Die Grünen und der 'Anstand'

Grüne Freunderlwirtschaft: Ermittlungen gegen Innsbruck-Bürgermeister Willi

Politik
Foto: Innsbrucker Grüne / Franz Oss (Pressefoto; zugeschnitten)

Seit 2018 ist Georg Willi der erste grüne Bürgermeister einer Landeshauptstadt - und seitdem geht in Innsbruck alles drunter und drüber. Nachdem im Vorjahr bereits Willis Vier-Parteien-Koalition zerbrach, wurden ihm zuletzt auch mehrere Mitglieder der eigenen Fraktion abtrünnig. Nun ermittelt sogar die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Willi - es geht um den Verdacht des Amtsmissbrauchs und der Untreue.

Sonderverträge für Willis Günstlinge

"Wen würde der Anstand wählen?" - Mit diesen Worten traten die Bundes-Grünen bei der letzten Nationalratswahl an. Man gab sich jahrzehntelang als Saubermann-Partei. Doch kaum an der Macht, scheint es mit den hehren Absichten vorbei zu sein. Diesen Eindruck gewinnt man jedenfalls, wenn man die Vorgänge in Innsbruck besieht. Denn Willi soll ein Netz von Günstlingen unterhalten haben: Ein Bericht des Kontrollamtes hinterfragte hohe Zulagen, Sonderbehandlungen und -verträge für Mitarbeiter in Willis Umfeld. Seine Personalchefin hatte eine Sondervereinbarung - als dies öffentlich wurde, ließ der Stadtsenat, in dem die Grünen in der Minderheit sind, sie abberufen. 

Doch die grüne Gesinnungsfamilie funktioniert offenbar ähnlich wie die schwarze "Familie": Willi versuchte diese Absicht zu hintertreiben. Kurzerhand wollte Willi das Personalamt auflösen und stattdessen eine "Stabsstelle Personalmanagement" zu errichten, die seine Vertraute leiten sollte. Dieses Vorhaben scheiterte, woraufhin sie mit einem Posten als Sachbearbeiterin im Rathaus vorlieb nehmen musste. Doch eine Hand wäscht die andere - und so verhandelte der Stadtchef einfach neuerlich einen Sondervertrag aus. Dieser sicherte ihr bis zur Pension ein lukratives Führungskräftgehalt zu. Nach weiterer Kritik befristete er die Regelung bis 2025 - solange hätte sie das Personalamt leiten sollen. 

WKStA übermittelte Fragenkatalog

Die Optik der Freunderlwirtschaft war unübersehbar, die Opposition schaltete diverse Kontrollinstanzen ein, darunter zwei Anzeigen - eine vonseiten der FPÖ, eine durch die Liste "Gerechtes Innsbruck". Die "Liste Fritz" wiederum zweifelte die Aufrichtigkeit des nachverhandelten Vertrages an, wollte eine Offenlegung, um zu ergründen, ob es nicht versteckte Abschlagszahlungen an die Dame gab. Nun schaltete sich tatsächlich die WKStA ein, die Willi als Verdächtigen - aber noch nicht als Beschuldigten - führt. Die Ermittlungsbehörde übermittelte dem grünen Politiker einen kritischen Fragenkatalog, den er nun innerhalb von vier Wochen beantworten muss.

Willi gelobte gegenüber Medien, dass er diese "natürlich so schnell wie möglich und mit Sorgfalt beantworten" wolle. Zudem mimt er demonstrative Gelassenheit. Inwiefern dies nur Fassade ist, bleibt allerdings unklar. Fest steht: Ein Jahr vor den Wahlen in Innsbruck steht Willi auch politisch im Kreuzfeuer. Die Stadtkassa ist nach jahrelanger Misswirtschaft leer, mehrere verkehrspolitische Prestigeprojekte funktionieren nicht so gut wie in der grünen Utopie oder schlagen teurer zu Buche als ursprünglich angenommen. Für Kritik sorgt zuletzt auch der Umstand, dass der Bürgermeister einen laschen Umgang mit den Blockaden der Klima-Radikalen pflegt.

Opposition fordert Willi-Rücktritt

Vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen fordert die Opposition nun personelle Konsequenzen. FPÖ-Vizebürgermeister Markus Lassenberger sieht die Rechtsansicht seiner Partei bestätigt und fordert den Rücktritt des grünen Bürgermeisters. Ungeachtet des Ausgangs der Ermittlungen sei klar, dass Willi der falsche Mann für Innsbruck sei; er möge besser heute statt morgen den Hut nehmen: "Willi, es ist vorbei." In den vergangenen Monaten hatte Lassenberger den Stadtchef regelmäßi kritisiert, angesichts dessen Personalpolitik warf er Willi im Dezember vor, zu agieren wie "Ludwig der Sonnenkönig, absolutistisch und menschenfern."

Aber auch nach Ansicht der Liste "Für Innsbruck" - parteihistorisch eine ÖVP-Abspaltung - die vor Willi knapp ein Vierteljahrhundert die Bürgermeister stellte, kann es nicht so weitergehen. Deren Klubobmann Lukas Krackl findet, Willi möge "das von den Grünen selbst festgelegte Mindestmaß an sich anlegt und hinsichtlich einer sauberen und transparenten Vorgehensweise das Amt bis zur Klärung der Vorwürfe ruhend" stellen. Der ÖVP-Klubobmann Christoph Appler äußerte sich fast wortgleich und erinnerte, dass Willi und die Grünen sonst jede Glaubwürdigkeit verspielen würden. Er erinnerte an das grüne Ultimatum an ÖVP-Kanzler Kurz nach Aufnahme der Ermittlungen gegen seine Person.

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