Europa muss raus aus dem Vasallentum

Ukraine-Krieg: USA profitieren, Europa zahlt

Welt
Symbolbild: KI-generiert (ChatGPT)

Washington macht Druck: Europa soll künftig den Großteil der Ukraine-Hilfe tragen. Während die USA ihre Mittel kürzen, wächst die Erwartung, dass Europa den Krieg finanziert – und damit eine Strategie bezahlt, die in Washington entschieden wird.

Ein Beitrag von Klaus Neumann aus unserer Kooperation mit Unser-Mitteleuropa

Europas neue Hauptrolle im Ukraine-Krieg

Die Botschaft aus Washington ist eindeutig: Die militärische Unterstützung für die Ukraine soll künftig in erster Linie von Europa getragen werden. Während die Vereinigten Staaten ihre direkte finanzielle Beteiligung reduzieren wollen, erwartet man von den europäischen Verbündeten, dass sie den Krieg weiter finanzieren – politisch, wirtschaftlich und militärisch. Europa ist längst der Hauptfinanzierer dieses Konflikts. Laut Schätzungen der EU-Kommission und internationaler Institute haben die europäischen Staaten zusammen deutlich mehr Hilfen für die Ukraine bereitgestellt als die USA, sowohl in Form von direkten Zuschüssen als auch durch Kredite, humanitäre Programme und Waffenlieferungen.

Asymmetrie der Interessen

Dennoch fordert Washington mehr Engagement. Der Ton hat sich verschärft: Wer europäische Sicherheit wolle, müsse dafür „angemessen zahlen“. Doch was bedeutet das in der Praxis? Es bedeutet, dass Europa zunehmend für eine Strategie haftet, deren politische Richtung nicht in Brüssel, Berlin oder Paris bestimmt wird, sondern in Washington. Donald Trump, oft für seine scharfen Worte kritisiert, hat in einem Punkt Recht behalten: Die Vereinigten Staaten handeln konsequent nach ihren nationalen Interessen. Europa dagegen folgt häufig – aus Loyalität, aus Druck oder aus politischer Unsicherheit – dem amerikanischen Kurs, selbst wenn dieser den eigenen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen widerspricht. Das führt zu einer gefährlichen Asymmetrie: Die USA sichern sich geopolitischen Einfluss und ökonomische Vorteile, während Europa die Hauptlast der finanziellen und sozialen Folgen trägt.

Ein teures Bündnis

Das Nordatlantische Bündnis wurde einst als Garant gemeinsamer Sicherheit gegründet. Doch die Realität zeigt: Die Lasten sind ungleich verteilt. Europa finanziert nicht nur die Stabilität an seiner Ostgrenze, sondern zunehmend auch die politischen Prioritäten der USA. Diese Entwicklung wirft grundlegende Fragen auf: Wie lange kann sich Europa eine Rolle leisten, die mehr kostet als sie nützt? Und was bleibt von der Partnerschaft, wenn Vertrauen durch finanzielle Abhängigkeit ersetzt wird?

Zeit für eine strategische Eigenständigkeit

Es geht nicht darum, das Bündnis mit den USA in Frage zu stellen. Aber es geht darum, seine Grundlagen neu zu definieren. Europa braucht eine gemeinsame strategische Identität, die nicht ausschließlich von Washingtons Agenda abhängt. Wer dauerhaft zahlt, sollte auch mitbestimmen. Wenn Europa die Hauptlast trägt, muss es auch die Hauptverantwortung über seine Sicherheits- und Außenpolitik übernehmen. Das wäre keine Abkehr vom Westen – sondern ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, wie eng die transatlantischen Beziehungen sind, aber auch, wie ungleich sie funktionieren. Wenn Washington mehr von Europa verlangt, dann sollte Europa die Gelegenheit nutzen, seine Rolle kritisch zu überdenken. Ein Bündnis, das auf Fairness und gemeinsamen Interessen beruht, darf nicht zu einer Einbahnstraße werden. Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif – aber sie sollte auch nicht auf Kosten der politischen Selbstständigkeit gehen. 

Anmerkung: Die in Gastkommentaren dargelegten Ansichten sind jene des jeweiligen Autors und geben nicht die Meinung der Redaktion zum jeweiligen Thema wieder. Als Medium legt "Der Status" einen großen Wert auf Meinungsvielfalt und die freie demokratische Willensbildung - und somit auf die Abbildung eines breiten Spektrums an systemkritischen Denkweisen.

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