Jetzt auch in Österreich

NATO statt Neutralität: Tanner will 'kriegsfähiges' Bundesheer

Politik
Symbolbilder (2): Freepik; Wikimedia (gemeinfrei); Tanner: BKA, Wikimedia Commons, CC BY 2.0; Komposition: Der Status.

Obwohl eine große Mehrheit der Österreicher hinter der immerwährenden Neutralität stehen, steuert die ÖVP-geführte schwarztürkis-grüne Regierung weiter einen knallharten Kurs Richtung NATO. Und dies nicht nur mit der Einführung von Sky-Shield. Auch bei der Vorstellung des Berichts "Risikobild 2024 – Welt aus den Fugen", erklärte man in bester NATO-Manier: "Das Bundesheer muss kriegsfähig gemacht werden."

Tanner setzt auf große Aufrüstung

Wohin die Reise gehen soll, scheint fast klar. Bei der Präsentation der Publikation "Risikobild 2024 – Welt aus den Fugen", erklärte ÖVP-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, dass das Bundesheer aufgerüstet werden müsse. "Wir investieren 18 Milliarden Euro in nur vier Jahren", so die Ministerin.

Neben neuen Gerät und mehr Munition für das seit Jahren finanziell ausgehungerte Bundesheer, wirbt sie ebenfalls für den Beitritt zu "Sicherheitsnetzen" wie Sky-Shield, in das wohl auch mehr als 2 Milliarden Euro fließen werden, neben der Anschaffung auch Kosten für die Erhaltung und den Betrieb. Aber auch sonst müsse beim Heer einiges getan werden. Und dies erinnert an die derzeitige politische Agenda in Deutschland, welches bekanntlich "kriegstüchtig" gemacht werden soll.

Kriegsfähig für Russland?

Chefplaner des Heeres, Generalsmajor Günter Hofbauer erklärt daher auch bei der Präsentation: "Das Bundesheer muss kriegsfähig gemacht werden." Was soll er auch anderes sagen, als hoher Militär wird er kaum den überzeugten Pazifisten geben und mehr Geld und Bedeutung für das Bundesheer stärkt natürlich auch seine Position. Dabei fordert er auch ein Umdenken bei der Ausrichtung der Streitkräfte, da es international zunehmend Kräfte gäbe, die sich nicht an Moral oder Recht orientieren, sondern ihren Willen notfalls mit Gewalt durchsetzen.

Und hier würde deutlich, dass internationale UNO-Missionen und die Hilfe bei Naturkatastrophen nicht der wichtigste Job seien. Gerade vor der Gefahr auch hybrider Angriffe sei es wichtig die "geistige Landesverteidigung" zu stärken. "Wir müssen uns klar werden, für welche Werte wir kämpfen wollen", so Hofbauer. Im Zuge der Vorstellung des Lagebildes erklärte auch der Leiter der Direktion Verteidigungspolitik und internationale Beziehungen, Generalmajor Peter Vorhofer, dass das Risiko eines Kriegs zwischen der EU und Russland in diesem Jahr "sehr hoch" sei.

Der kritische Journalist Thomas Oysmüller kommentierte auf X dazu geradezu zynisch...:

Rivalitäten mit den USA

In dem 314 Seiten langen Krisenbericht heißt es unter anderem auch: "Ein militärisches Aufeinandertreffen an den EU-Außengrenzen zu Russland erscheint möglich; auch eine weiträumige Bedrohung Europas, beispielsweise durch Raketen und Drohnen, kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden". Wobei der Bericht noch weitere Probleme für Europa attestiert.

Denn neben möglichen militärischen Auseinandersetzungen mit Russland oder der Gefahr hybrider Angriffe, gibt es auch hausgemachte Probleme, die die Krisen weiter befeuern. So sei "das europäische Umfeld ... durch Instabilität, gewaltsame Konflikte, Terrorismus und Migration geprägt." Hierdurch entstehe eine "umfassende Bedrohung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten".

Zudem, so führt der Bericht aus, komme es zu einer "Verschlechterung der internationalen Ordnung durch eine verschärfte Rivalität zwischen den USA und China und erhöhten geopolitischen Spannungen mit Russland". Dass hier die EU, deren meisten Mitgliedstaaten ebenfalls NATO-Mitglieder sind, sorgt natürlich nicht für eine Entspannung der Situation oder für eine Politik europäischer Interessen, sondern für ein Hinterherhecheln hinter US-Wünschen.

Konservierung einer überkommenen Ordnung?

So stellt der Bericht auch folgerichtig die derzeitigen und auch noch möglichen Entwicklungen dar. Mit der Stärkung der BRICS und den Staaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) oder der Global-Security-Initiative werde von China und anderen Staaten die US-Dominanz herausgefordert.

"Am Ende könnte sich Pekings Verständnis für die Weltordnung als zutreffender und besser auf die Bedürfnisse des globalen Südens erweisen als Washingtons. Die US-Strategie wird nicht funktionieren, wenn sie kaum mehr bietet als die zum Scheitern verurteilte Mission, eine im Schwinden begriffene Ordnung zu retten und zu modernisieren, angetrieben von einem nostalgischen Streben nach Symmetrie und Stabilität einer vergangenen Epoche", so die Analyse.

Wo ist Österreichs Platz?

Zwar ist nicht alles ein Vergleich was hinkt, aber wo der österreichische Platz in diesem Machtkampf zweier Blöcke - NATO und US-Dominanz oder China, Russland, BRICS und SOZ - zu verorten ist, zeigt schon eine Betrachtung der Zeit des Kalten Krieges. Dieser wurde zum Glück nie wirklich heiß, aber mit einer starken Neutralität schaffte man sich einen Platz als anerkannter Staat, in dem auch Gipfeltreffen der verfeindeten Blöcke stattfanden.

Mit Neutralität hat die Politik aber derzeit nicht allzu viel am Hut. Finnland und Schweden gaben ihre Neutraliät bereits auf und traten der NATO bei und die Masse der EU-Mitgliedstaaten haben ihr Verteidigungsbudget deutlich erhöht. Dänemark trat der "Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik" bei.

Und geht es nach den Kriegstreibern, dann ist es auch für die übrigen neutralen EU-Staaten bald mit der Bündnisfreiheit vorbei: "Für Österreich, Irland, Malta und Zypern bedeuten die verstärkten Anstrengungen in der Verteidigungszusammenarbeit, dass eine Rekalibrierung ihrer Positionen notwendig werden kann", so der Bericht. Dass diese möglicherweise in einem Wahljahr vorgenommen werden muss, wird fast bedauernd erwähnt. Denn die Österreicher lieben ihre Neutralität als Garant des Friedens.

NATO-Fan erklärt Neutralität für nutzlos

So ist es denn auch kein Wunder, dass der Generalsekretär im Verteidigungsministerium Arnold Kammel in der ZiB2 erklärt: "Es ist ein Faktum, dass uns die Neutralität uns letzten Endes nicht schützt." Zwar sei Österreich von NATO-Staaten umgeben und somit derzeit keiner direkten Gefahr ausgesetzt sei, so Kammel auf die Frage zu einem NATO-Beitritt. Auf Nachfrage erklärte er dann: "Ich bin ein Beamter, ich bin auf die Gesetze dieser Republik angelobt", und somit natürlich auch auf die "immerwährende Neutralität".

Dabei war Kammel bevor er seine "politische Karriere" startete Vizepräsident der Atlantic Treaty Association, eines Dachverbandes der die Ziele und Werte der NATO unterstützt. Und er war auch rund 10 Jahre Generalsekretär der Euro Atlantic Association of Austria, die Mitglied des vorherigen Dachverbandes ist. Dann wechselte er als Programmdirektor für internationale Beziehungen in die Politische Akademie der ÖVP, dann ins Kabinett Blümel und später ins Verteidigungsministerium

Eigentlich würde in Zeiten der klammen Kassen und Krisen das Steuergeld auch im Gesundheitssystem, im Bildungsbereich und in der Stärkung der Wirtschaft gut gebraucht. Doch die Regierung sieht es als Priorität, viel Geld in das ausgehungerte Bundesheer und Sky-Shield zu pumpen. Da stellt sich eigentlich die Frage: Dient es wirklich der reinen Landesverteidigung und dem Schutz der Neutralität oder nicht eher anderen Interessen und einer schrittweisen Wegbereitung Richtung NATO?

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