Grundlegende Systemreform nötig

Scharfe Kritik an EGMR: Bei Migration zu weit gegangen

Politik
Bild: Ivan Chopyk, ELSA International, CC BY-SA 2.0, Flickr

Dänemark und Italien kritisieren den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser sei in der Vergangenheit, besonders bei der Auslegung des Rechts in Migrationsfragen "zu weit" gegangen. Nun suchen sie Unterstützer, um den Gerichtshof Beschränkungen aufzuerlegen und auch den aktuellen Gegebenheiten zu entsprechen.

Scharfe Kritik aus Italien & Dänemark

Für die Lösung der Migrationsproblematik sind die EU und ihre Institutionen nach wie vor der größte Hemmschuh. Dies zeigt sich etwa immer wieder am Beispiel Dänemarks, welches EU-Vorordnungen nicht umsetzte und somit einen eigene, harte und erfolgreiche Migrationspolitik machen kann. Nun haben sich Dänemark und Italien zusammengefunden und üben scharfe Kritik am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR/EUCHR).

Denn die dänische sozialemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen und ihre eher aus dem patriotisch-rechten Lager stammende italienische Amtskollegin Giorgia Meloni, sind mit vielen Entscheidungen des Gerichts nicht einverstanden. Sie sind der Meinung, das Gericht interpretiere die Menschenrechtskonvention, besonders in Migrationsfragen, zu weit und nicht mehr im Einklang mit der heutigen Zeit und ihren Herausforderungen, wie "Euractiv" berichtet.

Einschränkung der Entscheidungen

Dazu bitten die beiden Länder andere EU-Staaten ein Schreiben zu unterstützen und zu unterzeichnen, in dem sie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eben dafür kritisieren, dass er bei der Auslegung des Rechts zu weit gehe. Ziel des Schreibens ist es, so italienische Quellen gegenüber Euractiv, eine Diskussion über die Auslegung der Menschenrechtskonvention anzustoßen, die den "Herausforderungen der modernen irregulären Migration" besser gerecht wird.

Denn der Menschenrechtsgerichtshof ist mit seinen Entscheidungen und seiner Rechtsauslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention für die Rechtsumsetzung in den EU-Staaten prägend. Und so kommen die beiden Staaten zu dem keineswegs neuen Schluss, "dass einige der jüngsten Entscheidungen die Bedeutung der Konvention über ihre ursprüngliche Absicht hinaus ausgedehnt und ihre Fähigkeit eingeschränkt haben, 'politische Entscheidungen in unseren eigenen Demokratien zu treffen'".

Überarbeitung und Anpassung der Regeln

Laut "Euractiv" soll das Schreiben in den kommenden Wochen veröffentlicht werden, bis dahin können noch weitere Staaten unterzeichnen. Als potentielle Unterstützer werden, neben Italien und Dänemark auch die Tschechische Republik, Finnland, Polen und die Niederlande genannt. Für den Vorstoß dürften auch die seit geraumer Zeit immer lauter werdenden Forderungen sein, die auf eine Überarbeitung oder Neuinterpretation langjähriger internationaler Rechtsrahmen, insbesondere im Bereich der Migration hinzielen.

Im März diesen Jahres hatte auch der Daniel Thym, Professor an der Universität Konstanz und Migrationsexperte, einen Systemwechsel in Sachen Migration gefordert und auch angemerkt: "Die deutschen und europäischen Gerichte waren in den letzten 30 Jahren allerdings sehr großzügig. Einige dieser Urteile muss man überdenken." Dazu, so Thym weiter, müssen gegebenenfalls Menschenrechte weniger streng gehandhabt werden, notfalls, indem man die EU-Verträge und die Europäische Menschenrechtskonvention verändert.

Dabei handelt es sich auch um eine Forderung, welche die FPÖ bereits seit Jahren erhebt und für die der derzeitige FPÖ-Chef Herbert Kickl in seiner Zeit als Innenminister harte Kritik des Establishments einstecken musste - Der Status berichtete. Die Vorstellung, dass die Rechtsauslegung bei solch drängenden Problemen der Jetztzeit auch politischen Vorgaben folgen sollte, wurde auf allen polit-medialen Kanälen zum vermeintlichen Angriff auf Demokratie & Gewaltenteilung verdreht. 

Die irren Urteile des EGMR...

Wie absurd einige Urteile des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sind, darüber berichtete Der Status bereits wiederholt. So etwa im April 2024, als der EGMR feststellte, dass es ein "Menschenrecht auf Klimaschutz-Maßnahmen" gebe. Die Richter befanden damals: Aufgrund von Art. 8 der Europäischen Menschenrechts-Konvention (EMRK), der den Schutz des Privat- und Familienlebens absichert, besäßen Bürger auch ein Recht auf Schutz "vor den schwerwiegenden negativen Auswirkungen des Klimawandels auf Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität".

Im Oktober 2024 urteilte der Menschenrechtsgerichtshof, dass einem Syrer 8.000 Euro Entschädigung zustünden, weil er von Deutschland nach Griechenland abgeschoben worden war. Und dies, obwohl er versuchte, mit einem gefälschten rumänischen Pass nach Deutschland einzureisen. Aber laut EGMR hätten es die deutschen Behörden verabsäumt zu prüfen, ob dem Syrer in Griechenland - immerhin ja ein EU-Land, welches somit gewisse Standards erfüllen sollte - der Zugang zu einem Asylverfahren offenstünde, welches "verhindert, dass er nach Syrien abgeschoben wird."

...aber auch der EuGH ist ein Problem

Aber mit einer Einschränkung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wäre es noch lange nicht getan. Das System krankt an sich, wie auch Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)  in der Vergangenheit immer wieder zeigten. So besagt ein EuGH-Urteil aus dem Herbst 2023, dass die Rückweisung illegaler selbst an EU-Binnengrenzen untersagt sei. Ohne Papiere oder gültige Visa gilt Schengen für alle. 

"Die Richtlinie gilt für jeden Drittstaatsangehörigen, der in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist ist, ohne die Voraussetzungen für die Einreise, den Aufenthalt oder den Aufenthalt zu erfüllen. Nach dieser Richtlinie muss grundsätzlich gegen jeden Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung ergehen. Für die freiwillige Ausreise muss dem Betroffenen jedoch grundsätzlich eine gewisse Zeit eingeräumt werden. Eine erzwungene Entfernung wird nur als letztes Mittel eingesetzt", so der EuGH damals.

Im Sommer 2024 kam der EuGH zu der Entscheidung, dass Palästinenser ein generelles Recht auf Asyl in Europa haben. Die nationalen Gerichte hätten bei der Entscheidung über den Asylantrag die schlechte humanitäre Lage zu berücksichtigen, die im Gazastreifen herrsche. Und um gleich noch einen draufzusetzen, folgte im Oktober 2024 ein EuGH-Urteil, welches feststellte, dass afghanische Frauen alleine aufgrund ihres Geschlechts einen Rechtsanspruch auf Asyl in Europa hätten, weil sie in der Heimat verfolgt bzw. unterdrückt würden. Es bedarf also mehr, als nur dem EGMR Zügel anzulegen, auch der Rest der EU, ihrer Gerichte und weiteren Institutionen gehört grundlegend reformiert.

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