Einkehr der Vernunft?

Zurück zur Realität: EU-Staaten erwägen russische Gas-Importe nach Ukraine-Krieg

Politik
Symbolbilder: Freepik (2); Komposition: Der Status.

Mit den Sanktionen gegen Russland hatten der Werte-Westen und vor allem die EU versucht Russlands Wirtschaft zu schädigen. Man wollte das Land in die Knie zwingen, wie es die grüne deutsche Außenministerin Annalena Baerbock vollmundig verkündete. Doch der Sanktionsschuss ging nach hinten los. Denn auch die rohstoffabhängige Wirtschaft der EU-Staaten wurde knallhart getroffen und geht derzeit in die Knie. In der EU mehren sich nun Stimmen, die nach einem Ende des Krieges auch die Wiederaufnahme russischer Gasimporte fordern.

Selbstmörderische Sanktionspolitik

Außer Spesen nix gewesen: Man hat zwar "Haltung" gezeigt und dem bösen Kreml-Despoten gezeigt, wo Bertl den Most herholt, aber zu welchem Preis? Die Energiepreise sind in ungeahnte Höhen geschnellt, die europäische Wirtschaft ist angeschlagen und der deutsche Wirtschaftsmotor stottert beträchtlich. Dies haben neben EU-Green Deal und grüner Habeckscher bzw. Ampel-Wirtschaftspolitik vor allem auch die Sanktionen gegen Russland zu verantworten. Denn auf die Idee, sich selbst von günstiger und verlässlicher Versorgung mit Rohstoffen wie Erdgas abzuschneiden, muss man erst einmal kommen.

Hatte doch der Prager Frühling 1968 den Westen Deutschlands nicht daran gehindert, mit der Sowjetunion wenige Jahre später ins Gas-Geschäft zu kommen und auch während des Afhganistan-Einmarsches der Sowjetunion, des Kaukasuskriegs, der Tschetschenienkriege etc. floss Erdgas von Ost nach West. Doch 2022 war plötzlich alles anders und man ließ sich in einem geradezu terroristischen Akt sogar die Energieinfrastruktur - Nord Stream-Pipeline - zerstören, ohne die Schuldigen angemessen zur Rechenschaft zu ziehen. Und die sind, anders als der Mainstream ursprünglich suggerierte, nicht in Moskau zu suchen, sondern wahlweise in Kiew und/oder Washington.

Umdenken in der EU?

Nun scheint in einigen Teilen allerdings so etwas wie - wenn auch verspätet - Realitätssinn einzukehren. So berichtet die "Financial Times", dass unter europäischen Beamten darüber diskutiert wird, ob im Zuge eines Endes des Ukraine-Krieges nicht auch die russischen Gaslieferungen wieder aufgenommen werden könnten. Dies würde nicht nur helfen, die hohen Energiepreise in Europa zu senken, sondern könnte auch, so die Erwartungen, ein Anreiz für Moskau sein, am Verhandlungstisch Platz zu nehmen und Waffenstillstands- und Friedensvereinbarungen zuzustimmen und diese in weiterer Folge auch einzuhalten.

Vor allem deutsche und ungarische Beamte würden in diese Richtung argumentieren, so drei mit dem Thema vertraute Personen gegenüber der FT. Aber auch andere europäische Länder befürworten derartige Schritte um die Energiekosten in den Griff zu bekommen.

Ukraine wieder mal dagegen

Es gibt jedoch auch Widerstand gegen derartige Pläne. So unter anderem von Seiten des Ukraine-Machthabers Wolodymyr Selenski: "Die Beendigung der heißen Phase des Krieges ist entscheidend... Diplomatische Lösungen sind vorzuziehen - weniger Opfer, weniger Verluste.“ Auf Anfragen bezüglich Wiederaufnahmen von Gasimporten aus Russland erfolgte keine Reaktion. Aber auch Brüsseler Beamte sowie Diplomaten aus einigen osteuropäischen Ländern können mit der Idee wenig anfangen: "Das ist Wahnsinn. Wie dumm können wir sein, dass wir diese Option überhaupt in Betracht ziehen?", wird ein Beamter von der FT zitiert.

Politik für Europa oder die USA?

Auch auf der anderen Seite des großen Teiches zeigt man sich wenig erfreut.  US-Präsident Donald Trump drohte etwa der EU auch mit Zöllen, sollte man wieder auf russisches Pipelinegas zurückgreifen und nicht noch mehr Flüssigerdgas aus den USA kaufen. Dieses ist zwar deutlich teurer, aber ist ein Gewinn für die US-Wirtschaft. In diesem Gesichtspunkt unterscheidet sich die Haltung des Hegemons somit in der Konsequenz unter der "America First"-Politik unter Trump ausnahmsweise nicht von der Weltpolizei-Doktrin seiner Vorgänger.

Für die europäische Politik sollte jedoch maßgeblich sein, billige Energie und Rohstoffe zu bekommen, um die eigene Wirtschaft zu stärken. Denn die Gaspreise in Europa sind drei- bis viermal so hoch wie die in den USA. Und LNG-Exporteure in den USA sehen ihre Gewinne in Gefahr. Sie hofften auf langfristige Lieferverträge mit Europa. Durch eine Wiederaufnahme der Importe russischen Pipelinegases würden sie auf ihrem Gas sitzenbleiben, weil es nicht wettbewerbsfähig sei, so Beamte.

Dass es mit dem Frieden, den Trump am ersten Tag versprach, nicht wirklich vorangeht, könnte auch daran liegen. Denn zuletzt war auch Ditte Juul Jørgensen, ein Energiebeauftragter der Europäischen Kommission in den USA, um mit LNG-Exporteuren Gespräche über mögliche langfristige Lieferungen zu führen. Den Abschluss will Trump vermutlich abwarten und in trockenen Tüchern haben, bevor er sich an den großen Brocken des Friedens im Osten wagt.

Es geht nicht ohne russische Rohstoffe

Dass sich Europa mit den Sanktionen und dem Export von teuren US-Flüssiggas ins eigene Knie schießt, war jedoch keine Überraschung. Bereits im September 2022 hatte die "Bank für Internationalen Zahlungsausgleich" (BIZ) festgestellt, dass russisches Erdöl, aber auch andere Rohstoffe aus dem Riesenreich nicht so einfach und vor allem auch nicht wirklich kostengünstig zu ersetzen wären - Der Status berichtete.

Dies zeigen selbst die Zahlen der EU. Zwar geht man derzeit damit hausierern, dass der Anteil von russischem Pipeline-Gas von über 40 Prozent im Jahr 2021 auf etwa 8 Prozent im Jahr 2023 gefallen. Ende 2024 verkündete Russland allerdings, dass trotz Sanktionen seine Gasexporte in europäische Länder um 18 bis 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen seien. Dafür dürften nicht zuletzt auch die stark gestiegenen LNG-Importe aus Russland in EU-Staaten verantwortlich sein. Fraglich ist dabei auch, wie viel russisches Gas zudem unter dem Etikett anderer Länder noch in der EU landete.

Diese systematische EU-Augenwischerei zeigte sich auch bereits bei den Sanktionen gegen russisches Erdöl und Treibstoffe. Selbst der deutsche Staatsfunk kam nicht umhin zuzugeben, dass russisches Öl in Größenordnungen über Indien den Weg nach Europa findet - wenn auch mit einem saftigen Preisaufschlag, den die Verbaucher letztlich zu zahlen haben. Die Sanktionsträumereien wurden also schneller von der Realität eingeholt, als die Tinte auf den Beschlüssen trocken war.

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