Beschluss räumt mit Unklarheiten auf

Für deutsche Interessen: AfD positioniert sich gegen West- & Ost-Imperialismus

Politik
Symbolbilder (2): Freepik; Komposition: Der Status.

Die AfD-Fraktion einigte sich in einem Beschluss auf eine gemeinsame Linie im Bezug auf ihre Haltung im Ukrainekrieg. Dabei stellt die Partei heraus, dass bei der Bewertung stets die deutschen Interessen im Vordergrund zu stehen hätten. Das heißt: Man will sich weder Washington noch Moskau unterordnen. Man spreche die Rolle des Westens in der Vorgeschichte des Konflikts an - und grenzt sich dennoch von russischen Narrativen ab. Nötig wurde dieser Schritt wegen der "medialen Verdrehungen" zum AfD-Standpunkt.

Westliche Rolle bei Eskalation anerkennen

Das Schreiben stellt heraus, dass es eindeutig zu einer ausgewogenen Betrachtung des Ukrainekrieges gehöre, festzustellen, dass "westliche Politik die Eskalation in der Ukraine begünstigt hat". Zugleich gelte aber auch, dass der russische Angriff auf die Ukraine zu verurteilen ist - und dieser auch durch die Fehler der westlichen Politik nicht rechtzufertigen sei. Verantwortlich für diesen Antrag waren die Abgeordneten und Verteidigungspolitiker Jan Nolte, Hannes Gnauck, Martin Hess und Peter Felser, auch AfD-Parteichef Tino Chrupalla soll mit dieser Ausrichtung d'accord gehen. 

Keine Anbiederung an Washington oder Moskau

Demnach soll man sich weder mit Propaganda aus Washington aus Moskau gemein machen. "Die richtige Antwort auf die verkürzte & einseitige Darstellung des Ukrainekrieges und seiner Hintergründe im deutschen Mainstream ist nicht eine kritiklose Übernahme russischer Positionen, sondern eine differenzierten Bewertung entlang deutscher Interessen", so das Papier. Laut der "Jungen Freiheit" geht es darum, sich weder die "befremdliche Kriegsbegeisterung und leidenschaftliche Feindschaft zu Russland" zu eigen zu machen, noch die "verkappte Parteinahme für Russland und das Bedienen antiamerikanischer Reflexe".

"Deutschland zuerst" als Außenpolitik-Leitlinie

Was unter "deutschen Interessen" zu verstehen ist, erklärte Mit-Initiator Hannes Gnauck, Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative", in einem Kommentar für das Grazer Freilich-Magazin im Februar: "Wir lehnen den so allgegenwärtigen transatlantischen Vaterlandsverrat ebenso ab, wie eine blinde, peinliche Anbiederung an die Russische Föderation. [...] Unser Motto ist und bleibt: Deutschland zuerst. Da brauchen wir keine Genehmigung von den USA, das müssen wir nicht mit Brüssel und Paris absprechen, da müssen wir nicht die Polen erst um Erlaubnis fragen und da müssen wir auch nicht überlegen, was man in Moskau davon halten könnte."

Und weiter: "Ein ausgeglichenes, friedliches Verhältnis zu Russland liegt in unserem Interesse, da wir einen Kontinent teilen. Und das Kämpfen für US-imperiale Interessen auf Kosten unseres Wohlstandes und unserer Sicherheit ist entschieden abzulehnen. Aber eine Unterwerfung ist keine Option. Die Isolation und Machtlosigkeit in der Bundesrepublik mag den ein oder anderen hoffnungsvoll nach außen schauen lassen – das ist verständlich und menschlich. Aber es kommt keiner, um uns zu retten. Wir müssen es selbst leisten. Das geht nicht mit Pazifismus, das geht nicht mit Vasallendienst oder vollkommener Russlandanbiederei. Deutschland zuerst," so der Verteidigungspolitiker damals deutlich. 

Amerika-Kritik soll faktenbasiert sein

Zugleich stellt der neue AfD-Beschluss auch heraus, dass Kritik an den Vereinigten Staaten ebenfalls faktenbasiert sein soll: "Berechtigte Kritik an der US-Außenpolitik befürworten wir - plumpe, antiamerikanische Reflexe jedoch nicht". Dies ist durchaus ein beachtlicher Schritt: Denn im letzten Jahr schien sich eine gewisse Bruchlinie innerhalb der Partei zu bilden - gibt es doch einige westlich sozialisierte Funktionsträger innerhalb der Partei, die in der deutschen NATO-Mitgliedschaft noch den historischen Sicherheitsgaranten sehen, der über Jahrzehnte in der deutschen Öffentlichkeit faktisch nicht zu hinterfragen war. Davon scheint man nun zugunsten einer neutraleren Haltung abzurücken. 

Zuletzt äußert sich der Beschluss noch über die unklare Frage, wie man zur Friedensbewegung steht. So hatte Parteichef Tino Chrupalla sein Kommen zur großen Friedensdemo in Berlin angekündigt. Zugleich kehrt die Erkenntnis ein, dass es aus AfD-Sicht wohl vor allem ein Zweckbündnis ist, auch im Hinblick auf die Souveränität der deutschen Bundeswehr: "Wir stehen fest an der Seite unserer Bundeswehr und setzen uns dafür ein, sie zu stärken. Dass wir im Ukrainekrieg Diplomatie statt Waffenlieferungen fordern, macht uns nicht zu Verbündeten linker Pazifisten, die sich seit Jahren gegen jede deutsche Wehrfähigkeit wenden." 

Fehlinterpretation aus allen Richtungen? 

Ob der Beschluss die beabsichtigte Wirkung hat, wird sich weisen - neigt die deutsche Systempresse doch dazu, die AfD nach eigenem Gutdünken immer in einem möglichst unvorteilhaften Licht darzustellen. Leider bot auch der an sich detaillierte "Junge Freiheit"-Artikel die Möglichkeit zur Fehlinterpretation: Denn die detaillierte Begründung fand sich dort hinter der Bezahlschranke. In der Einleitung kondensierte das Blatt den Gehalt des Schreibens allerdings auf "keine 'kritiklose Übernahme russischer Positionen', keine Bündnisse mit 'linken Pazifisten', klein 'plumper Antiamerikanismus'". Für den Leser konnte so der Fehleindruck einer transatlantischen Positionierung entstehen.

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