Symptome bekämpfen: Irrwitziger Leitfaden für 'Gewalterfahrung' an Schulen

Deutschland verändert sich - und geht es nach den Politikern der Systemparteien, ist das gut so. Dabei kommen jedoch durch die Politik der vergangenen Jahre immer neue Probleme hinzu, die nun einer zumindest oberflächlichen Lösung bedürfen. In Nordrhein-Westfalen wurde nun etwa vom Schulministerium ein Leitfaden herausgegeben, wie Lehrkräfte bei "Gewalterfahrungen" reagieren sollen.
Deutschland, einig Messerland?
Deutschland und auch andere Länder in Europa versinken zunehmend in einem Sumpf aus Gewalt. Dies zeigen nicht nur die Messerattacken des vergangenen Wochenendes in Berlin, Hamburg oder im schleswig-holsteinischen Trittau, die Menschenleben kosteten, sondern auch die Kriminalstatistiken, die eine deutliche Zunahme von Gewaltkriminalität offenbaren. Dabei scheint Gewalt allgegenwärtig, egal ob auf der Straße, im öffentlichen Verkehr, bei Veranstaltungen oder in Arztpraxen.
So klagte im August des vergangenen Jahres der Kassenärzte-Chef über eine Gewaltwelle auch in deutschen Arztpraxen. Und es geht soweit, dass etwa in Berlin Selbstverteidigungskurse für Klinikpersonal stattfinden. Denn auch in Kliniken und Notaufnahmen nehmen Beleidigungen, Beschimpfungen, Drohungen und auch Gewalt zu. Aber auch an Schulen scheint das Gewaltpotential beträchtlich zu steigen, so dass die Realität nicht mehr zu ignorieren ist.
Leitfaden für Schulen
Sonst käme das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen wohl kaum nur aus Jux und Tollerei und weil man in der Behörde zu viel Zeit hat, auf die Idee, einen Leitfaden unter dem Titel "Sicher handeln bei Gewalterfahrungen von Beschäftigten an Schulen" zu veröffentlichen. In der dazugehörenden Aussendung heißt es dazu: "Gleichwohl bilden auch Schulen die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen ab und so macht der Anstieg an Gewalttaten in der Gesellschaft auch vor unseren Schulen keinen Halt."
Der Leitfaden ist dabei nur eine Ergänzung bereits bestehender Präventionsprogramme und Hilfsprogramme, die die "Handlungssicherheit für Schulleitungen, Lehrkräfte und schulische Beschäftigte" unterstützen sollen.
Denn, so wird der Leitfaden eingeleitet: "Lehrkräfte, (sozial)pädagogische Fachkräfte und alle weiteren an Schulen beschäftigten Personen sind der Garant für die bestmögliche Bildung und Erziehung, Integration und gesellschaftliche Teilhabe der Schülerinnen und Schüler. Schulen sind aber auch ein Spiegel der Gesellschaft und so erleben wir leider seit Jahren zunehmende Gewalterfahrungen von Lehrkräften und allen übrigen an Schule Beschäftigten. Die Bandbreite reicht von persönlichen Beleidigungen bis hin zu körperlichen, verbalen oder psychischen Angriffen und sexuellen Belästigungen oder Übergriffen."
Übergriff nicht dulden und Entfernung aus Gefahrenzone
Dabei sind die Ratschläge und Handlungsempfehlungen keineswegs neu und erinnern eher an 0815-Hinweise. Also deutliche weniger kreativ als die Berliner Polizei, die einstmals "Übelkeit vortäuschen oder singen" als Präventionstipps zu Verhalten bei Gewalt und Agression gab, davon aber später wieder abrückte. So emphielt der NRW-Schulleitfaden bei "Angriff oder Bedrohung durch eine andere Person (z.B. Schülerin oder Schüler, Eltern)" etwa, dass man verbal deutlich machen solle, den Angriff nicht zu dulden - "Nutzen Sie Halt – Stopp-Rufe mit einer energischen Körpersprache" lautet die Handlungsempfehlung.
Um dann einige Schritte weiter zu der Erkenntnis zu kommen: "Entfernen Sie sich aus der Gefahrenzone", mit besonderer Betonung "Verlassen Sie das Gesichtsfeld des Angreifers, provozieren Sie nicht und vermeiden Sie jede Eskalation." Also ganz wie auf der Straße: rufen, auf sich aufmerksam machen, um Hilfe bzw. Unterstützung bitten und wenn sich die Möglichkeit ergibt, weglaufen. Aber auch dem Thema Cybermobbing wird Raum gewidmet, ebenso wie Fällen von Bedrohung.
Gewalt an Schulen steigt
Zuletzt hatte sich der nordrhein-westfälische Landtag Ende Januar 2025 mit dem Phänomen "Gewalt an Schulen" in einer aktuellen Stunde beschäftigt. Denn 43 Prozent der befragten Schulen im Bundesland hatten körperliche Übergriffe gemeldet. Dabei nannte Markus Wagner von der AfD auch entsprechende Zahlen. So habe es im Jahr 2022 nicht weniger als 193 Messertaten an Schulen gegeben, 2023 waren es dann sogar bereits 293 gewesen. Insgesamt erhöhte sich die Zahl der Gewalttaten an Schulen von 2.972 Fälle im Jahr 2022 auf 4.808 Fälle im Jahr 2023 – ein Anstieg von über 61 Prozent, wie bereits im Herbst 2024 die "Neue Osnabrücker Zeitung" berichtete.
Der Chef des Deutschen Lehrerverbandes Stefan Düll forderte daher auch weitere Maßnahmen, wie etwa Sicherheitspersonal. Den Einsatz von Sicherheitsdiensten lehnte er jedoch, auch aus organisatorischen Gründen ab: "Wir haben über 40.000 Schulen in Deutschland, und es wäre völlig unverhältnismäßig, vorsorglich Metalldetektoren einzuführen und Menschen abzustellen, die Taschen kontrollieren. Wir sind keine Strafjustizzentren."
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