Europas gefährliches Spiel mit dem russischen Feuer

In Deutschland wird Kriegstüchtigkeit zur politischen Normalität erklärt. Währenddessen wird Diplomatie zunehmend verdrängt. Kritik an dieser Entwicklung gilt als unpatriotisch.
Die neue Kriegsrhetorik
Mittlerweile braucht es keine Verschwörungstheorien mehr, um offenkundig festzustellen, dass nicht nur in Deutschland eine Kriegstüchtigkeit von oben verordnet wird. Ob es nun die Ankündigung der bayerischen Gesundheitsministerin zur Vorbereitung unseres Krankenhauswesens auf mögliche Verwundete nach einem Angriff durch Putin ist, die von Kiesewetter oder Strack-Zimmermann mit Vehemenz eingeforderte Lieferung von Taurus um jeden Preis, die wieder aufgeflammte Diskussion über die Wehrpflicht, immer neue Unterstützungspakete für die Ukraine oder die Ankündigung zur Stationierung von US-Raketen auf hiesigem Boden: Es genügt ein gesunder Menschenverstand, um zu vermuten, dass möglicherweise nicht nur von einem Versagen und Scheitern der Bundesregierung abgelenkt werden soll. Man steuert gar absichtlich darauf zu, eine Eskalation mit Russland vom Zaun zu brechen. Äußerungen von verschiedenen Politikern von Union bis Grüne, von SPD bis FDP, der Kreml beabsichtige im Zweifel auch mit atomarer Unterstützung die Vernichtung der NATO, kursieren mittlerweile wie eine Selbstverständlichkeit. Sie lassen dabei bewusst unberücksichtigt, dass zuletzt brisante Dokumente und Belege aufgetaucht sind.
Versäumte Friedenschancen
Diese zeigen unmissverständlich, dass es bereits zu Beginn des Angriffs auf Kiew Bemühungen und Möglichkeiten zur Verständigung gegeben hat, die jedoch vom Westen ausgeschlagen und zurückgewiesen wurden. Entsprechend sind auch die jetzigen Aussagen aus dem transatlantischen Bündnis, von Macron oder Starmer, in diese Richtung zu bewerten: Man will keine Diplomatie und keinen Kompromiss in Europa. Ich kann keine Legitimation und Rechtfertigung für den Überfall Moskaus auf seinen Nachbarn gutheißen: Im 21. Jahrhundert geht es nicht an, dass wir Grenzen mit Gewalt verschieben. Trotzdem entwickelt sich in mir zunehmend ein Verständnis für die Motivation, den Ursprung und die Beweggründe, die zu dieser Auseinandersetzung geführt haben. Denn man hat sich in unserer Hemisphäre auf einen Expansionskurs begeben, der zumindest mündliche Absprachen untergräbt, welche bereits in den 1990er- und 2000er-Jahren durch Politiker auf beiden Seiten getroffen wurden – die man guten Gewissens heute noch als Friedensstifter bezeichnen kann. Von dieser aussterbenden Spezies gibt es mittlerweile kaum noch jemanden. Stattdessen erleben wir kriegslüsterne und sich selbst überschätzende Kesseltreiber, die sich auf allen Kanälen als Verteidigungsexperten brüsten – am Ende jedoch lediglich Handlanger der Rüstungsindustrie und Profiteure einer weiteren Provokation sind.
Einseitige Narrative und blinde Flecken
Im Schwarz-Weiß-Denken zwischen Gut und Böse wird natürlich auch nicht thematisiert, dass es spätestens ab 2014 die Präsidenten der Ukraine waren, welche die Interessen ihrer Bürger im Osten des Landes, an der heutigen Front, nicht ernst zu nehmen bereit waren – und deren kulturelle, religiöse und ethnische Verbundenheit mit Russland konsequent außer Acht ließen. Man oktroyierte dem gesamten Volk eine Hinwendung zur EU auf und lieferte damit eine Argumentationsgrundlage für das spätere Intervenieren Moskaus, das sich als Befreier der Geknechteten gab. Ohne Not wird momentan in jede Kamera das Postulat ausgegeben, Putin sei nicht zu Verhandlungen bereit. Unklar bleibt dabei, wann der letzte westliche Politiker tatsächlich im Kreml angerufen und sich nach der Bereitschaft des russischen Präsidenten zu einem Brückenbau erkundigt hat. Auch wenn es für mich im Moment noch einigermaßen weit hergeholt klingt, dass Merz oder Pistorius noch vor 2029 den Krieg herbeisehnen, weil dann die verfassungsrechtliche Möglichkeit zur Verschiebung der nächsten Bundestagswahl gegeben wäre, so verfestigt sich doch die Ansicht, dass man in Berlin und Brüssel den Mund deutlich zu voll nimmt – und sich in der biblischen Parabel von David gegen Goliath wiederfindet.
Pazifismus als Ausweg
Doch in der Realität kann es schwerwiegende Konsequenzen haben, sich als Zwerg zum Riesen aufzublähen – im gleichzeitigen Wissen darum, die eigenen Munitionslager an die Ukraine verschenkt zu haben, russische Spionage bei den eigenen Offizieren zu erleichtern und die Armee kaputtgespart zu haben. Mit ein wenig Amüsement und Genugtuung wird man in Moskau einen nach dem anderen Offenbarungseid aus der Bundesrepublik vernehmen. Denn die Reihe an Peinlichkeiten scheint kein Ende mehr zu nehmen. Was sich Deutschland hier leistet, ist ein Ritt auf der Rasierklinge – ein unverhohlenes Spiel mit dem Feuer. Diesem Gebaren ein Ende zu setzen, kann mittlerweile nur noch einer Parteienkonstellation in den europäischen und nationalen Parlamenten gelingen, welche sich eindeutig für einen Kurs des verbalen wie militärischen Abrüstens einsetzt. Auch in diesem Themenbereich verläuft die Grenze hierzulande parallel zur Brandmauer. Denn es ist ein mit Patriotismus verbundener und begründeter Pazifismus, der uns auf den Weg zu mehr Neutralität und weniger Bündnistreue führt – und somit gewährleistet, dass wir uns nicht länger zum Spielball, Handlanger und zur Marionette von streitsüchtigen und zänkischen Global Playern machen, sondern Prioritäten in unsere eigene Souveränität setzen.
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