Verwirrspiel im Importfleisch-Skandal: Nicht ÖVP, sondern ÖVP ist schuld?
Symbolbild: Freepik; Totschnig: TK (UIBK), Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0; Komposition: Der Status.
Vergangenes Wochenende sorgten Enthüllungen für Aufsehen, dass man ausgerechnet in der Kantine des schwarzen Landwirtschaftsministeriums auf Importfleisch zurückgreift. Einige Tage später folgt nun aber eine besonders absurde Darstellung: ÖVP-Minister Norbert Totschnig seien die Hände gebunden, weil der Vertrag ja schon zehn Jahre bestehe. Was dabei nicht erwähnt wird: In Ressortverantwortung war damals auch ein Minister seiner Partei.
Totschnig übt sich in Kindesweglegung
Nach außen hin auf "Regionalität" setzen, aber in der eigenen Kantine nur zu 30% auf heimisches Fleisch setzen: Diese Optik war für Totschnig verheerend. Aber auf die Inseratenkaiser-Medien dieses Landes ist Verlass - zumindest nach einem "oe24"-Artikel zu urteilen, der eine Ministerialaussendung für bare Münze nimmt. So ist zu lesen: "Der unbefristete Pachtvertrag mit der Beitreiberkantine im Stubenbastei 5 wurde bereits vor über zehn Jahren abgeschlossen. Die Lebensmittelbeschaffung wurde damals im Vertrag nicht vorgeschrieben." Dies gehe aus einer Anfrage an Grünen-Chefin Leonore Gewessler, die dort als "Totschnigs Vorgängerin" bezeichnet wird, hervor.
Damit soll beim Leser verbleiben: Nicht Totschnig, sondern Gewessler sei dafür verantwortlich. Dabei war deren Hauptbeitrag zur Kantinen-Operation die Vorschreibung eines Bio-Anteils von 25% sowie die Einführung eines "Klima-Tellers", der mangels Interesse und Wirtschaftlichkeit noch in ihrer Amtszeit wieder eingestampft wurde. Totschnig selbst erinnert in einer Aussendung, dass sich im Stubenring 1 ja auch noch das SPÖ-Sozialministerium und das ÖVP-Wirtschaftsministerium befänden, dort habe man keinen Einfluss auf die Pachtsituation. In der Stubenbastei 5 habe man lediglich man einen laufenden Vertrag übernommen, der aber nach Ablauf neu auszuschreiben sei.
Zumeist schwarze Ressortverantwortung
Wieiters ist die Rede davon, dass das Ministerium in Dienststellen mehrere Kantinen direkt betreue, bei denen der Österreich-Anteil bei 80 Prozent liege. Und: "Wohlgemerkt fließen hier auch Produkte wie Kaffe oder Kakao ein", die nicht aus Österreich stammen können. Die dort verwendeten Zahlen sind 1:1 aus der "Richtigstellung" des Ministeriums übernommen, ohne dies redaktionell kenntlich zu machen. Die ganze Abhandlung mag ihre Richtigkeit haben, aber ist letztendlich nur eine Halbwahrheit. Denn selbst die Umwelt-Agenden waren nur während der letzten 6 Jahre aus dem Landwirtschaftsressort ausgeklammert.
Ansonsten befanden sie sich seit 1994 praktisch durchgängin in dessen Portefeuille. Die zuständigen Minister für Landwirtschaft UND Umwelt in diesem Zeitraum: Franz Fischler, Jürgen Weiß, Wilhelm Molterer, Josef Pröll, Nikolaus Berlakovich, Andrä Rupprechter, Elisabeth Köstinger und nunmehr Norbert Totschnig. Ihnen allen gemein ist das schwarze Parteibuch. Bezieht man die Information, wonach der Vertrag schon seit "über 10 Jahren" bestünde, landet man also bei Totschnigs engerem Landsmann und Parteifreund Rupprechter. Und gemäß einer Pröll-Anfragebeantwortung von 2005 zeigt sich: Die Verantwortung für die Stubenbastei-Kantine lag damals bei der ÖVP.
Angst um bäuerliche Stimmen?
Dass die ÖVP mithilfe der Medienlandschaft in die Offensive geht, hat einen pikanten Grund. Denn nach der Enthüllung über das EU-Importfleisch, weiß etwa das "Landwirtschaftliche Wochenblatt" zu berichten, dass die heimischen Bauern "empört" seien. Und das wäre für die Volkspartei, die in Umfragen ohnehin nur mehr bei 20-23% steht, ein wahren Nackenschlag. Gelten weite Teile der Bauernschaft doch traditionell als verlässliche Schwarzwähler.
Auch die "Landjugend", obschon außerhalb Tirols formell eine überparteiliche Organisation, gilt als eng mit der Volkspartei verwoben. Zu deren Funktionären, die es in auf die Ministerialebene schafften, gehört neben der aktuellen ÖVP-Familienministerin Claudia Plakolm auch Totschnigs Ressortvorvorgängerin Köstinger. Der ÖVP-"Bauernbund" selbst wiederum entsandte schon vor Totschnig mit Pröll, Molterer und wiederum Köstinger mehrere Landwirtschaftsminister.
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