Überall wittern sie Nazisprech...

Wegen Kritik an 'Umvolkung': Systemparteien spielen Sprachpolizei

Politik
Plenarsaal: © Robert Kropf, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, Bildzitate (3): Heute.at, ORF.at, OTS.at; Komposition: Der Status.

Die Kritik an der schleichenden Umkehrung der demographischen Mehrheitsverhältnisse in Österreich wollen die Systemparteien am Liebsten mundtot machen. Egal, ob man sie nun als "Bevölkerungsaustausch" oder "Überfremdung" bezeichnet, wittern sie dahinter finstere Zeiten im Anmarsch. Nun echauffierte man sich mit medialer Schützenhilfe (die "Heute" machte es gleich zum "Nazi-Wort") über die Verwendung des Begriffes "Umvolkung" seitens des FPÖ-Mandatars Peter Wurm, um dieses Phänomen zu beschreiben.

Systemparteien wittern "Nazi-Sprech"

"Nazi-Sprech" orteten SPÖ als und ÖVP in vom ORF üppig zitierten Aussendungen, doch den Vogel schossen die Grünen ab. Deren "Rechtsextremismus-Sprecher" Lukas Hammer sorgte bereits mehrfach für Aufregung, etwa als er fälschlich eine regierungskritische Demo in Verbindung mit einem zeitgleichen antisemitischen Angriff in einem anderen Wiener Gemeindebezirk brachte. Oder als er eine "Hitlergruß-Zeitungsente" über Elon Musk nutzte, um ein Einreiseverbot des US-Unternehmers in Österreich zu fordern.

Nun behauptet Hammer, die FPÖ benutze "bewusst einen eindeutig belasteten Ausdruck", der auf die "systematische Vertreibungs- und Vernichtungspolitik der Nazis Bezug nimmt". Angeblich gebe es bei diesem "keinen Graubereich", was eine "kurze Internetrecherche über Ursprung und Verwendung des Begriffs" klarstellen würde. Als sein eigener Parteichef Werner Kogler im Oktober mit einem "Ein Volk, ein Reich, ein Führer"-Sager schockierte, gab sich der Grüne freilich weit weniger schockiert.

Auch Wissenschaftler nutzten "Umvolkung"

Die Parteien empörten auch darüber, dass FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz keinen Ordnungsruf verteilte, weil man das Wort auch in einem anderen Zusammenhang verwenden könne. Dies ist historisch richtig: Zum einen ist der Begriff spätestens 1915 - also 5 Jahre vor Gründung der NSDAP & 18 Jahre vor deren Machtergreifung - belegt. Zudem nutzte ihn 1929 der Bevölkerungswissenschater Friedrich Burgdörfer, der auch nach dem Krieg in München als Uni-Professor diente.

Tatsächlich gibt es quasi "zwei Umvolkungen": Jene aus dem NS-Jargon betraf die Entgermanisierung von Auslanddeutschen und die Umsiedlung "volksfremder" Personen im Zuge der Ostsiedlung. Jene aus der Burgdörfer-Definition hingegen beschrieb die Ansiedlung fremder Migranten bei zeitgleichem Geburtenmangel der Autochthonen und kam so später auch beim renommierten Anthropologen Irenäus Eibl-Eibesfeldt vor. In den 90er- & Nuller-Jahren fiel der Begriff in dieser Bedeutung auch im Wiener Parlament.

Worte nur aus freiheitlichem Mund böse?

Wenn die Systemparteien wieder einmal "Sprachpolizei" spielen, dann stets auf schiefer Ebene. So bezeichnete die heutige NEOS-Außenministerin Beate Meinl-Reisinger einst die FPÖ und Bürger, die dem Corona-Impf-Experiment kritisch gegenüberstanden, als "Volksverräter". Auch Grünen-Chef Werner Kogler betitelte Kickl gehässig als "Volksverräter". Den Aufschrei, dass es sich dabei um einen angeblichen "Nazi-Begriff" handle, gab es medial freilich erst, als FPÖ-Chef Herbert Kickl den Systemparteien umgekehrt vorschlug, gemeinsam als "Liste Volksverrat" anzutreten.

Ähnlich verhielt es sich beim Wort "Systemparteien" selbst: Auch hier sah der Bilderberger-"Standard" erst ein Relikt finsterer Zeiten, als die FPÖ den Begriff nutzte. Als die NEOS-Chefin und sogar der grüne Bundespräsident Alexander van der Bellen (!) den Begriff vor Jahren benutzten, blieb der Aufschrei hingegen aus. Besonders skurril wird's beim "Volkskanzler": Kreisky & Figl nannte man über Jahrzehnte so, Gusenbauer & Kurz wollten es sein und scheiterten grandios. Aber bei Kickl behauptete dann sogar der ORF, es sei NS-Jargon. Eine Plattform des nunmehrigen NEOS-Klubdirektors hängte auf der Behauptung im Vorjahr sogar einen irren Kickl-Hitler-Vergleich auf.

Salomonische Lösung: Wurm nimmt Begriff zurück

Erst diese Woche entschied ein Gericht, dass ein solch plumper Vergleich "unzulässig" ist. Übrigens anders als die Bezeichnung des "Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands" (DÖW) als "kommunistische Tarnorganisation" - das war laut einem Urteil aus den 90er-Jahren ein zulässiges Werturteil auf Faktensubstrat. Was Ex-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) freilich nicht davon abhielt, vor einigen Jahren für die Wiederholung des Vorwurfs einen Ordnungsruf zu erteilen...

Dass Rosenkranz bei der "Umvolkung" darauf verzichtete, war letztendlich eine salomonische Lösung: Denn er bot Wurm, der zwischendurch terminlich verhindert war, selbst Stellung zu beziehen. Dieser bot nach dem Bahö an: "Ich nehme im Sinne einer gedeihlichen Zusammenarbeit hier im Haus diesen Begriff gerne zurück, wenn sie wollen. Überhaupt kein Thema." Am eigentlichen Problem, das er anspreche, ändere dieser Umstand allerdings nichts.

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