Auch neuer Chef nicht vertreten

Keinen Bock mehr auf Politik: Gestürzte SPÖ-Chefin verlässt auch Nationalrat

Politik
Foto: SPÖ-Parlamentsklub | Elisabeth Mandl, Flickr.

Schon am Tag nach ihrem Debakel bei der Mitglieder-Befragung, wo sie im Kampf um den SPÖ-Vorsitz nur auf den dritten und letzten Platz kam, kündigte Noch-SPÖ-Chefin Joy Pamela Rendi-Wagner ihren Rücktritt an. Doch auch dafür, eine einfache Nationalrätin zu sein, ist sie sich zu schade: Sie verlässt die Politik gänzlich. Während sich noch weisen wird, wo die bestens vernetzte Bilderbergerin wieder auftaucht, ist auch gewiss: Der künftige SPÖ-Chef wird nicht im Nationalrat vertreten sein. Denn weder Babler noch Doskozil, die sich nächste Woche am Parteitag um die Gunst der Delegierten balgen, standen im Jahr 2019 auf einer Wahlliste für den Nationalrat.

Rendi-Wagner will Mandat zurücklegen

Noch vor Kurzem gab sich Rendi-Wagner siegessicher, die Partei sogar als Spitzenkandidatin in die nächste Wahl zu führen. Als ihr diverse Parteigranden und die mächtige Wiener Landesgruppe im Vorfeld der Mitgliederbefragung beisprang, schien eine Verlängerung ihrer durchwachsenen Ära als Parteichefin gewiss. Doch sie machte die Rechnung ohne die Parteibasis: Mit 31,35 Prozent landete sie knapp, aber doch hinter dem Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler (31,51%) und dem burgenländischen Landeshauptmann  Hans-Peter-Doskozil (33,68%). Die Klatsche für die Diplomaten-Gattin, deren Hauptargument stets war, die erste Frau an der Spitze der früheren Arbeiterpartei zu sein, war total. 

Einen guten Roten erkennt man bekanntlich im Abgang - und ihrer wird bitter. Spätestens Ende Juni will sie ihr Nationalratsmandat und somit auch ihre Ämter als SPÖ-Klubobfrau und als außenpolitische Sprecherin ihrer Partei zurücklegen. Kommt es innerhalb der Partei zu keinen Umreihungen, erbt die frühere Staatssekretärin Muna Duzdar ihr Mandat. Diese war einst - ebenso wie Rendi-Wagner - unter ihrem Vorgänger Christian Kern in die Regierung geholt worden. Doch selbst der outete sich in den vergangenen Wochen als Unterstützer ihres großen Widersachers Hans-Peter Doskozil, der zudem den Großteil der Bundesländer-Organisationen hinter sich weiß.

Rätselraten über berufliche Zukunft

Wohin sich Rendi-Wagner beruflich orientieren wird, ließ sie bislang nicht durchklingen. Vor ihrem Gang in die Politik war sie Sektionschefin im damals noch rot geführten Gesundheitsministerium und erfüllte zudem eine Public Health-Gastprofessur an der Wiener MedUni. Im Jahr 2014 vertrat Rendi-Wagner, die zum Thema "Prävention durch Impfungen" habilitierte, Österreich bei der 67. Versammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Bei der aktuellen 76. Ausgabe wird momentan die Entmachtung der nationalen Parlamente per globalem Pandemievertrag und etwa die Streichung der Menschenrechte aus den internationalen Gesundheitsvorschriften besprochen. 

Prinzipiell zieht Rendi-Wagner ohnehin lieber das große Parkett dem Arbeitermilieu vor: So hielt sie ihre Grundsatzrede über soziale Gerechtigkeit in einem noblen Innenstadt-Palais, gönnte sich einen Urlaub in Nobelort St. Tropez oder nahm im Jahr 2018 - kurz vor ihrer Kür zur roten Parteichefin - am Bilderberger-Geheimtreffen teil. Durch die Visite beim "Gottesdienst der Eliten", dem ebenso wie Teilen der Wiener Landespartei eine Nähe zur organisierten Freimaurerei nachgesagt wird, folgte sie dem Beispiel zahlreicher roter Spitzenpolitiker der vergangenen Jahrzehnte. Gut möglich, dass sie über ihre globalistisch ausgerichteten Netzwerke bereits einen lukrativen Versorgungsposten in Aussicht hat. 

Neuer Parteichef nicht im Nationalrat

Mit ihrem Rückzug als Partei- & Klubobfrau gibt es ein Novum: Erstmals in der zweiten Republik sitzt ein roter Parteichef weder auf der Regierungsbank noch im Nationalrat. Denn auch wenn unklar ist, wer am 3. Juni zum Nachfolger von Schärf, Pittermann, Kreisky, Sinowatz, Vranitzky, Klima, Gusenbauer, Faymann, Kern und eben Rendi-Wagner wird: Sowohl Babler als auch Doskozil haben keine Chance auf ein Nationalratsmandat. Bablers politische Erfahrung beschränkt sich weitgehend auf sein Wirken als Bürgermeister. Und Doskozil konzentrierte sich nach seinem Ausscheiden aus der Regierung auf die Landespolitik im Burgenland. 

Folglich standen beide bei der Nationalratswahl vor etwas mehr als dreieinhalb Jahren auf keiner Wahlliste - weder in einem Wahlbezirk, noch auf einer Landesliste, noch auf der Bundesliste. Damit ist ein "Nachrücken" faktisch unmöglich: Sämtliche Listen müssten zuerst erschöpft werden, alle müssten verzichten. Es könnte also bald das große Hickhack auch um die Klubchef-Position losgehen. Bislang galt es als ungeschriebenes Gesetz, dass dieser aus dem Nationalrat kommt. Theoretisch wäre auch möglich, als Mitglied des Bundesrats den Klub zu führen. Dies ist wegen der Medienferne der Länderkammer aber unwahrscheinlich, sodass sich wohl die Hinterbänkler darum "fetzen" werden. 

Unwahrscheinlich, dass Ruhe einkehrt

Drei Tage sind seit der Verkündung des Ergebnisses der Mitgliederbefragung vergangen - doch die Ruhe, welche diese schaffen sollte, ist jedenfalls nicht eingekehrt. Bei der Präsidiumssitzung drohte alles zu eskalieren, die Lager scheinen neun Tage vor dem außerordentlichen Parteitag in Linz geradezu unversöhnlich. Hier die delegiertenreiche und mächtige Wiener Landespartei, die nun Babler durchboxen will und zu diesem Zweck gerne eine zweite Mitgliederbefragung wollte - und dort sieben Landesorganisationen, die eigentlich hinter Doskozil stehen. Am Parteitag kommt es nun zu einer Kampfabstimmung zwischen den beiden und ihrer verfeindeten innerparteilichen Lager. 

Dabei kämpft man mit harten Bandagen. So wurde in den letzten Tagen medial mehrfach die lädierte Stimme Doskozils zum Thema gemacht, auch die Staatskünstler Stermann & Grissemann machten sich darüber lustig. Umgekehrt setzte sich Babler in die Nesseln, als er sich in einem Interview als "Marxist" bezeichnete. Ob einer der beiden die zerstrittene Drittelpartei einen kann, ist ohnehin unklar. Denn es unterscheiden sich die Lebensentwürfe der Lager immens - hier die Bobos mit ihren "woken" Vorstellungen, dort die Hackler, denen soziale Themen mehr am Herz liegen. Und wenn das Volk erfahrungsgemäß eines noch weniger schätzt als unklare Positionen, dann sind das bekanntlich Streithähne... 

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