Sofort heißt nicht jetzt: Stocker muss EU bei Familiennachzug-Stopp um Erlaubnis betteln
Es war wieder eine der typischen Blendgranaten der ÖVP, die Ansage des neues ÖVP-Kanzlers Christian Stocker, den Familiennachzug stoppen zu wollen und zwar sofort. Im ORF hatte Stocker noch getönt: "Sofort heißt jetzt", doch jetzt ist wiederum nicht sofort. Denn natürlich muss man zunächst in Brüssel untertänigst um Erlaubnis bitten. Und ob man dort überhaupt den Plänen zustimmt, steht in den Sternen...
Wieder mal Ankündigungskaiser
Ein Stopp des Familiennachzugs, eine Quotenregelung, eine "Quote Null" und dies alles sofort und jetzt, so die Ankündigung des neuen ÖVP-Kanzlers Christian Stocker im ORF bei der Vorstellung seiner neuen Austro-Ampel-Regierung. Doch in Österreich ist die Ankündigungspolitik der ÖVP inzwischen bekannt und auch in ihrer Folgenlosigkeit fast schon legendär. So dauerte es nicht lange, bis sich skeptische Stimmen zu Wort meldeten.
Darunter auch FPÖ-Chef Herbert Kickl. Auf Facebook erklärte der Freiheitliche: "Ein sofortiger Stopp des Familiennachzuges klingt definitiv anders. Das erste Versprechen wurde schon jetzt gebrochen. Herr Stocker, DAS SYSTEM IST SCHON LÄNGST ÜBERLASTET! Wir platzen aus allen Nähten, die Situation ist außer Kontrolle, Österreich leidet unter einer massiven Asylkrise. Diese Aussage von Herrn Stocker auf „X“ zeigt, dass er schon wieder einen Ausweg aus seiner Ankündigungspolitik sucht. Ein klassischer „Rückzieher“! Hören Sie auf, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen!"
Dabei verwies er auch auf einen X-Beitrag des ÖVP-Führers, in dem es hieß, dass man eine Klausel auf EU-Ebene nutzen wolle, "sollte wieder eine Überlastung drohen":
Es gibt auf EU-Ebene eine Klausel, die besagt, dass wenn das System in einem Mitgliedstaat überlastet ist, der Familiennachzug vorübergehend ausgesetzt werden kann. Diese Möglichkeit wollen wir nutzen, sollte wieder eine Überlastung des Systems drohen. Das Ziel der temporären…
— Christian Stocker (@_CStocker) March 3, 2025
Erstmal Erlaubnis aus Brüssel holen
Und die Überlastung des Systems ist so imment, dass sogar der notorisch asyl- und zuwanderungsfreundliche Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig den angekündigten Stopp des Familiennachzugs begrüßt. Doch Ludwig sollte sich, wie auch der Rest der Österreicher nicht allzu viel Illusionen hingeben. Denn erst nach der Ankündigung des Not-Nachfolgers für Nehammer, begann das Räderwerk zu arbeiten.
Das heißt, ÖVP-Innenminister Karner wird ein Schreiben an seinen nach Brüssel beförderten Parteifreund und EU-Kommissars für Migration Magnus Brunner richten. Und dann, so berichten Medien, kommt eben die EU ins Spiel. Und da wird die nach Artikel 72 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU von Österreich geltend gemachte Notlage geprüft. In Brüssel ist man dabei eher restriktiv. "Österreich müsste argumentieren können, dass der Familiennachzug flächendeckend, also im gesamten Bundesgebiet, eine Notlage verursacht", so etwa der Kurier.
Asyl-NGOs machen mobil
Neben Brüssel, gegen dessen Entscheidungen von der ÖVP weder Widerspruch noch Aufbegehren zu erwarten ist, machen aber auch bereits diverse NGOs gegen die Pläne mobil. So erklärte etwa Aimée Stuflesser, Expertin für Asyl und Migration bei Amnesty International Österreich: "Die Entscheidung der österreichischen Regierung, den Familiennachzug auszusetzen, ist ein klarer Verstoß gegen internationale menschenrechtliche Standards."
Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR meldete sich bereits zu Wort. „Familien, oft mit kleinen Kindern, auf lange Zeit auseinanderzureißen ist sehr schmerzhaft für die Betroffenen. Gleichzeitig wirkt sich die Trennung von Familien auch negativ auf die Integration der Familienmitglieder, die bereits in Österreich sind, aus. Die ständige Sorge um Kinder, Mutter oder Vater macht es ungleich schwerer, sich darauf zu konzentrieren, Deutsch zu lernen oder einen Job zu finden. Familien gehören zusammen, das gilt genauso für Flüchtlinge“, so Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich. Zumal auch die EU wenig Freude mit dem österreichischen Vorstoß haben dürfte.
Immerhin wollen auch schon die Niederlande und Ungarn aus dem Asylzirkus ausscheren und das Letzte was man in Brüssel vermutlich will, ist das Schaffen von Präzedenzfällen, die den einzelnen Mitgliedstaaten wieder mehr Freiräume schaffen. Zumal ein Aussetzen des Familiennachzugs nur ein Tropfen auf den heißen Stein wäre, wie Kickl ebenfalls Richtung Regierung deutlich macht: "Liebe Bundesregierung, falls ihr es noch immer nicht begriffen habt: Wir befinden uns mitten in einer Asylkrise. Ein genereller Asylstopp ist die einzige Möglichkeit, die Lage sowohl sicherheitspolitisch als auch finanziell wieder in den Griff zu bekommen."
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