamentariums ehrlich und ernsthaft zu streiten, welche die Bischöfe bislang zumindest nicht vorgebracht haben, um ihre haltlosen Bemühungen um Abstoßung von Gliedern des gemeinsamen Leibes entsprechend zu begründen.


Zur Person:

Dennis Riehle ist Journalist, Autor und Berater. Seine Schwerpunkte sind: Selbsthilfe, Soziales, Psychologie, Gesundheit, Philosophie, Theologie, Politik, Menschenrechte, Nachhaltigkeit.

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