Wegen Aussage in U-Ausschuss

Polit-Justiz aus Rache? System will Immunität von Kickl aufheben

Politik
Foto: (C) Alois Endl.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte in den letzten Jahren keine allzu große Trefferquote: Ein Gutteil ihrer angestrengten Verfahren gegen Politiker verliefen im Sand. Immer wieder wird der Justizbehörde ein ideologischer Linksdrall nachgesagt, insbesondere die ÖVP sparte nicht mit Kritik an selbiger, als justizrelevante Vorwürfe gegen ihre Würdenträger erhoben wurden. Dies hielt die Kanzlerpartei nun aber nicht davon ab, FPÖ-Chef Herbert Kickl die WKStA mit einem konstruierten Vorwurf an den Hals zu hetzen. Diese begehrt nun dessen Auslieferung - und die Vierparteien-Einheitsfront denkt offenbar ernsthaft nach, diesem Begehr nachzukommen.

Wollte ÖVP nicht Wahrheitspflicht abschaffen...?

"Dieser Patzer der WKStA ist ein Anzeichen dafür, dass nicht sauber gearbeitet wurde. [...] Wie steht es mit der Dienstaufsicht gegenüber der WKStA? Wer hat die Strafanträge kontrolliert? Gibt es ein Controlling innerhalb der WKStA?" - So tobte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker im Vorjahr im Bezug auf das von der WKStA angestrengte Verfahren gegen den türkisen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen des Vorwurfs der Falschaussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Immer wieder sollen laut Polit-Beobachtern gerade ÖVP-Politiker bei der WKStA über angebliche parteipolitische Motive hinter deren Arbeit moniert haben.

Doch wenn's gegen einen lästigen Mitbewerber geht, dann ist's eben doch billig, die ungeliebte Staatsanwaltschaft einzuschalten. Ausgerechnet die ÖVP, die sich bei den Vorwürfen gegen Kurz für eine Abschaffung der Wahrheitspflicht in U-Ausschüssen starkmachte, schickte ihren Mandatar Andreas Hanger vor, um Anzeige gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl wegen desselben Vorwurfes zu erstatten. Es geht um dessen Auftritt im Ausschuss zum "blau-roten Machtmissbrauch", der dann entgegen des Namens für Rundumschläge gegen die FPÖ genutzt wurde, während die SPÖ - womöglich als Vorleistung für eine Koalition - plötzlich ausgeklammert wurde.

Vorwürfe an Haaren herbeigezogen

Unter anderem wurde damals skandalisiert, dass alternative Medien zusammengerechnet während der ÖVP/FPÖ-Regierung ganze 116.000 Euro an Inseraten bekamen - also knapp 0,03 Prozent des gesamten Topfes von 384,5 Millionen Euro der beiden Jahre. Zudem skandalisierte man den Kontakt zu einem früheren FPÖ-Parteikollegen und späteren parlamentarischen Mitarbeiter. In beiden Fällen unterstellt ihm die ÖVP unwahre Aussagen. Abgerundet wird dies mit Vorwürfen über eine ehemalige Teilhaberschaft an einer Werbeagentur in Kärnten. Hier erklärte Kickl, dort keine undeklarierten Einkünfte erhalten zu haben, doch die ÖVP will es ihm einfach nicht abkaufen.

Besonders absurd am diesbezüglichen Vorwurf: Hierbei wollte die WKStA schon vor über 8 Jahren die Auslieferung Kickls. Doch sie biss damit auf Granit: Ausgerechnet Christian Pilnacek - der zeitlebens nicht unbedingt als FPÖ-Freund galt - ließ die Ermittlungen einstellen. Der ehedem mächtige Justiz-Generalsekretär kam vor einem Jahr unter mysteriösen Umständen zu Tode. Kurz zuvor soll er um ein Gespräch mit Kickl gebeten haben, womöglich um auszupacken. Tonband-Aufnahmen, in denen Pilnacek über Interventionsversuche mächtiger ÖVP-Politiker sprach, brachten u.a. den schwarzen ÖVP-Ex-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka damals in Bedrängnis.

Dezimierte ÖVP sinnt auf Revanche

Seither wurde eine Nationalratswahl geschlagen, die FPÖ ging als stärkste Kraft hervor. Doch nach der beharrlichen Weigerung der Systemparteien, mit diesem zur Bildung einer Regierung zu sondieren, beauftragte der grüne Bundespräsident plötzlich den krachend abgewählten ÖVP-Kanzler Karl Nehammer, gemeinsam mit der SPÖ und einer dritten Partei eine "Loser-Koalition" zu bilden. Nichtsdestotrotz bedeutet die Stärke der FPÖ einen Machtzuwachs in der Opposition. So hat sie etwa genügend Mandatare, um aus eigener Kraft einen U-Ausschuss einzusetzen. Und nach dem schwarz-grünen Chaos böte sich da viel an - Stichwort Coronapolitik, Stichwort Budgetloch...

Die FPÖ bezeichnete die Ladung als "politisches Manöver mit dem Ziel, Herbert Kickl persönlich und der FPÖ insgesamt zu schaden." Seine Aussage sei als Abgeordneter gefallen und von der parlamentarischen Immunität gedeckt. Ungeachtet dessen habe er im U-AUschuss ohnehin wahrheitsgemäß ausgesagt. Für die auf Revanche sinnende ÖVP ist das jedoch nicht genug: Stocker wirft der FPÖ "zweierlei Maß" vor, weil sie bei "Politikern anderer Couleur stets vehement die Aufhebung der parlamentarischen Immunität gefordert" habe. Weil die ÖVP weiter sauer ist, dass man den schwarzen Netzwerken & Machenschaften auf die Schliche kam, schreit sie: "Haltet den Dieb!"

Auslieferung aus politischem Kalkül

Doch für die seitens Kickl gerne als "Einheitspartei" gescholtenen übrigen Parlamentsparteien sind Usancen nichts wert. Sie überlegen nun das Schmieden einer breiten Kickl-Front, um diesen dennoch an die WKStA auszuliefern. Denn neben der ÖVP wollen laut dem ORF auch Grüne und SPÖ, dem Begehren zuzustimmen. Erstere versuchen nach ihrem eigenen Wahl-Fiasko überhaupt, den blauen Wahlsieger nach Möglichkeit zu torpedieren. Die roten Genossen dürften wohl kein Interesse haben, die Packelei mit der ÖVP mit Ungemach im Kampf gegen den gemeinsamen Feind beginnen zu wollen. Dass etwas rauskommt, ist unwahrscheinlich, aber Symbolkraft eben...

Doch manch Beobachter munkelt bereits, dass sich das System mit der Nummer ins eigene Fleisch schneidet:

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