Die Schatten der ÖVP

U-Ausschuss: Mordverdacht, Machtmissbrauch, Pilnacek

Politik
Bild: Bundesministerium für Finanzen: Wikimedia Commons, CC BY 2.0

Dieser U-Ausschuss bringt die ÖVP zum Zittern. Die FPÖ bringt den Krimi um den rätselhaften Tod von Christian Pilnacek, dem früheren Top-Beamten des Justizministeriums, ins Rollen. Im Zentrum des Geschehens steht immer wieder Ex-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Was weiß er über den Tod von Christian Pilnacek?

Dank der hartnäckigen Recherchen des Journalisten Michael Nikbakhsh, dessen Podcast „Dunkelkammer“ mit bisher geheimen Transkripten aufwartet, sowie der Aufdeckerplattform ZackZack von Peter Pilz kommt Stück für Stück ans Licht: Handelt es sich beim Tod Pilnaceks tatsächlich um Selbstmord – oder steckt ein politischer Mord dahinter, der auf höchster Ebene vertuscht wurde?

Der Laptop und die Zweifel an der Todesursache

Als Pilnacek im Oktober 2023 tot in der Donau gefunden wird, heißt es offiziell: Suizid. Doch schon früh tauchen Zweifel auf – insbesondere bei seiner Vertrauten Karin Wurm und deren Mitbewohnerin Anna P., Mitarbeiterin Sobotkas.

Ein entscheidender Punkt: der verschwundene Laptop Pilnaceks, der möglicherweise brisante Daten enthielt. Laut Nikbakhshs Podcast soll Bundespolizeidirektor Michael Takàcs Anna P. geraten haben, den Laptop „verschwinden“ zu lassen. Sobotka selbst habe laut Anna P. gar nicht wissen wollen, was auf den USB-Sticks drauf sei – aus Angst davor „Fingerabdrücke“ zu hinterlassen.

Anna P. beschreibt Sobotka als „sehr vergesslich“ – könnte dies eine Ankündigung von "Erinnerungslücken" des ehemaligen Nationalratspräsidenten anlässlich des U-Ausschusses sein? P. habe sich jedenfalls entschieden, ihm nicht proaktiv Informationen zu liefern, weil er ohnehin vieles vergesse.

Eine weitere Schlüsselfigur ist Wolfgang Rauball. Der deutsche Unternehmer und enge Kontakt Pilnaceks ist ebenfalls in die Laptop-Frage verwickelt. Anna P. berichtete, sie habe den Laptop an den Journalisten Christian Mattura übergeben, weil Rauball gesagt habe, er wisse jemanden, der sich die Inhalte ansehen könne. Rauball, der als eine Art stiller Finanzier mancher Aktionen im Hintergrund galt, ist mittlerweile verstorben. Damit könnte eine wichtige Informationsquelle für immer verloren sein.


Der Untersuchungsausschuss rollt an – Machtmissbrauch im Visier

Mit dem offiziellen Untersuchungsausschuss-Verlangen der FPÖ ist die politische Bombe nun gezündet. Unter dem Titel „ÖVP-Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschuss“ will die FPÖ nicht nur die Umstände rund um den mysteriösen Tod von Christian Pilnacek aufklären, sondern auch die Corona-Politik der vergangenen Jahre auf den Prüfstand stellen.

Wie aus einer Parlamentskorrespondenz vom 21. Mai 2025 hervorgeht, verdächtigt die FPÖ insbesondere die ÖVP, aber auch das von den Grünen geführte Justizressort, über Jahre hinweg Einfluss auf die Justiz, Sicherheitsbehörden und unabhängige Medien genommen zu haben. Im Fokus steht beim Fall Pilnacek die Frage, ob es zu parteipolitischen Eingriffen bei der Spurensicherung, der Obduktion, der Sicherstellung von Beweismitteln und der Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kam.

Der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker spricht von einem notwendigen Schritt, um „die politischen wie administrativen Mechanismen offenzulegen, durch die mutmaßlicher Machtmissbrauch, Korruption und Repression über Jahre hinweg ermöglicht und weiter angefacht wurden“. Es gehe darum, die rechtsstaatliche Integrität wiederherzustellen. Besonders alarmierend: Die FPÖ sieht Hinweise auf „unbefugtes Entfernen von Beweismitteln“, „Verfälschung von Ermittlungsergebnissen“ sowie eine „gezielte strafrechtliche Verfolgung“ jener Journalisten, die – wie Michael Nikbakhsh oder Peter Pilz – an der Aufarbeitung der Causa Pilnacek beteiligt sind. 

Keine Gespräch mit Journalisten, stattdessen Rechtsweg

Auch Der Status wurde bereits durch die Sobotka-Mitarbeiterin aufgrund eines Artikels in der Vergangenheit mit Klage bedroht, was zu teuren Rechtskosten führte. Auf eine Presseanfrage via SMS antwortete P. nicht. Jetzt stellt sich heraus: Laut dem Podcast soll Sobotka mehrfach Anna P. ermahnt haben, nicht mit Journalisten zu sprechen und keinen Zweifel an der offiziellen Version des Todes aufkommen zu lassen. Auch ein ÖVP-Mitarbeiter aus dem Parlamentsklub habe nachgefragt, ob sie dicht halte. Nikbakhsh: „An anderer Stelle schildert Anna P. auch eine Begegnung mit einem Mitarbeiter des ÖVP-Klubs, der sich ebenfalls versichern wollte, dass sie in der Sache Pilnacek mit keinem redet.“

Der "Dunkelkammer"-Podcast enthüllt, dass auch Tirols Landespolizeidirektor Helmut Tomac in der Runde der Zweifler auftauchte: Er soll laut Anna P. gegenüber Rauball gesagt haben, dass „da etwas ganz gewaltig nicht stimme“.

Der Untersuchungsausschuss steht nun vor einer gigantischen Aufgabe:

  • War der Tod Pilnaceks tatsächlich ein Selbstmord, oder war es Mord?
  • Wer wusste in der ÖVP-Spitze von brisanten Daten und verschwundenen Geräten?
  • Hat Sobotka versucht, Spuren zu verwischen und Zeugen zum Schweigen zu bringen, wie die Recherchen von Nikhbakhsh und Pilz glauben lassen? 
  • Welche Rolle spielten Michael Takàcs, Anna P., Karin Wurm, Christian Mattura und der verstorbene Wolfgang Rauball in der Laptop-Causa?

Politkrimi mit Potenzial zum größten Justizskandal

Der Fall Pilnacek hat das Zeug, der größte Justiz- und Politskandal der letzten Jahre zu werden. Was als mysteriöser Todesfall begann, entpuppt sich als komplexes Geflecht aus Loyalitäten, Macht, Vertuschung und der verzweifelten Angst, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Mit dem U-Ausschuss wird derPolitkrimi erst richtig ins Rollen kommen.

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