Querfront stürzt Premier: Geht's auch WEF-Macron an den Kragen?
Nach nur drei Monaten im Amt stolpert Michel Barnier - seine Republikaner sind ohnehin nur viertstärkste Kraft - über ein Misstrauensvotum, auf das sich das Linksbündnis und der patriotische "Rassemblement National" letztlich verständigten. Der angezählte Präsident Emmanuel Macron muss zum wiederholten Male einen neuen Regierungschef suchen. Angesichts der zersplitterten Verhältnisse im Parlament wird aber auch das eine Mammutaufgabe. Erste Stimmen fordern bereits den Rücktritt des Staatsoberhaupts, der die Krise u.a. mit seiner vorgezogenen Neuwahl überhaupt erst ins Rollen brachte.
Über Budget der sozialen Kälte gestolpert
Wer keine eigene Mehrheit hat, ist auf das Wohlwollen anderer Fraktionen angewiesen: Michel Barnier lernte das auf die harte Tour. Zuvor war seine Premierschaft u.a. neben der eigenen Partei und jener von Macron auch von den eigenen Abtrünnigen sowie den parlamentarischen Rechten toleriert worden. Doch nun sollte ein umstrittener Sparhaushalt auf die Tagesordnung. Darin enthalten u.a.: höhere Stromsteuern, geringere Erstattungen für Medikamente, weitere Belastungen für die Bürger. Und weil es dafür keine Mehrheit gab, versuchte Barnier das Paket über eine Besonderheit der Verfassung am Parlament vorbei durchzuboxen. Der Streit eskalierte daraufhin.
Am Ende kostete ihn das Wagnis sein Amt. Denn der "Rassemblement National" unterstützte in einer Art "Querfront des Volkes" den Misstrauenantrag des Linksbündnisses von Jean-Luc Melenchon. Dagegen half auch kein vorausgehendes Toben von Macron, der den Rechten "unerträglichen Zynismus" und den Linken den "vollständigen Verlust der Orientierung" vorwarf. Man sieht den einstigen "starken Mann im Elyssee-Palast" nur noch als Tyrannen, dessen Wort man keine Rechenschaft schuldig ist. Keine Spur vom traditionellen großen Respekt, den sich frühere Präsidenten dank weitsichtiger Amtsführung im Parlament gewiss sein konnten.
Hängepartie gipfelt in Blitz-Amtsende
Herbeigeführt hatte die parlamentarischen Verhältnisse freilich Macron höchstselbst. Nach einem saftigen Minus für seine "Ensemble"-Partei bei der EU-Wahl brach er kurzerhand eine Neuwahl des Parlaments vom Zaun. Nachdem ein RN-Erdrutschsieg drohte, verständigte sich Macron mit der Melenchon-Linken auf den taktischen Rückzug von Kandidaten in den Stichwahlen. Am Ende kam die patriotische Partei mit 37% der Stimmen in der Volkswahl deutlich auf den ersten Platz, hatte aber nur die drittmeisten Mandate hinter dem Linksbündnis sowie Macron & den Seinen. Auf eine Mehrheit der 577 Parlamentssitze fehlten aber allen drei Fraktionen über 100 Mandate.
Daraufhin zögerte Macron ewig, einen Premier zu ernennen, stattdessen ließ der WEF-"Junge Weltführer" seinen Intimus Gabriel Attal aus derselben Schwab-Kaderschmiede ewig im Amt. Denn er wollte den Regierungsbildungsauftrag weder der stimm- noch der mandatstärksten Parteienfamilie übergeben. Im September ernannte er Michel Barnier von "Les Republicains" zum Premier, obwohl die Partei des Ex-EU-Kommissars mit nur 39 Sitzen abgeschlagen Vierter (nach Nuance) bzw. Fünfter (nach Partei) wurde. Der RN gab sich mit einer Tolerierung dieser Minderheitsregierung zufrieden. Am Mittwoch versagten aber auch die Rechten ihm das Vertrauen. Es ist die kürzeste Amtszeit seit Jahrzehnten.
Beide Parlamentsflügel zählen Macron an
Der Sturz des Premiers, der am heutigen Vormittag auch formell seinen Rücktritt im Elyssee-Palast einreichen musste, bedeutet aber auch Ungemach für Macron. Denn sowohl das Linksbündnis als auch der RN legen dem Präsidenten nun selbst nahe, den Hut zu nehmen. Mathilde Panot, die Fraktionsschefin der radikal linken "La France Insoumise" (LFI) erklärte: "Um aus der Sackgasse zu kommen, in die der Präsident das Land geführt hat, bleibt uns nur eine Lösung: Wir fordern Emmanuel Macron jetzt auf, zu gehen." Dass man selber für Instabilität sorge, verneinte sie: "Nicht wir sind das Chaos, sondern das ist seit sieben Jahren Emmanuel Macron."
Weniger frontal, aber ebenso eindeutig äußerte sich RN-Chefin Marine Le Pen: "Ich mag zwar nicht direkt den Rücktritt von Emmanuel Macron fordern. Allerdings stehen wir vor einer Zeit, in welcher der Druck auf den Präsidenten der Republik immer größer werden wird, wenn wir nicht bald den Weg des Respekts vor Wählern und Wahlen einschlagen. Die Entscheidung liegt bei ihm." Immerhin sei Macron der Hauptverantwortliche für die aktuelle Situation: "All das ist eine Folge seiner Politik und der erheblichen Kluft, die heute zwischen ihm und den Franzosen besteht." Le Pen will ihn 2027 im Präsidentenamt ablösen, aktuell läuft aber ein Gerichtsverfahren, das dies verunmöglichen könnte.
Je ne demande pas la démission d'Emmanuel Macron.
— Marine Le Pen (@MLP_officiel) December 4, 2024
En revanche, il arrivera un moment où, si on ne prend pas la voie du respect des électeurs et des élections, alors la pression sur le président de la République sera de plus en plus forte. Cette décision lui appartient. pic.twitter.com/RL1PlkH3U5
Macron im Wettlauf gegen Machtverlust
Im politischen "Zwei-Fronten-Krieg" bleibt Macron also bestenfalls die Flucht nach vorn, sowie das Spiel auf Zeit. Denn, anders als im Sommer, als Macron eine Neuwahl binnen kürzester Zeit anordnen konnte, muss bis zur folgenden Neuwahl ein Kalenderjahr verstreichen, womit die Franzosen frühestens im Juli ein neues Parlament wählen könnten. Und so bemüht sich Macron bereits um einen Nachfolger, nachdem erstmals seit 1962 eine französische Regierung über ein Misstrauensvotum stolperte.
Im Gespräch sind u.a. der Sozialist Bernard Cazeneuve, bereits vor der Macron-Ära Premier sowie Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, wie Barnier Teil der gaullistischen Republikaner. Ersterer würde einen teilweisen Kniefall vor dem Linksbündnis bedeuten, während Zweiterer insbesonders außenpolitisch ein Signal senden würde. So war es Lecornu, der angesichts des Ukrainekriegs die Waffenproduktion erhöhen ließ, um das korruptionsgeplagte Land aufzurüsten und beabsichtigt, auch Langstreckenwaffen zu liefern.
Scheitert Macron mit der Ernennung eines stabilen Kabinetts, könnte es für ihn düster werden. Entweder er wird endgültig zur "Lame Duck" im Amt - oder er muss gar verfrüht abdanken. Was ihm mittlerweile sogar aus dem Barnier-Lager nahegelegt wird. Jean-Francois Cope, Bürgermeister der Speckgürtel-Stadt Meaux, erklärt: "Wenn der Präsident versteht, dass alles blockiert ist, und es nicht das Ziel sein kann, unter Missachtung der Interessen des Landes an der Macht zu bleiben, dann tritt er zurück."
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