Nacktheit und Sterbehilfe...

EU-Kommissarin: Meinungsfreiheit in USA stärker eingeschränkt als in EU

Politik
Bild: Polish presidency of the Council of the EU, Public Domain, Flickr

Nun rückte EU-Kommissarin für Technologie Henna Virkkunen aus, um den von der EU beschlossenen DSA (Digital Service Act) zu verteidigen. So erklärte sie, dass der Großteil der Löschungen in sozialen Netzwerken auf Gesetze und Vorschriften in den USA zurückgingen und nicht auf EU-Regeln. Dazu führte sie auch einige banale Beispiele an, die am wesentlichen Inhalt der Diskussion um Meinungsfreiheit vorbeigehen.

Es ist nicht nur ein Loblied auf den Digital Service Act (DSA) der EU, sondern zugleich auch eine Begründung, wie wichtig ja der Schritt der EU war, diesen einzuführen und auch eine Verteidigung desselben. Denn in einem Interview mit Euractiv erklärt die seit 2024 als Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Technische Souveränität, Sicherheit und Demokratie sowie Kommissarin für Digitale- und Grenztechnologien tätige Finnin Henna Virkkunen, wie wichtig der DSA eigentlich sei. Denn dieser sorge für Transparenz, durch die nun deutlich geworden sei, dass die USA die Meinungsfreiheit stärker einschränken würden, als die EU.

99 Prozent der Löschung durch USA

"In den USA haben die Plattformen oft strengere Regeln für Inhalte", so Virkkunen, die auch Zahlen dafür liefert. So würden 99 Prozent der Fälle von Löschungen von Inhalten zwischen September 2023 und April 2024 auf Online-Plattformen wie Meta und X auf die plattformeigenen AGBs zurückgehen. Nur bei 1 Prozent der in der EU registrierten Löschungen seien "Trusted Flaggers", die im Rahmen des DSA illegale oder bedenkliche Inhalte melden, verantwortlich gewesen. Und aus den Zahlen gehe weiter hervor, dass es nur in 0,001 Prozent der Fälle, die von den EU-Zensoren gemeldet wurden, zu einer tatsächlichen Entscheidung der nationalen Behörden über eine Abschaltung kam. Diese Daten habe man zudem nur erheben dank der Bemühungen des DSA um mehr Transparenz bei Plattformen erheben können, erklärte die Finnin weiter.

Euthanasie und Nacktheit

Und die EU-Kommissarin hat auch Beispiele für derartige Löschungen durch US-Regeln parat, die untermauern sollen, dass in den USA die Meinungsfreiheit stärker eingeschränkt wird, als in der EU. So würden etwa Diskussionen über Euthanasie bzw. Sterbehilfe, von US-Plattformen aufgrund der AGBs entfernt, ebenso wie Nacktbilder, klassische Skulpturen und andere nackte Kunstwerke, die in der EU ebenfalls nicht der Zensur anheimfallen würden, erläutert Virkkunen und merkt an, dass die Regeln zur Inhaltsmoderation in den USA größere Auswirkungen auf die EU hätten, als umgekehrt. Zu der wiederholten Kritik aus den USA am DSA, etwa auch durch Tech-Konzerne wie Meta - oder auch X - erklärte sie, dass das Unternehmen seine "Geschäftsinteressen" verteidige und "die Art und Weise, wie es seine Dienste gestaltet hat". Dass es den Diensten vordergründig um das Geschäft geht, ist keine neue Erkenntnis und dürfte jedem klar sein, auch, dass in den USA teilweise eigenartige, für Europäer unverständliche Regeln vorherrschen, allerdings zeigen die Einlassungen der EU-Kommissarin auch ein etwas seltsames Verständnis von Meinungsfreiheit.

EU-Social-Media-Plattform für Nackte?

Denn nach dem Vorstoß von Meta-Boss Mark Zuckerberg, die Zusammenarbeit mit Faktencheckern und "Trusted Flaggern" einzustellen und, ähnlich wie X, künftig auf Community Notes zu setzen, um Inhalte zu kommentieren und auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, löste in Europa einen wahren Aufschrei innerhalb der politischen Kaste aus - Der Status berichtete. Der Sprecher der EU-Kommission im Bereich Digitales, Thomas Regnier, wies umgehen daraufhin, dass das Gesetz über digitale Dienste unter anderem vorsehe, dass die Plattformen systemische Risiken wie "Desinformation oder negative Auswirkungen auf den zivilgesellschaftlichen Diskurs" minderten. Und auch viele andere zeigten sich besorgt. Der deutsche grüne Innenpolitiker Konstantin von Notz forderte etwa die Schaffung einer öffentlich-rechtlichen Facebook-Alternative, die aus Rundfunkbeiträgen finanziert werden sollte - Der Status berichtete. Und dies wohl kaum aus dem Grund, damit die EU-Bürger ungehindert und abseits von "US-Zensur" über Sterbehilfe diskutieren oder Nackedei-Bilder betrachten können.

Mehr Zensur zum Erhalt der Demokratie?

Die Ansichten bezüglich Meinungsfreiheit sind dabei in den USA und der EU gegensätzlich. Während etwa US-Vizepräsident JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz gegenüber den anwesenden europäischen Politikern nicht mit Kritik zurückhielt, scheint das Gesagte weitgehend ungehört verhallt zu sein. "Ich schaue nach Brüssel, wo Kommissare der EU-Kommission die Bürger informiert haben, dass sie die sozialen Medien während Unruhen abschalten wollen, sobald Inhalte veröffentlicht werden, die sie als 'Hass und Hetze' betrachten", so Vance, der sich aber auch selbstkritisch gab: "Ich befürchte, dass die freie Meinungsäußerung auf dem Rückzug ist. Ironischerweise, meine Freunde, und um der Wahrheit Genüge zu tun, räume ich gern ein, dass die lautesten Stimmen mit Zensurforderungen bisweilen nicht aus Europa, sondern meinem eigenen Land erschallten, wo die Vorgängerregierung Social-Media-Unternehmen bedroht und gezwungen hat, sogenannte Fehlinformationen zu zensieren. Fehlinformationen, wie etwa die Annahme, dass das Corona-Virus wahrscheinlich aus einem Labor in China entwichen sei. Unsere eigene Regierung legte privaten Unternehmen nahe, Menschen zum Schweigen zu bringen, die es wagten, unleugbare Wahrheiten auszusprechen". Vance kritisierte zudem, dass man "verknöcherte Strukturen und Partikularinteressen zunehmend hinter hässlichen Begriffen aus der Sowjetära wie 'Fehlinformation' und 'Desinformation'" verstecke - Der Status berichtete. In der EU denkt man aber nicht an einen Richtungswechsel. Bereits Anfang des Jahres hatte Vikkunen angekündigt, die Zahl der Zensoren zu verdoppeln, die die Einhaltung des DSA überwachen sollen. Auch am sogenannten "Demokratieschild" wird weiter gearbeitet. Mit diesem sollen ausländische "Desinformation" und inländische "Bedrohungen" bekämpft werden. Dazu könnten sogar nachrichtendienstliche und operative Befugnisse, die bisher auf nationaler Ebene geregelt sind, auf EU-Ebene ausgeweitet werden - Der Status berichtete. Wobei auch da wieder an Vance Rede erinnert sei, der auch erklärte: "Wenn ein paar hunderttausend Dollar für digitale Werbung aus dem Ausland ihre Demokratie zerstören können, dann war sie von Anfang an nicht besonders wehrfähig."

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