Rosenkranz erster FPÖ-NR-Präsident - Sobotka fordert zum Abschied noch mal Zensur

Seit Donnerstagnachmittag ist es fix: Mit Walter Rosenkranz stellt die FPÖ erstmals den 1. Nationalrats-Präsidenten, protokollarisch das zweithöchste Amt im Staat. Als seine Stellvertreter wurden Peter Haubner (ÖVP) und Doris Bures (SPÖ) bestimmt - ganz gemäß den Usancen des Parlaments. Vorausgegangen war der konstituierenden Sitzung eine polit-mediale Hetzjagd gegen den freiheitlichen Kandidaten. Doch die Hoffnung, diesen auf den letzten Meter nach "Thüringen-Drehbuch" zu verhindern, ging letztlich nicht auf. Der scheidende ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, in seiner Amtsführung stets umstritten, verabschiedete sich noch einmal mit einer umstrittenen Rede.
Last-Minute-Agitation ohne Wirkung
Am Lautesten opponierten die bei der Wahl völlig dezimierten Grünen gegen die Vorstellung eines blauen Nationalratspräsidenten. Dies war auch am Donnerstag im Plenum offenkundig. Der nun auch als Klubchef seiner Partei agierende Grünen-Chef Werner Kogler entsetzte dabei sogar mit einem irren Hitler-Vergleich. Er wetterte in Richtung der FPÖ und ihrem Verständnis, den Volkswillen zu repräsentieren: "Wir wissen alle, was danach kommt: Ein Volk, ein Reich, ein Führer!" - Der Status berichtete.
Der linksliberale "Falter" lancierte am Vorabend der Abstimmung noch einmal ein Hit-Piece gegen Walter Rosenkranz. Darin wurden skurrile Dinge skandalisiert - etwa, dass er freiheitliche Positionen zu Frieden, Corona, Identität & Co. vertritt, im Volk gegen die totalitäre Corona-Politik demonstrierte - und natürlich auch, was Mitglieder seiner Burschenschaft vor 150 Jahren einmal taten. Auch der Wiener Akademikerball und sogar OK-Handzeichen von zufällig bei denselben Events anwesenden Leuten sollen böse sein.
Erstmals FPÖ-Nationalratspräsident
Der Sinn solcher Aufstellungen soll natürlich sein, Mitbewerber noch rasch zu überzeugen, dass es sich um einen ganz bösen Buben handle, den man nicht in ein solches Amt wählen dürfe. Freilich mit hinkender Logik: Denn im Bundespräsidenten-Wahlkampf hatte man Rosenkranz als Person mit ähnlichem Politikstil dargestellt wie Norbert Hofer, der zuletzt 3. NR-Präsident war. Und die letzten 5 Jahre erfüllte er - während der letzten Regierungsbeteiligung auch FPÖ-Klubchef - ohne Tadel das Amt des Volksanwaltes.
Und so stimmten am Ende genau 100 Mandatare (61,7%) für Rosenkranz, weitere 26 entfielen auf den nicht aufgestellten Hofer, 23 auf die als 3. NR-Präsidentin vorgesehene Doris Bures (SPÖ) und 13 auf weitere Abgeordnete. 20 Stimmen waren ungültig, eine wurde nicht abgegeben, womit bei 162 gültigen Stimmen bereits 82 Stimmen für die absolute Mehrheit reichten. Die FPÖ hat 57 Mandatare, es ist unklar, von wem die restlichen Stimmen in der geheimen Abstimmung kamen, aber es lässt sich mutmaßen.
Denn addiert man die Mandate von FPÖ (57), ÖVP (51) & NEOS (18) käme man auf genau jene 126 Stimmen, die auf freiheitliche Mandatare fielen. Die 16 Grünen-Abgeordnete stimmten definitiv dagegen. Und egal, wie es innerhalb der schwarzen & pinken Fraktionen tatsächlich aussah: Eine Mehrheit der SPÖ-Abgeordneten dürfte so oder so mit der Usance, der stärksten Partei auch den 1. NR-Präsidenten zu gönnen, entgegen vorheriger Ankündigugngen nicht gefolgt sein.
Haubner & Bures als Stellvertreter
Es folgten die Wahlvorgänge zum 2. & 3. Nationalratspräsidenten. Für die ÖVP kandidierte der langjährige Mandatar Peter Haubner (ÖVP), der seit 23 Jahren im Parlament sitzt. Er erhielt insgesamt 148 Stimmen. Neben seiner Abgeordneten-Tätigkeit war er zuerst Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes und anschließend des Genossenschaftsverbandes. Der gebürtige Salzburger gilt als verlässlicher schwarzer Parteisoldat und war in der vergangenen Legislaturperiode der Budgetsprecher seiner Partei.
Die SPÖ wiederum stellte Doris Bures auf, die 131 Stimmen erhielt. Immerhin 31 Stimmen entfielen auf Gewerkschafter Beppo Muchitisch, der einst als einziger Roter gegen die Impfpflicht stimmte. Sie wird zur ersten Person in der 2. Republik, die nacheinander das Amt als 1., dann 2., dann 3. NR-Präsidentin bekleidet. Ersteren Posten hielt sie nach dem Tod von Barbara Prammer im Amt von 2014 bis 2017, zweiteren die letzten 7 Jahre. Künftig muss sie damit Vorlieb nehmen, dass ihre Partei nur mehr dritte Kraft in Österreich ist.
Sobotka geht mit Arm-Bein-Skulptur...
Die Wahl der neuen Präsidenten war gleichbedeutend mit dem Abschied vom höchst umstrittenen bisherigen Parlamentspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), der trotz der gescheiterten Blockade-Versuche gegen Rosenkranz weiterhin jener Amtsträger bleibt, der mit dem geringsten Prozentsatz gültiger Stimmen gewählt wurde (2017: 61,3%). Dieser war u.a. wegen seiner Vorsitzführung in U-Ausschüssen, bei denen er zum Teil selbst Auskunftsperson war, immer wieder im Zentrum der Kritik. Er verlässt das Parlament vollständig.
Auch seine Parlamentsausgaben, u.a. für das Anmieten eines goldenen Klaviers, zogen die Kritik der Mitbewerber auf sich. Am vorletzten Amtstag schaffte er noch einmal um 120.000 bis 200.000 Euro Statuen von Erwin Wurm mit gewöhnungsbedürftiger Ästhetik an. Dabei soll es sich um einen weiteren Sobotka-Alleingang handeln.
An seinem vorletzten Tag als NR-Präsident ließ Wolfgang Sobotka zwei Erwin Wurm-Skulpturen um € 200.000 anschaffen, die seit gestern in der Säulenhalle stehen. Darüber informiert war offenbar niemand, wie @NusserChristian recherchiert hat:https://t.co/GmSUA7WSog
— Armin Wolf (@ArminWolf) October 24, 2024
...sowie Kritiker-Hetze & Zensur-Aufruf
In die Bredouille brachten ihn auch die Enthüllungen rund um politische Interventionen, die auch der unter mysteriösen Umstände zu Tode gekommene Ex-Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek kurz vor seinem Ableben anklingen ließ. Die übrigen Fraktionen legten ihm einen Rücktritt nahe, doch Sobotka ließ sich nicht beirren und blieb im Wissen, dass er gegen seinen Willen nicht abgewählt werden kann, eisern am Vorsitzenden-Sessel kleben.
In seiner Abschiedsrede machte Sobotka seinem zweifelhaften Ruf noch einmal alle Ehre. Er brachte u.a. noch einmal eines seiner Steckenpferde, nämlich die Notwendigkeit nach Online-Zensur in sozialen Medien im Sinne des EU-"Digital Services Act" aufs Tapet. Eine Demo, zu der Personen aus dem kritischen Lager am 9. November in Reaktion auf Van der Bellens Missachtung des Wählerwillens beim Regierungsbildungsauftrag aufrufen, rückte Sobotka wegen des Datums in die Nähe der NS-Reichspogromnacht...
Gut, dass #Sobotka endlich weg ist!
— Michael Scharfmüller 📯✌🏻 (@Mentalschmied) October 24, 2024
In seiner letzten Rede sprach er sich eben für noch mehr Zensur aus.#OeNR
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