Zu Gast bei Freunden?: BRICS-Gipfel in Kasan soll Weichen gegen US-Dollar stellen
Nachdem der BRICS-Gipfel im vergangenen Jahr in Südafrika stattfand, versammeln sich heuer die Mitglieder des Staatenbundes im russischen Kasan an der Wolga. Auf der Tagesordnung dürfte einmal mehr die Abkoppelung von der Vormachtstellung des Dollar und somit von der Dominanz der USA im internationalen Zahlungsverkehr stehen. Aber auch neue Aufnahmen stehen an, so etwa die des NATO-Staates Türkei.
Der Westen ist nicht die Welt
Es zeigt, dass die multipolare Welt wenig von der Dominanz oder den Wünschen des Westens hält. Obwohl Russland derzeit der Paria der "freien westlichen Welt" ist und mit Sanktionen überzogen wird, ist das Land keinesfalls isoliert, so wie es sich westliche Strategen erhofften.
Denn beim BRICS-Gipfel, der in Putins Reich des Bösen stattfindet, sind Brasilien, Indien, China, Südafrika und auch andere Mitglieder des Staatenbundes, wie Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate vertreten - in Südafrika schwoll man immerhin von 5 auf 10 Mitgliedsstaaten an. Ebenso Staaten, die mit einer Mitgliedschaft liebäugeln, darunter Malaysia, Laos, Weißrussland und Vietnam.
Dass auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres dem Gipfel einen Besuch abstatten und sich mit Putin treffen will, rief die Ukraine auf den Plan, die den Besuch scharf kritisierte.
NATO-Staat will Aufnahme
Zuletzt sorgte auch das Ansinnen des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan für Aufregung im westlichen Lager. Denn Erdogan, der schon vor dem Ukraine-Konflikt ein eigenes Spiel spielte, seit Ausbruch des Krieges aber keine klare Stellung im westlichen Sinne bezog, reist ebenfalls nach Kasan. Hatte doch die Türkei, als bisher einziges NATO-Land eine Mitgliedschaft in dem Staatenbündnis beantragt.
Und das Bündnis scheint weiter attraktiv zu sein. Neben der Türkei will zudem auch Thailand beitreten. "Die BRICS-Mitgliedschaft bedeutet für Thailand den Beitritt zu einer Vereinigung, die die Interessen des globalen Südens zum Ausdruck bringt, dessen Bedeutung in der Welt stetig zunimmt", so bereits im Juni der thailändische Außenminister. Aber auch Serbien scheint inzwischen eine BRICS-Mitgliedschaft der der EU vorzuziehen, auch wenn man derzeit noch mit der EU über Rohstoffdeals verhandelt.
Sanktionen könnten jeden treffen
Maßgeblich für das plötzliche Interesse an dem Bund dürften die Erfahrungen der letzten Jahre mit der US-dominierten Politik des Westens sein. "Jeder versteht, dass man mit US-amerikanischen oder anderen westlichen Sanktionen konfrontiert werden kann", so der russische Außenminister Sergej Lawrow im Vorfeld des Treffens. Und dies umso leichter, da die USA das Drehkreuz für den internationalen Zahlungsverkehr mit Dollar sind, wie der Economist in einem Artikel ausführt.
Und dies, so die Analyse, würde den USA und ihrer Führung einen "enormen Hebel der Macht" verschaffen, "den sie gerne als Alternative zum Krieg einsetzt". Und dieser Hebel wird gern und ausgiebig genutzt. So stieg die Zahl von Personen, gegen die die USA Sanktionen verhängt haben, allein in den zwei Jahrzehnten bis 2021 um mehr als 900 Prozent, auf etwa 9.400 an. Zudem wurden einige ausländische Banken vom Zahlungssystem SWIFT getrennt und 2018 hat SWIFT den Iran abgeschaltet.
Massive Aktionen gegen Russland
Dies alles sei aber nichts im Vergleich dazu gewesen, wie man auf Russland und den Ukraine-Krieg reagiert habe, so der "Economist". 2022 habe der Westen russische Auslands-Guthaben in Höhe von 282 Mrd. USD eingefroren, russische Banken von SWIFT getrennt und sie dann gekundert, Zahlungen über amerikanische Banken abzuwickeln. Die USA hätten auch mit 'sekundären Sanktionen' gegen Banken in anderen Ländern gedroht, die Russlands Kriegsanstrengungen unterstützen.
Und weiter: "Selbst europäische Politiker, die Sanktionen befürworten, waren alarmiert, wie schnell Visa und MasterCard - zwei amerikanische Unternehmen, auf die sich die Eurozone im Massenzahlungsverkehr verlässt - ihre Geschäfte in Russland geschlossen haben". Aus diesem Grund arbeiten die BRICS-Staaten zunehmend an einem eigenen Zahlungssystem, welches "wirtschaftliche Operationen ermöglichen" soll, "ohne von denjenigen abhängig zu sein, die beschlossen haben, den Dollar und den Euro als Waffe einzusetzen".
BRICS-Brücke
In China reifen schon länger Pläne dazu, die Wirtschaft unabhängiger vom Dollar zu machen und vermehrt auf Landeswährungen für den internationalen Handel zu setzen. Dies wurde zuletzt auch von BRICS immer weiter konkretisiert, wobei das System an seine Grenzen stößt. Deshalb soll mit der "BRICS-Brücke", wie man es nennt, ein eigenes Zahlungssystem ins Leben gerufen werden.
Aber man will offenbar noch weiter. So schreibt der "Economist", dass sich bereits im Vorfeld des Gipfels Beamte der BRICS-Staaten zu einer Reihe von Treffen zusammengefunden hatten. Dort war nicht nur die Schaffung eines Zahlungssystems, welches etwa Visa und Mastercard ersetzen soll, ein Thema, sondern auch die Schaffung einer eigenen Kreditbewertungsagentur, die mit den wichtigsten westlichen Agenturen konkurrieren soll. Das bisherige westliche System der Agenturen sei "anfällig für Politisierung".
Zudem soll auch die Gründung einer Rückversicherungsgesellschaft erörtert worden sein, um die westlichen Gesellschaften zu umgehen, die etwa Tanker, die russisches Öl transportieren, nicht rückversichern dürfen. Aber auch eine Initiative für eine eigene digitales Währung, um den Zahlungsverkehr untereinander zu vereinfachen, ist in Planung. Auch bei Rohstoffen, wie für Getreide hatte man bereits angekündigt, womöglich eigene Wege gehen zu wollen.
+++ Folgt uns auf Telegram: t.me/DerStatus & auf Twitter/X: @derStatus_at +++
Dir gefällt unsere Arbeit? Unterstütze uns jetzt mit deiner Spende, damit wir weiterhin berichten können!
Kontoinhaber: JJMB Media GmbH
IBAN: AT03 1500 0043 9102 6418
BIC: OBKLAT2L
Verwendungszweck: Spende