Pleitewelle greift um sich

Insolvenzen: 24 Prozent mehr Firmen in Europa melden Konkurs an

Wirtschaft
Bild: Gerald Altmann, Pixabay

Die Zeiten der niedrigen Insolvenzzahlen sind vorbei. Die staatlichen Unterstützungen der Corona-Zeit laufen aus und die Inflation lässt vielen Firmen immer weniger Spielraum. Enorme Energiepreise, steigende Zinsen und auch die Selbstmord-Sanktionen fordern ihren Tribut. Besonders Westeuropa - und da vor allem Österreich, Großbritannien und Frankreich - ist schwer getroffen.

Hohe Verluste bei Firmen aller Größenordnungen

Wirtschaftlich läuft es in Europa alles andere als rund, wenn schon große Konzerne wie Thyssenkrupp in den Monaten Januar bis März 2023 einen Verlust von 223 Millionen Euro machte. Laut dem Stahlkonzern waren hohe Rohstoff- und Energiepreise sowie sinkende Stahlpreise der Grund für die Talfahrt. Dabei machte man im vergangenen Jahr noch einen Nettogewinn von 565 Millionen. Doch man sei widerstandsfähig und stark, ließ die Konzernspitze verlauten.

Viele Unternehmen können jedoch derartige Entwicklungen nicht so einfach verwinden. Denn es sind nicht nur die Zinsen oder Energie- und Rohstoffpreise, sondern auch andere Faktoren der Inflation, wie ein Rückgang des Konsums, der vielen Unternehmen zu schaffen macht.

Steigerung der Pleiten um 24,2 Prozent

Und dies ist keineswegs ein deutsches Phänomen. Wie eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zeigt, stiegen im vergangenem Jahr überall in Europa die Firmenpleiten - die durch Corona-Hilfen und Stundungen auf einem recht tiefen Stand waren - deutlich an. So wurden im Jahr 2022 in Westeuropa (EU-14, Großbritannien, Schweiz und Norwegen) insgesamt 139.973 Firmeninsolvenzen registriert - dies war ein Plus von 24,2 Prozent. Im Jahr davor gab es lediglich 112.686 Insolvenzen. In Osteuropa nahm die Zahl der Unternehmensinsolvenzen sogar um ganze 53,5 Prozent auf mehr als 60.000 zu.

Österreich, Großbritannien und Frankreich

In Westeuropa "erzielte" Österreich einen traurigen Spitzenplatz. Mit einer Zunahme von 59,7 Prozent war hier der Anstieg der Pleiten am größten. Danach folgen Großbritannien (plus 55,9 Prozent), Frankreich (plus 50,0 Prozent) und Belgien (plus 41,7 Prozent). Aber auch in der Schweiz (plus 32 Prozent), Irland (plus 24 Prozent), den Niederlanden, in Spanien, Norwegen, Finnland, Schweden und Deutschland gab es Anstiege. Eine sinkende Zahl an Insolvenzen hatten lediglich Dänemark, Luxemburg, Portugal, Italien und Griechenland zu verzeichnen. In Osteuropa war bei sieben der zwölf untersuchten Länder ein Anstieg zu bemerken, dabei vor allem bei Bulgarien, Litauen und Ungarn.

Handel und Gastgewerbe

Besonders betroffen waren in allen Ländern die Bereiche des inklusive des Gastgewerbes (plus 34,5 Prozent). Mit etwas Abstand folgte das Baugewerbe mit einem Plus von 24,7 Prozent. Aber auf diese Branchen beschränkte es sich keineswegs, auch der Dienstleistungssektor und verarbeitende Betriebe mussten ein Plus an Pleiten verzeichnen. "Ursächlich für den spürbaren Anstieg der Insolvenzen vor allem im Handel dürften die Folgen der schweren Corona-Zeit sein. Zudem setzt die Konsumzurückhaltung infolge der Rekordinflation diesem Wirtschaftssektor besonders zu", so Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer bei Creditreform Österreich.

Die Energiekrise habe aber alle Wirtschaftsbereiche erfasst und 2022 zu einer Dynamisierung des Insolvenzgeschehens geführt. "Die Trendwende bei den Insolvenzzahlen ist eingeläutet. Dabei ist das Ende der Fahnenstange wohl noch nicht erreicht. Der Druck bleibt auf dem Kessel, so dass auch in den kommenden Monaten mit steigenden Zahlen zu rechnen sein wird", gibt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Ausblick auf die kommende Entwicklung.

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