Alles für die Katz'?

Rotes Chaos weitet sich aus: 73 Bewerbungen für den SPÖ-Chefsessel

Politik
Rendi/Hintergrund: Flickr; Doskozil: Wikimedia Commons (beide SPÖ Presse und Kommunikation, CC BY-SA 2.0); Babler: PiXelNiK, Flickr, [url=https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/]CC BY-NC-

Was sich in den letzten Tagen bereits anzubahnen drohte, ist nun groteske Realität: Mehr als sechs Dutzend Personen bewarben sich für den Vorsitz der SPÖ. Wohlwissend um das Eigentor, sind die Parteigranden nun bestrebt, den tatsächlichen Wahlzettel bei der Mitglieder-Abstimmung möglichst kurz zu halten. Etwa, indem sie nachträglich noch eine Hürde für einen Antritt einbauen...

Bilderberger-Pam hat 72 Herausforderer

Die Zukunft der ältesten Partei des Landes scheint Österreich zu bewegen: In den letzten Tagen traten über 9.000 Personen in die Partei ein, deren bisheriges Durchschnittsalter bei 63 Jahren lag. Sie wollen ab 24. April mitbestimmen, wer künftig die Geschicke der Sozialdemokratie lenken wird. Wohl aus Sorge, dass ein Zweikampf zwischen der glücklosen Parteichefin und Ex-Teilnehmerin am Bilderberger-Treffen Joy-Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil zum "falschen" Ergebnis führt, öffnete die Bundespartei die Kandidaten-Liste erneut - mit skurrilen Folgen. 

Denn bis zum Ablaufen der Frist bewarben sich nicht weniger als 73 Personen für den Vorsitz der Partei. Ob in dieser Zahl auch die Bewerbungen von Ex-BZÖ-Politiker Gerald Grosz oder Ex-Identitären-Chef Martin Sellner beinhaltet sind, ist derzeit unbekannt. Beide hatten sich bereit erklärt, für den roten Spitzenposten zu kandidieren, ihr Mitgliedsgesuch wurde allerdings noch am Freitag abgelehnt. Grosz bekundete in der Folge auf Twitter, an seiner Statt seine Katze kandidieren lassen zu wollen. Ob diese in der parteiinternen Zählung beinhaltet ist, ließ die SPÖ vorerst nicht durchklingen. Fix ist aber: Nur vier Bewerber sind Frauen (bzw. im "Woke"-Neusprech: weiblich gelesene Personen)

Partei denkt an nachträgliche Antrittshürden

Sehr wohl durchklingen ließen die roten Partei-Oberen allerdings, dass man kein Interesse an einer Urabstimmung zwischen dutzenden Kandidaten hat. Man bastelt daher in der Löwelstraße an einer eigenen Version gelenkter Demokratie. Denn am Montag wollen Präsidium und Vorstand die Bewerbungen sichten. Dabei behalten sich die Chef-Genossen vor, Anwärter zu streichen oder nachträglich gewisse Mindestanforderungen zu formulieren. So brachte etwa der oberösterreichische Landeschef Michael Lindner die Idee ein, dass die Bewerber um den SPÖ-Chefsessel in den nächsten Wochen um Unterstützungserklärungen buhlen müssen. 

Er ist nicht der erste: Der nach dem Wahl-Fiasko in Niederösterreich scheidende dortige Landesparteichef Schnabl dachte schon vor Tagen an eine größere Anzahl von Unterstützern, als dies etwa bei einer Kandidatur für eine Bundespräsidentenwahl vonnöten ist...: 

Völlige Beliebigkeit bei Parteichef-Kür

Die Nervosität innerhalb der Partei ist groß. Der im Volksmund gerne als "Rotfunk" bezeichnete Staatsfunk ORF formuliert das Problem jedenfalls so: "Die hohe Bewerberzahl erhöht die Gefahr, dass kein Bewerber bei der Befragung die absolute Mehrheit holt. Eine Stichwahl gilt aber aus unterschiedlichen Gründen als unwahrscheinlich. Einerseits kostet sie mehr Geld und zweitens wird es dann im gesamten Zeitplan eng."

Schon Anfang Juni soll nämlich bei einem außerordentlichen Parteitag ein neuer Parteichef gekürt werden. Detail am Rande: Dort könnte also nicht nur ein Möchtegern-Parteichef zur Wahl stehen, den nur die Minderheit der eigenen Parteimitglieder haben will - sondern auch neue Kandidaten in den Ring steigen. Und auch die unterlegenen Kandidaten könne sich erneut bewerben und ihr Glück bei den Delegierten probieren - denn die Mitgliederbefragung ist nicht bindend.

"Joy Päm" und die Flucht nach vorn

Das Chaos bei den Roten ist also längst perfekt. Neben Rendi-Wagner und Doskozil ist auch der Traiskirchener Bürgermeister und Neo-Bundesrat Andreas Babler siegessicher: Er würde laut eigenen Aussagen am liebsten bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erringen. Ob der erklärte Wunschkandidat der "Bobos" in der roten Twitter-Blase bei den unzähligen Parteibuch-Roten in Wien überhaupt die Wahrnehmungsschwelle überschreitet, ist allerdings unklar. Apropos Wien: Die dortige Landespartei steht weiter fest hinter Noch-Parteichefin Rendi-Wagner.

Entsprechend doktert man in der Bundeszentrale auch bereits daran, der umstrittenen Chef-Roten die Macht zu erhalten. Etwa in Form der Fragestellung: So soll abgefragt werden, ob diese weiterhin Parteichefin bleiben soll - oder doch ein anderer Kandidat das Rennen machen soll. Mithilfe solcher Suggestivfragen könnte das Ergebnis also weitaus besser ausfallen als bei einer reinen Namensliste. Noch am heutigen Samstagmorgen veröffentlichte sie eine Videobotschaft. Dass diese die Mitglieder überzeugen wird, scheint aber zumindest zweifelhaft. Ihre Kampfbegriffe und Schlagwörter ließ ihr Team jedenfalls schon einmal in aufdringlichen Großdruck-Buchstaben darstellen.


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