Hausgemachte Gesundheitskrise

Spitäler-Kollaps droht: Versorgung von Schwerverletzten kritisch

Politik
Bild: rawpix, Freepik

Das Gesundheitssystem in Österreich kracht in allen Fugen. Während man in der Corona-Zeit Milliarden für Tests und zweifelhafte Impfungen zum Fenster hinauswarf, blieben Investitionen um die Substanz zu verbessern aus. Nun sorgt ein Appell von Unfallchirurgen an die Politik für einen neuen Schock. Sie sehen die Versorgung von Schwerverletzten nicht mehr gewährleistet.

Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie, Primarius Vinzenz Smekal, bringt die derzeitige Situation auf den Punkt: "Wenn die Versorgung von Schwerverletzten nicht mehr funktioniert, werden Menschenleben aufs Spiel gesetzt." Und diese Versorgung sieht der Primarius in Österreich nicht mehr gegeben. Denn es herrsche ein gewaltiger Mangel an Fachärzten, etwa an Anästhesisten und Unfallchirurgen. Doch darüber wird in der Öffentlichkeit kaum geredet, im Gegensatz zu dem ebenfalls massiven Mangel an Pflegepersonal.

Kaum mehr haltbare Zustände in Spitälern

Dabei ist für Menschen, die nach Verkehrsunfällen, Sportunfällen oder Freizeitunfällen ums Überleben kämpfen, die Behandlung durch hochspezialisierte und erfahrene Spezialisten notwendig, doch könne dies teilweise kaum noch gewährleistet werden. Diese Menschen "treffen auf kaum mehr haltbare Zustände in den Spitälern", so Smekal, denn neben dem Fachärztemangel wurde auch die Bettenkapazität in den Spitälern in den vergangenen Jahren reduziert.  "Das Resultat ist eine drastische Reduktion der OP-Kapazitäten in der Unfallchirurgie. Mindestens ein Drittel aller österreichischen Spitäler ist davon betroffen“, so der ÖGU-Präsident.

Nachwuchsprobleme

Zu den Problemen trägt dabei unter anderem bei, dass der Beruf des Spitalsarztes zu unattraktiv ist und sich viele Ärzte mit dem Sonderfach Orthopädie und Traumatologie selbstständig machen. Außerdem wurde durch die Bei der Einführung des neuen Sonderfaches "Orthopädie und Traumatologie" unfallchirurgische Ausbildungsinhalte gekürzt und damit vor allem die Schwerstverletztenversorgung nicht ausreichend abgebildet, kritisiert Smekal. Dies führe mittlerweile zu Engpässen bei der Schwerverletzten-Versorgung. Aber auch der Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) 2017, in dem die  Grundstruktur der Trauma-Versorgung Österreichs im Rahmen von bundesländerübergreifenden Trauma-Netzwerken festgelegt wurde, wurde bisher nur unzureichend und in vereinzelten Projekten umgesetzt.

Mangel überall

Dabei ist Österreich mit dem Problem nicht allein. Auch die Schweiz hat massive Probleme mit der medizinischen Versorgung. Im Jänner diesen Jahres warnte der Schweizer Notfallchef Vincent Ribordy davor, dass das Gesundheitssystem in der Eidgenossenschaft am Rande des Zusammenbruchs stehe. In Österreich ist man da schon wieder einen Schritt weiter. So soll im östlichen Bundesland Tirol nicht nur der zahnärztliche Nachtdienst dem Sparzwang zum Opfer fallen, auch ansonsten ist die Versorgungslage schon prekär.

Zuletzt bildete sich auch vor einer Augenarztpraxis in Osttirol eine riesige Schlange in der bis zu 150 Menschen warteten und hofften, einen Termin zu ergattern. Und in Tiroler Kliniken verfiel man zuletzt auf die Idee, Krankenschwestern aus lateinamerikanischen Ländern anzuwerben, um die Personalnot etwas abzumildern. Und in Wien denken zwei Drittel der Spitalsärzte und des Personals daran, ihren Job an den Nagel zu hängen und zu kündigen. Eine baldige Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist trotz der alarmierenden Zustände allerdings nicht in Sicht.

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten