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Kretschmer läuft Zeit davon: Plant er mit AfD als Steigbügelhalter?

Politik
Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 (beschnitten)

Die Luft wird dünn für den sächsischen CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer. Seit eine mögliche Brombeer-Koalition im Freistaat geplatzt ist, befindet er sich in einer Zwickmühle und muss fristgerecht seine Wiederwahl als Ministerpräsident sicherstellen. Für den Machterhalt scheint jedes Mittel recht, selbst "Gespräche" mit der eigentlich verfemten AfD, die als Steigbügelhalter genehm ist, bei der man sonst aber nicht anstreifen will. Wer glaubt, damit die Brandmauer zu Fall zu bringen, könnte einem Trugschluss erliegen.

Kretschmer hat sich womöglich verzockt

Im Gegensatz zu Thüringen, wo die Brombeer-Koalition aufgrund der Machtbesessenheit einiger BSW-Politiker in trockenen Tüchern ist - auch wenn sie über keine Mehrheit im Landtag verfügt - läuft in Sachsen dem bisherigen CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer die Zeit davon. Denn wenn 4 Monate nach der Landtagswahl kein neuer Ministerpräsident angelobt wird, kommt es zu neuerlichen Landtagswahlen - und da könnte die AfD möglicherweise sogar auf Platz 1 landen.

Und nachdem die Brombeer-Versuche in Sachsen scheiterten - eine Mehrheit ohne BSW oder AfD ist für die CDU nicht möglich, selbst mit SPD und Grünen käme man auf keine Mehrheit - will Kretschmer nun offenbar eine CDU-SPD-Minderheitsregierung durchdrücken, die von den anderen Parteien toleriert werden soll.

AfD mit Sachthemen inhaltlich stellen...

Dazu braucht es allerdings starke "Tolerierer", die Mehrheiten verschaffen können, was mit den Grünen nicht möglich ist. Zumal die Grünen zuletzt auch anklingen ließen, nicht als "Mehrheitsbeschaffer" zur Verfügung zu stehen und Kretschmer derzeit auch nicht bei der Wahl zum Ministerpräsidenten zu unterstützen. Nun verfiel Kretschmer offenbar auf einen neuen Trick und führt Gespräche mit der AfD um seine Wahl sicherzustellen, womöglich auch mit einer reinen CDU-Minderheitsregierung ohne SPD im Schlepptau.

So soll es, laut Table Media, zuletzt nicht nur zu einem Gespräch zwischen Kretschmer und Sachsens AfD-Chef Jörg Urban, sondern auch zu Gesprächen Urbans mit weiteren CDU-Politikern gekommen sein. Denn einige hatten zuletzt auch in einem offenen Brief gegen eine Zusammenarbeit mit dem BSW und für ein Ende der Brandmauer gegen die AfD Stimmung gemacht.

Doch so einfach ist es nicht. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärte Kretschmer zuletzt wieder, eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch auszuschließen. Verfiel aber auch auf einen Trick: In einer Minderheitsregierung müsse man ja mit allen reden und könne so die AfD inhaltlich stellen. Etwas, was man bisher vermied, bevor man offenbar aus Machterhalt darauf angewiesen ist.

Brandmauer ade, ein Trugschluss

Dazu will Kretschmer einen sogenannten Konsultationsmodus einführen, bei dem die Oppositionsparteien über Gesetzesvorhaben informiert werden und sich einbringen können. "Wenn nun alle Fraktionen Vorschläge zu Gesetzen machen können, dann wird man sehen, wer sich ernsthaft einbringt und wer nur alles schlechtredet", so Kretschmer zu seinem Plan, irgendwie regieren zu können. Für die CDU ist dies natürlich nicht einfach, muss man doch zwischen den Fraktionen lavieren, aber etwa bei Themen der Migration könnte man so auf AfD-Zustimmung hoffen und sich in anderen Bereichen auf linke Mehrheiten stützen.

"Das Ganze lebt sehr davon, dass eine Staatsregierung anerkennt, dass sie keine eigene Mehrheit hat, und auf die anderen Fraktionen zugeht. Und es lebt davon, dass im Landtag Abgeordnete und Fraktionen sitzen, die zu Kooperationen bereit sind. Das muss sich wahrscheinlich auch entwickeln", erläutert Kretschmer weiter. Also nichts weiter als eine euphemistische Umschreibung dafür, mit allen Mitteln an der Macht bleiben zu wollen. Wer glaubt, so mit inhaltlicher "Zusammenarbeit" die Brandmauer zu beseitigen, dürfte einem Trugschluss aufsitzen.

Kampf gegen Rechts oberstes Gebot

Denn Kretschmer gibt in Bezug auf die AfD auch klar zu verstehen: "Es gibt mit denen keine Zusammenarbeit, das sind Menschen, die unserem Land schaden". Man müsse jedoch mit ihnen reden, "weil man ihnen so auch das Märtyrermoment nimmt" und natürlich auch selbst an der Macht bleiben kann. Schließlich fallen sämtlich Posten und Pöstchen der CDU und gegebenenfalls der SPD zu, notfalls verbündet man sich mit Grünen, BSW und Linkspartei gegen die AfD, die nur gelegentlich als billiger Mehrheitsbeschaffer von der CDU genutzt wird.

Kretschmer versucht zwar die Karte mit "Verantwortung" und "ernsthaft einbringen" zu spielen, aber wieso sollte der Paria AfD da mitspielen? Sollen die Ausgrenzer doch versuchen, ohne die AfD Mehrheiten zu erzielen, denn die beständig bemühte Gefahr der "Unregierbarkeit" haben sie sich selbst eingebrockt. Zumal der CDU-Ministerpräsident sich im Wahlkampf auch nicht scheute, in Antifa-nähe aufzutreten. Und auch der Kampf gegen Rechts und insbesondere gegen die AfD ist ihm und der sächsischen CDU ein Anliegen.

So forderte Kretschmer nicht nur die Zensur freier Medien und sozialer Plattformen wegen der AfD, auch sein CDU-Kultusminister Christian Piwarz kann etwa bei Indoktrinierungsversuchen an Schulen mit "Antifa-Aufgaben" keine Probleme mit der Neutralitätspflicht erkennen. Wieso sollte die AfD also der CDU die Möglichkeit verschaffen, eine Minderheitsregierung zu installieren? Soll man es doch auf eine Neuwahl ankommen lassen, immerhin verweigert die CDU die Zusammenarbeit...

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