Jetzt ganz offiziell: ÖVP soll Loser-Koalition mit SPÖ bilden

Am heutigen Dienstmittag lüftete der grüne Hofburg-Greis sein Schweigen zum "schlechtestgehüteten Geheimnis der Republik": Der Auftrag zur Regierungsbildung geht nicht an die FPÖ von Herbert Kickl, die einen fulminanten Wahlsieg einfuhr, sondern an die dezimierte ÖVP des eigentlich abgewählten Kanzlers Karl Nehammer. Begründet wurde das Übergehen des Wahlsiegers damit, dass die anderen Parteien in ihrer Eitelkeit ohnehin nicht mit der FPÖ zusammen arbeiten wollen.
Erstmals wird Wählerwillen eiskalt ignoriert
Bislang war es in der 2. Republik stets Usus, die stärkste Fraktion im Nationalrat mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Selbst 1999, als letztlich die Parteien auf Platz 2 & 3 zusammenfanden, hielt Ex-Bundespräsident Thomas Klestil daran fest und erteilte den Auftrag damals der stimmenstärksten SPÖ. Nun, wo erstmals die FPÖ den ersten Platz erringt, ist alles anders: Nicht der Chef jener Partei, die sich nahezu verdoppelte, sondern jener, die als erste Kanzlerpartei zweistellig verlor, soll eine Koalition basteln.
"Österreich braucht eine stabile, handlungsfähige, integre Regierung", erklärte der grüne Bundespräsident Alexander van der Bellen, der bereits im Vorjahr durcklingen ließ, Kickl bei der Regierungsbildung lieber übergehen zu wollen. Nun begründete er den Traditionsbruch damit, dass niemand mit der stimmenstärksten Partei in eine Koalition wolle. Daher sollen Wahl-Verlierer Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler, der das schlechteste Ergebnis in der roten Parteigeschichte, verantwortet, vertiefend verhandeln.
Ich beauftrage @karlnehammer, den Vorsitzenden der zweitstärksten Parlamentspartei, mit der Regierungsbildung.
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) October 22, 2024
Ich habe ihm das heute Vormittag persönlich mitgeteilt und ihn auch gebeten, umgehend Verhandlungen mit der Sozialdemokratischen Partei Österreichs aufzunehmen. (vdb)
SPÖ & ÖVP für trotzige Blockade belohnt
Das war freilich bereits im Vorfeld absehbar: Schon am Wahlabend verlangte Nehammer von der FPÖ, mit Kickl den Architekten ihres Erfolgs abzusägen, anstatt selbst nach dem eigenen Wahl-Fiasko die Konsequenzen zu ziehen. Begründet hatte er dies u.a. mit Kickls Kritik an den Machtplänen von WHO & WEF. Später tobte er noch über die kritische FPÖ-Haltung in der Corona-Zeit, ihre Ablehnung der Messenger-Überwachung & ihre Bedenken, ob der NATO-Raketenschild "Sky Shield" mit der Neutralität vereinbar ist.
Für die Freiheitlichen war die "politische Selbstkastration" aber keine Option - und die rot-schwarzen Proporz-Parteien, die sich über Jahrzehnte die Republik untereinander aufteilten, ernten nun die Lorbeeren für ihre bockige Blockade-Haltung. Für deren Begründung ist ihnen kein Vorwand zu schade: So sorgen sich ausgerechnet die beiden Corona-Blockparteien "um die liberale Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Gewaltenteilung" oder "spaltende und herabwürdigende Sprache".
Skurrile & entlarvende Ablehnungsgründe
Doch es wird noch skurriler: So sorgt man sich laut "Heute" um eine "mangelnde pro-europäische Haltung" - sprich, die FPÖ ist nicht hörig genug gegenüber dem Diktat aus Brüssel - und eine damit einhergehende "Beschädigung des Wirtschaftsstandortes". Bedenkt man die explodierenden Firmenpleiten unter ÖVP-Kanzler Nehammer und die exorbitante Arbeitslosigkeit gerade in SPÖ-geführten Bundesländern, könnte man die Frage stellen, ob Satire eigentlich alles darf.
Ebenfalls ein Problem ist auch der Einsatz für Frieden im Ukrainekrieg ("Russlandpolitik und Putin-Nähe") sowie die Behauptung, dass Geheimdienste dann Österreich schneiden würden. Man unterstellt der FPÖ zudem eine "fehlende Abgrenzung gegen Rechtsextremismus" - ein Schlagwort, unter das längst jeder beliebige Regierungskritiker fallen kann - sowie ein "rückwärtsgewandtes Frauenbild". Eine kühne Aussage aus dem Mund zweier Parteien, die zuletzt die biologischen Geschlechter faktisch abschafften...
Was die "Demokratie" ausmacht...
Van der Bellen pocht nun auf "wechselseitiges Verständnis" und das Schaffen von "Kompromissen". Diese würden "unsere Demokratie ausmachen". Auch das klingt nach seinem historischen Tabubruch wie heiße Luft: Denn allen Umfragen zufolge wäre eine blau-schwarze Regierung unter einem Volkskanzler Herbert Kickl die beliebteste Koalitionsvariante. Kickl kämpfte wie ein Löwe um den Regierungsauftrag, während eine schwarz-rote Neuauflage, ggf. mit pinkem Beiwagerl, kaum Beliebtheitswerte verspricht.
Schon kurz nach der Wahl kursierten erste Horror-Minister-Listen einer ÖVP/SPÖ/NEOS-Koalition (Der Status berichtete). Für die FPÖ, die Opposition beherrscht, ist die Packelei der Systemparteien dennoch ein Geschenk. Denn diese wird noch mehr Bürger vor den Kopf stoßen und dürfte nicht durch interne Stabilität auffallen, wie die deutsche "Ampel" mahnt. Eine Sperrminorität bei der nächsten Wahl und mittelfristig die Absolute für die FPÖ scheint so nicht mehr denkunmöglich...
Dieser Auftritt von Van der Bellen hat Kickl gerade wieder Tausende neue Wähler gebracht. Machen die das mit Absicht?
— Thomas Oysmüller (@TOysmueller) October 22, 2024
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