Blockade im UN-Sicherheitsrat

Scholz als möglicher Mitwisser: Westen vereitelt neutrale Nord Stream-Aufklärung

Welt
Hintergrund: Freepik (2); Biden: The White House, Wikimedia Commons (public domain); Scholz: Raimond Spekking, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 (freigestellt); Komposition: Der Status.

Spätestens, seitdem der renommierte US-Investigativ-Journalist Seymour Hersh ein detailliertes Stück veröffentlichte, das starke Indizien aufweist, wonach Washington hinter dem Anschlag auf "Nord Stream" stecken könnte, mehren sich die Stimmen nach einer unabhängigen Untersuchung. Als Moskau diese nun im UN-Sicherheitsrat einfordern wollte, legten sich der Westen aber quer. Indes steigt allerdings auch der Druck auf den deutschen SPD-Kanzler Olaf Scholz, ihm wird eine Beihilfe zur Vertuschung der US-Verantwortung vorgeworfen.

Hersh-Vorwurf: Scholz half USA bei Vertuschung

Ein halbes Jahr ist seit dem Terror auf die europäische Energieversorgung vergangen - und der Aufklärungswille des Westens hält sich in Grenzen. Als Hersh im Februar für Aufsehen sorgte, als er unter Berufung auf Insider-Informationen darlegte, dass die USA mithilfe Norwegens die beiden "Nord Stream"-Pipelines sprengen habe lassen, verfing man sich in Dementis. Einige Zeit später preschte die CIA mit einer skurrilen Version vor, wonach eine fünfköpfige "pro-ukrainische Gruppe" dafür verantwortlich sei. Die dort genannten Details wirken wenig glaubwürdig, doch das Gegennarrativ verschaffte dem System etwas Freiraum, um den Ball flach halten zu können. 

Von Anfang an warf auch das Verhalten der deutschen Ampel-Regierung massive Fragen auf: Monatelang schwieg man eisern, obwohl die Pipeline nach Deutschland führt und mit Milliarden aus dem deutschen Volksvermögen errichtet wurde. Weder Berlin noch Washington bemühen sich um Aufklärung - und ausgerechnet in diesen beiden Ländern wurden auch die Hersh-Enthüllungen "nahezu totgeschwiegen", wie der Top-Journalist in einem Folgestück kritisiert. Er erhebt nun neue Vorwürfe: Biden und Scholz hätten sich dazu verabredet, in Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten in den USA und in Deutschland seine Version zu "verdunkeln" und die (absurde) alternative Erklärung zu forcieren.

Kritische Stimmen erinnern - wenn die Hersh-Vorwürfe stimmen, wäre dies ein politischer Skandal der Sonderklasse: 

China, Russland & Brasilien für unabhängige Aufklärung

Das geheimniskrämerische Verhalten im Westen rief zuletzt sogar China auf den Plan. Wie Der Status berichtete, fragte ein Sprecher des dortigen Außenministeriums: "Interessieren sich die westlichen Medien wirklich nicht für die Wahrheit hinter dem Nord Stream-Sprengstoffanschlag? Oder ist etwas anderes im Gange? Was genau wissen sie? Gibt es etwas, das sie zu verbergen versuchen? Ich würde ja davon ausgehen, dass wirklich objektive, unparteiische und professionelle Medien nach der Wahrheit suchen wollen würden." Peking forderte daher eine "objektive, unparteiische und professionelle" Untersuchung; die Verantwortlichen müssten "zur Rechenschaft gezogen" werden.

Auch Russland, dessen Wirtschaftsinteressen durch den Anschlag beeinträchtigt wurden, fordert dies - und brachte diesen Vorstoß nun beim UN-Sicherheitsrat ein. Das Ziel: Eine Resolution, welche eine unparteiische Untersuchung ermöglicht. Doch letztlich stimmten nur Russland, China und Brasilien dafür. Die anderen zwölf aktuellen Mitglieder - die USA, Frankreich, Großbritannien, Albanien, Gabun, Ghana, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ecuador, Japan, Malta, Mosambik und die Schweiz - enthielten sich, wodurch die nötige Zweidrittelmehrheit von neun Stimmen nicht zustande kam. Selbst in diesem Fall wäre aber ein Veto eines der fünf ständigen Mitglieder möglich gewesen. 

Zweifel an Objektivität: Doch Westen mauert

Bei der Begründung, warum man sich der Resolution nicht anschloss, waren die anwesenden Diplomaten entsprechend erfinderisch. Der stellvertretende US-Botschaft bei der UNO, Robert Wood, unterstellte Moskau, die laufenden Ermittlungen zum Anschlag zu untergraben oder diskreditieren zu wollen. Andere Vertreter versteiften sich überhaupt auf das Totschlagargument, wonach Russland lediglich ein Ablenkungsmanöver brauche, um der Kritik wegen des Ukrainekriegs zu entkommen. 

Aktuell finden nationale Ermittlungen vonseiten Deutschlands, Dänemarks und Schwedens statt - diese gerieten zuletzt allerdings merklich ins Stocken. Die deutsche Regierung spielt auf Zeit und will das Ergebnis dieser Erhebungen abwarten, ehe man sich entsprechend äußert. Russland, das die Drahtzieher im angelsächsischen Raum vermutet, ist dabei skeptisch; sein UN-Botschafter Wassili Nebensia gab "große und wohlbegründete Zweifel" an der Objektivität der nationalen Untersuchungen zu Protokoll

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