Israels 'unabdinglicher' Angriff?

US-Geheimdienste kontern: Iran Jahre von Atombombe entfernt

Politik
Bild: Nanking2012, CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons

Die offizielle Begründung der israelischen Regierung für den Angriff auf den Iran lautet, dieser sei kurz davor, Atomwaffen herstellen zu können. Doch nun kommt Widerspruch aus unerwarteter Richtung. Denn laut US-Geheimdienstinformationen sei der Iran noch Jahre davon entfernt Kernwaffen herstellen zu können. Und zudem würde das Land auch gar nicht aktiv nach derartigen Waffen streben.

Wird es ein zweites Irak-Debakel? Immerhin wird nach den Massenvernichtungswaffen, die damals herhalten mussten, damit die USA und Großbritannien den Irak angreifen konnten, noch immer gefahndet. Denn bis heute wurden keine Massenvernichtungswaffen gefunden, ein Regime Change wurde durch den folgenden Krieg dennoch durchgeführt - und die Folgen des Krieges sind bis heute nicht überwunden. Zuletzt mussten nun vermeintliche Kernwaffen als Begründung für den israelischen Angriffskrieg gegen den Iran herhalten. Anders als der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands fehlt es im Werte-Westen allerdings an Verurteilungen, stattdessen wird die betont, dass es Präventivschlag zur Verteidigung sei. Begründungen, die man anderen Staaten nicht zugesteht, wie auch Alexander Neu in seinem Status-Artikel analysiert.

Laut US-Geheimdiensten keine Atomwaffen

Nun berichtet CNN, in Berufung auf US-Geheimdienste, dass die israelische Darstellung falsch sei. So erklären vier mit der Analyse vertraute Personen gegenüber CNN, dass der Iran nicht nur nicht aktiv nach einer Atomwaffe strebe, sondern auch bis zu drei Jahre davon entfernt sei, eine solche herzustellen, sowie auch ein Ziel damit anzugreifen. Ein anderer hochrangiger US-Beamter erklärte gegenüber CNN, der Iran sei "so nah dran, wie man nur sein kann, bevor er (eine Atomwaffe) baut. Wenn der Iran eine wollte, hätte er alles, was er bräuchte". Allerdings sind sich US-Geheimdienstmitarbeiter einig, dass die israelischen Luftangriffe, die bisher erfolgten, den Iran bzw. dessen Atomprogramm, auf den die Angriffe abzielen, bisher nur um einige Monate zurückgeworfen haben könnte. Und ohne US-Hilfen dürfte es Israel auch nicht gelingen, die Anlagen zu zerstören. "Israel kann über diesen Nuklearanlagen schweben und sie funktionsunfähig machen, aber wenn man sie wirklich zerstören will, muss man entweder einen US-Militärschlag durchführen oder ein Abkommen schließen", so Brett McGurk, CNN-Analyst. und ehemaliger Spitzendiplomat für den Nahen Osten unter den Regierungen Trump und Biden.

Unsicherer Kurs

Und derzeit ist noch unklar, ob sich die USA in den Konflikt einmischen oder nicht. Aufforderungen zu Verhandlungen und Drohungen gegen den Iran wechselten bei Trump ab. Allerdings, so CNN, stellte das US Central Command, das für die amerikanischen Militäroperationen im Nahen Osten zuständig ist, zuletzt die Dringlichkeit des iranischen Strebens nach einer Atomwaffe deutlicher heraus, als die zivilen Geheimdienste. Vor den israelischen Angriffen war das Central Command der Meinung, dass der Iran schneller eine einsatzfähige Atomwaffe erlangen könnte, wenn er auf dies wirklich will, so vertraulische Quellen gegenüber CNN. Zudem, so der Nachrichtensender weiter, erklärten US-Militär- und Geheimdienstbeamte, dass die USA und Israel oft unterschiedliche Auffassungen über das iranische Atomprogramm haben, auch wenn sie diese Informationen eng miteinander teilen.

Der jahrzehntelange Weg zur Atombombe

Auffällig ist dabei, dass bisher viele der Einschätzungen komplett daneben lagen, zumindest vorausgesetzt dem Fall, dass der Iran keine Kernwaffen hat. So schrieb etwa 1995 bereits die New York Times "Iran May Be Able to Build an Atomic Bomb in 5 Years, U.S. and Israeli Officials Fear" (Iran könnte in 5 Jahren eine Atombombe bauen, befürchten amerikanische und israelische Beamte). In den folgenden Jahren finden sich dann immer wieder ähnliche Warnungen. 2005 schrieb der Guardian "Iran could make nuclear bomb 'within five years'" (Iran könnte „innerhalb von fünf Jahren“ eine Atombombe bauen), 2010 berichtete Reuters "Pentagon: Iran needs 3-5 years to build usable atom bomb" (Pentagon: Iran braucht 3-5 Jahre, um eine brauchbare Atombombe zu bauen), um nur einige wenige exemplarisch anzuführen. Der Iran bekräftigte immer wieder, nicht an Kernwaffen zu arbeiten.

Unterschiedliche Auslegung der Informationen

Trumps Direktorin für nationale Nachrichtendienste, Tulsi Gabbard, sagte im März aus, dass die US-Geheimdienste "weiterhin davon ausgehen, dass der Iran keine Atomwaffe baut und dass der Oberste Führer Khamenei kein Atomwaffenprogramm genehmigt hat, das er 2003 ausgesetzt hat", zitiert CNN. 2003, als man dem Iran vorwarf, in der Atomanlage Natanz Proben von waffentauglichen Uran gefunden zu haben, erklärte das Land, dass vermutlich eingeführte Ausrüstung kontaminiert gewesen und zu den Proben geführt habe, dies wurde auch später durch eine Untersuchung bestätigt. Israels Premier Netanjahu erklärte allerdings zuletzt: "Die Informationen, die wir erhalten haben und die wir mit den Vereinigten Staaten geteilt haben, waren absolut klar und eindeutig, dass sie an einem geheimen Plan arbeiteten, um das Uran waffenfähig zu machen. Sie sind sehr schnell vorgegangen." Nun, so einige mahnende Stimmen, könnte der Iran aufgrund des Angriffs allerdings erst recht geneigt und bereit sein, Atomwaffen zu entwickeln. Wobei er allerdings auch ein brauchbares Trägersystem bräuchte, was wesentlich länger dauern könnte, als die bloße Anreicherung von Uran und der Bau von Sprengköpfen. Fraglich ist zudem, ob er über das Fachwissen und die Kapazitäten dazu hat.

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