Unrealistische Ziele...

Nicht wettbewerbsfähig: Fluggesellschaften fordern von EU Aus für Klimavorschriften

Politik
Bild: Freepik

Dass die Politik der EU und ihrer umstrittenen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Bürgern und auch der Wirtschaft oft zum Nachteil gereicht, ist keine große Überraschung. Doch zumeist herrschte Schweigen zu den politischen Plänen aus Brüssel, obwohl die fatalen Folgen bereits im Vorfeld abschätzbar waren. Es muss offenbar erst viel passieren, bis man sich auf die Hinterbeine stellt, so wie jetzt 17 große Fluggesellschaften, die von der EU die Rücknahme der Klimapolitik fordern.

Egal, ob es die Autoindustrie war, die beim Verbrennerverbot und E-Auto-Hype willig mitmachte, oder andere Wirtschaftszweige: Der Green Deal der EU wurde kaum kritisiert. Erst wenn das Wasser bis zum Hals steht und es eigentlich schon zu spät ist, beginnt die Kritik an den Vorgaben Brüssels, die man zuvor eher unwidersprochen schluckte. Nun sind es die Vorstandsvorsitzenden von Ryanair, British Airways, der International Airlines Group, Lufthansa und Air France-KLM, die im Namen von 17 Fluggesellschaften einen Rückzug aus dem Green Deal bzw. die Lockerung einiger darin enthaltener Vorschriften fordern, wie Reuters berichtet.

EU-Beamte und Lobbyisten überrascht

Genau genommen geht es um die Vorschriften für die Dekarbonisierung und den Einsatz von "grünen", umweltfreundlichen Treibstoffen. Laut derzeitigen EU-Regeln sollen bis 2030 rund 6 Prozent des von Fluggesellschaften eingesetzten Treibstoffs nachhaltig sein. Nun weisen die Chefs der Fluglinien darauf hin, dass die EU-Vorschriften für nachhaltigen Flugkraftstoff "zusätzliche regulatorische Belastungen mit sich brächten, durch die die europäische Luftfahrt gegenüber der globalen Konkurrenz ins Hintertreffen geraten könnte". Laut Reuters zeigen sich EU-Beamte und Lobbyisten an der harschen Kritik der Airline-Chefs "am regulatorischen Ansatz der EU in Sachen Nachhaltigkeit" überrascht – entfernen sie sich doch damit "von ihrer pro-grünen Haltung, die sie in den letzten Jahren vertreten haben". Einzig Ryanair-CEO Michael O’Leary hatte im Klima-Chor nicht mitgesungen und aus seinen Ansichten nie einen Hehl gemacht. Schon vor Jahren erklärte er: "Die Umwelt interessiert mich einen Dreck. Es interessiert mich, wenn das Öl 100 Dollar kostet, deswegen will ich so wenig wie möglich davon kaufen. Jede Firma, die eine Umweltstrategie verfolgt, verarscht die Leute nur. Das ist doch nur Zeug aus der Marketingabteilung."

Nicht mehr wettbewerbsfähig

So erklärte etwa Luis Gallego, Vorstandsvorsitzender von British Airways: "Wir brauchen dringend eine EU-Luftfahrtstrategie, um SAF [Sustainable Aviation Fuel] zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten zu können ... Wenn jetzt nicht gehandelt wird, besteht die einzige realistische Lösung darin, das SAF-Mandat für 2030 nach rechts zu verschieben." Auch der Luftfahrtsverband IATA unterstützt die Kritik der Fluggesellschaften. "Wir können uns nicht einfach zurücklehnen und so tun, als ob diese Ziele sinnvoll wären und erreicht werden könnten. Sie waren nie in der Lage, erreicht zu werden", wird Willie Walsh, Generaldirektor der International Air Transport Association (IATA), von Reuters zitiert. Gegenüber der Financial Times erklärt auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa, Carsten Spohr: "Wir müssen die EU-Vorschriften schnell abbauen und überarbeiten."

Gesetze des Marktes

Der Aufschrei der Chefs, der nun erfolgt, dürfte nicht unwesentlich mit geschmälerten Gewinnen zu tun haben. So werfen etwa die Fluggesellschaften den großen Ölkonzernen vor, dass sie das Angebot an nachhaltigen Kraftstoffen verringerten. "Wenn das Angebot nicht da ist, kann man es nicht kaufen – das ist das einfache Einmaleins der Wirtschaft", sagte Ryanair-Chef Michael O'Leary und fügte gegenüber der FT hinzu, dass man von den EU-Regeln für das Emissionshandelssystem Abstand nehmen und das Corsia-System der globalen Luftfahrtindustrie übernehmen solle, welches einen deutlich niedrigeren Preis für Emissionen als das EU-System aufruft – da dies "gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Verbraucher hier in Europa schaffen würde".

NGOs und EU verteidigen Pläne

Natürlich lässt Kritik an den Vorwürfen der Airlines nicht lange auf sich warten. Diane Vitry, Direktorin für Fluggesellschaften der Umwelt-NGO Transport and Environment, erklärte, dass die Fluggesellschaften nun auf einen "anti-grünen Trend aufspringen, der die Kunden enttäuschen wird, die immer mehr versuchen, umweltfreundlich zu fliegen". Zudem kritisierte sie das Corsia-System, welches nur "effektiv billige Kompensationen bietet und keinen angemessenen Preis für CO₂ festlegt". Auch von Seiten der EU ist man von den Klimazielen weiterhin überzeugt. "Wir halten die derzeitigen SAF-Ziele für realistisch und machbar", so die Replik der Europäischen Kommission auf die Erklärung der Fluggesellschaften. Dabei dürfte auch ein aktueller Bericht der Boston Consulting Group eine Rolle spielen, der attestiert, dass Projektentwickler sowie Flugzeug- und Triebwerkshersteller mehr in SAF-Projekte investieren als "Fluggesellschaften und Flughäfen, die durch engere finanzielle Spielräume eingeschränkt sind". Bei ihnen seien es nur 1 bis 3 Prozent an Investitionen, "wobei sie häufig der Erneuerung der Flugzeugflotte Vorrang vor risikoreicheren SAF-Projekten einräumen". Der Bericht stellt aber zudem fest, dass die Versorgung und Verfügbarkeit von SAF hinter den bisher avisierten Zielen um 30 bis 45 Prozent zurückbleiben wird.


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