Plötzlich sind Usancen doch wichtig...

Fraktionsstatus weg: Grüne sauer, wittern 'Angriff auf Demokratie'

Politik
Bild: Jan Zappner/re:publica, Flickr, CC BY-SA 2.0

Die nächste Hiobsbotschaft für die Grünen: Sie verlieren künftig den Fraktionsstatus im Bundesrat. Ihrem Begehr, diesen trotz einer zu kleinen Abordnung in der zweiten Parlamentskammer behalten zu dürfen, stimmten weder die FPÖ noch die ÖVP (Grünen-Noch-Regierungspartner) zu. Die Grünen toben. Dabei wollten sie noch vor wenigen Wochen vollmundig die Tradition bei der Wahl des Nationalratspräsidenten torpedieren. Aus zuvor "vernachlässigbaren Usancen" wird bei den Grünen nun plötzlich ein "Angriff auf die Demokratie".

Keine grüne Fraktion im Bundesrat mehr

Es ist nicht das Jahr der Grünen: Bei der Nationalratswahl verloren sie 40% der Stimmen, in der Steiermark sogar die Hälfte. Mit Vorarlberg und dem Bund verlieren sie ihre letzten beiden Regierungsbeteiligungen in Österreich. Nun ist auch der Fraktionsstatus im Bundesrat passé. Für diesen sind 5 von 60 Mitgliedern nötig. Die Grünen haben nach den jüngsten Wahlen allerdings nur noch 4 Mandatare in der Länderkammer. Damit hängte das Bestehen ihrer Fraktion vom Wohlwollen der übrigen Parteien ab.

Und da bewahrheitet sich nun offenbar die alte Weisheit: Wie du mir, so ich dir. Denn vor wenigen Wochen legten sich die Grünen im Nationalrat quer, als es darum ging, einen FPÖ-Politiker zum 1. Nationalratspräsidenten zu wählen - ein Bruch einer langjährigen Usance. Dann folgte das Übergehen der Wahlsiegerin durch den grünen Bundespräsidenten bei der Regierungsbildung. Doch nun kriegen die Grünen einen Schluck der eigenen Medizin: FPÖ & ÖVP verweigern ihnen den Fraktionsstatus dort.

Grüne wittern "Angriff auf Demokratie"

Dies hat weitreichende Folgen für die Kompetenzen der Grünen. Denn sie verlieren ihr Stimmrecht in Ausschüssen und das Recht zur Teilnahme an der Präsidiale. Und das Einbüßen von Macht tut den Grünen, denen Posten am Ende wichtiger waren als der plakatierte "Anstand", ziemlich weh. Beim Rundumschlag ist man dabei originell: "ÖVP und FPÖ wollen offenbar die kritische Opposition im Bundesrat ausbremsen - das wird ihnen mit diesem feigen Angriff nicht gelingen", so die geschäftsführende Klubchefin Sigi Maurer.

Eine sonderbare Aussage, wenn man bedenkt, dass die Grünen aktuell noch auf der Regierungsbank sitzen, während ein Mann aus dem eigenen grünen Stall den Freiheitlichen den Regierungsbildungsauftrag verweigerte, der per Usance eigentlich immer der stimmenstärksten Partei zusteht. Auch das Volk sieht's ähnlich: Seit der Wahl schoss die FPÖ um weitere 7% in Umfragen nach oben, während die Systemparteien noch empfindlichere Einbußen in Kauf nehmen müssen.

Die Grünen waren die Ersten und Lautesten bei der Forderung, die FPÖ bei der Regierungsbildung im Bund zu übergehen. Von Usancen wollte man damals nichts wissen. Grünen-Chef Werner Kogler entsetzte sogar in der konstituierenden Nationalrat-Sitzung mit einem irren Hitler-Vergleich (Der Status berichtete). Nun, wo man selbst betroffen ist, fordert Maurer plötzlich deren Einhaltung ein, weil in den letzten 20 Jahren auch 4 Mandatare im Bundesrat reichten. Alles andere sei ein "Angriff auf die Demokratie", tobte sie.

Wer anderen eine Grube gräbt...

Doch damit kommt Maurer beim Volk nicht an - schließlich erinnert es sich, dass die Grünen in diesem Jahr bei zentralen politischen Rechten bzw. Themen eben auf Usancen pfiffen. Der weitgehende Tenor auf X: Selber Schuld, kein Mitleid... 

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